Das preußische Jahrhundert: Jülich, Opladen und das Rheinland zwischen 1815 und 1914


Archivmeldung aus dem Jahr 2016
Veröffentlicht: 30.06.2016 // Quelle: Internet Initiative

Im Rahmen einer Pressekonferenz stellten heute Michael Gutbier (OGV) und Guido von Büren (JGV) im Stadtarchiv (ehemaliges preußisches Landratsamt) die Ausstellung "Das preußische Jahrhundert: Jülich, Opladen und das Rheinland zwischen 1815 und 1914" vor.
Die Ausstellung wird am Samstag in dem Museum Zitadelle Jülich und am Sonntag um 11:00 in der Villa Römer - Haus der Stadtgeschichte Leverkusen eröffnet und bis zum 18.12. zu besichtigen sein.

Die Preußen und das Rheinland: Dieser geschichtsträchtigen und folgenreichen Wechselbeziehung widmet sich die Doppel Ausstellung "Das preußische Jahrhundert - Jülich, Opladen und das Rheinland zwischen 1815 und 1914".
Was genau war das "preußische Jahrhundert", und welche konkrete Bedeutung hatte es für das Rheinland? Was waren die Folgen des viel gescholtenen preußischen Militarismus? Wie wirkten sich die Industrialisierung, der Kulturkampf und die Revolution von 1848/49 auf die Menschen im Rheinland aus?
Die Entwicklung einer Stadt, einer Region und einer ganzen Nation erschließt sich üblicherweise nur, wenn man an die Wurzeln geht und die Vergangenheit vergegenwärtigt. Auf diese Weise begreifen wir Besonderheiten, Gemeinsames und Trennendes verschiedener Landstriche und ihrer Bewohner.
Genau das ist das Ziel des gemeinsamen Ausstellungs und Forschungsprojektes, das der Jülicher Geschichtsvereins 1923 e.V. und der Opladener Geschichtsvereins von 1979 e.V. Leverkusen jetzt in die Tat umsetzen: eine genaue Inspektion und Dokumentation des "preußischen Jahrhunderts" von der Inbesitznahme im Jahre 1815 bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914.

EIN BLICK ZURÜCK
Wir schreiben das Jahr 1815. Napoleon Bonaparte sitzt nach seinen militärischen Niederlagen auf Elba, indessen die Alliierten beim Wiener Kongress (1814 15) die politischen Verhältnisse Europas einer drastischen Revision unterwerfen und unter anderem beschließen, die bis eben noch "französisch" gewesenen Rheinlande unter die Herrschaft des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. zu stellen. Dieser verfasst noch in Wien die entsprechenden "Besitzergreifungspatente" - obwohl das letzte Wort über Erfolg oder Misserfolg der Konferenz noch nicht gesprochen ist: Napoleon hat vor einigen Wochen Paris erobert und nimmt eben einen letzten Anlauf, das "Seinige" zurückzugewinnen.
Erst am 18. Juni 1815 werden in Waterloo die letzten Zweifel an der Rechtskraft der Wiener Beschlüsse beseitigt. Und jetzt kann Friedrich Wilhelm III. im Vertrauen auf Gott und auf die Treue und den Mut meines Volkes, diese Rheinländer in Besitz [nehmen] und mit der preußischen Krone vereinigen und dafür sorgen, dass sein Herrschaftsprogramm Realität wird.

DAS HERRSCHAFTSPROGRAMM IN THEORIE UND PRAXIS
1. Ihr werdet gerechten und milden Gesetzen gehorchen. - Staat und Verwaltung in Jülich und Opladen
Im Vordergrund des Projektes, das vom Land NRW, dem Landschaftsverband Rheinland, der NRW Stiftung, der Bürgerstiftung und KulturStadtLev gefördert wird, stehen Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Entwicklung der beiden Orte Jülich und Opladen, die eine jahrhundertelange gemeinsame Geschichte innerhalb des Territoriums Jülich Berg verbindet. Während Jülich schon 1794 an das revolutionäre Frankreich gefallen war und schrittweise "modernisiert" wurde, blieb Opladen im Herzogtum Berg dem ancien regime verhaftet. Mit der Gründung des Großherzogtums Berg unter napoleonischer Protektion hielt 1805 auch hier das französische Verwaltungssystem Einzug. Nach dem Sturz Napoleons sprach der Wiener Kongress 1815 die Gebiete auf beiden Seiten des Rheins von Koblenz bis Emmerich dem preußischen König Friedrich Wilhelm III. zu - somit standen Jülich und Opladen wieder unter einer Herrschaft.
2. Ich werde durch eine regelmäßige Verwaltung des Landes den Gewerbefleiß Eurer Städte und Eurer Dörfer erhalten und beleben. - Stadtentwicklung, Gewerbe und Fortschritt in Jülich und Opladen
Die Integration der neuen Provinzen gestaltete sich, vor allem in administrativer Hinsicht, für Preußen wie Rheinländer gleichermaßen schwierig. Am Beispiel der Städte Jülich und Opladen wird dargestellt, wie sich dieser, für das gesamte Rheinland repräsentative Prozess auf lokaler Ebene vollzog.
Der Vergleich Jülich - Opladen wird also die sehr unterschiedlichen Voraussetzungen beleuchten, mit denen die beiden Städte in das "lange" 19. Jahrhundert aufbrachen. Die Festung Jülich war eine strategisch wichtige Garnisonsstadt und lag verkehrsgünstig an der viel benutzten Transitstrecke zwischen Köln und den Niederlanden. Der kleinen Ackerbürgergemeinde Opladen hingegen kam allenfalls eine lokale Bedeutung zu - bis sie zum Schnittpunkt dreier wichtiger Eisenbahnlinien wurde und demzufolge im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung erlebte, während Jülich allmählich den Anschluss verlor.
3. Eure Religion, das heiligste, was dem Menschen angehört, werde ich ehren und schützen. - Religion, Nation und Identität in Jülich und Opladen
Es war von Anfang an eine recht schwierige Ehe zwischen dem protestantischen, vom Landjunkertum geprägten Preußen und dem katholischen Rheinland, in dem die revolutionäre Devise von "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" einen fruchtbaren Boden gefunden hatte. Die einen sahen in Preußen einen aufgeklärten Staat der Vernunft, der sich fremdem Gedankengut gegenüber tolerant zeigte und dieses sogar zum eigenen Vorteil nutzte, für die andern war es ein alles beherrschender und militärisch beherrschter Obrigkeitsstaat.
4. Im Kriege muss zu den Waffen greifen, wer sie zu tragen fähig ist. - Militär und Gesellschaft in Jülich und Opladen
Die Struktur der Präsentation wird an beiden Standorten gleich sein, jeweils steht aber der spezifische Ortsbezug im Mittelpunkt. So wird in Jülich der Abschnitt zum Militär einen besonderen Schwerpunkt bilden, während in Leverkusen Opladen der industriellen Entwicklung und der Bedeutung der Eisenbahn besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird.
5. Kommt mir mit redlicher, treuer und beharrlicher Anhänglichkeit entgegen. - Preußische Untertanen in Jülich und Opladen?
Die Rheinlande hatten durch die französische Besatzungszeit eine avancierte Wirtschaftsstruktur. Hier galt das französische Recht, das eine erstaunliche Langzeitwirkung hatte. Die Trennung von Justiz und Verwaltung, die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz, Geschworenengerichte und öffentliche Gerichtverhandlungen hatten sich in der bürgerlichen Gesellschaft bewährt. Ein selbstbewusstes Bürgertum, die Fabrikanten und Kaufleute übernahmen eine politische Führungsrolle und forderten von Preußen die Einhaltung der Verfassungsversprechen von 1815. Spannungen waren vorprogrammiert ...
6. Ich werde die Anstalten des öffentlichen Unterrichts für Eure Kinder herstellen… - Bildung und Kultur in Jülich und Opladen
Die Preußen gründeten in Bonn die "Rheinische Universität" und in Aachen die "Königlich Rheinisch Westphälische Polytechnische Hochschule" (heute: RWTH Aachen), sie sorgten für die Vollendung des Kölner Domes und ließen Schulen bauen - womit sie die kulturelle und gesellschaftliche Erscheinung ihrer neuen "Provinzen" kontinuierlich beeinflussten. Ganze vier Jahre nach dem Ende des Wiener Kongresses ordnete Friedrich Wilhelm III. die Gründung der "königlichen Kunstakademie" an, die von Düsseldorf aus eine immense Wirkung entfaltete.
Carl Friedrich Lessing und Johann Wilhelm Schirmer wurden zu Schlüsselfiguren dieser "Düsseldorfer Malerschule", mit der die Landschaftsmalerei in eine neue Phase eintrat: Zahlreiche Künstler entdeckten die heimische Landschaft der Preußischen Rheinprovinz für ihre Kompositionen, in denen sie eine bereits von der Industrialisierung bedrohte Natur überhöhten und idealisierten, wie derzeit noch im Pulvermagazin des Museums Zitadelle Jülich gezeigt wird: Parallel zum Preußischen Jahrhundert ist hier noch bis zum 30. Oktober 2016 die ergänzende Sonderausstellung "Tiefernst und stumm ist hier die Welt ... Die preußische Rheinprovinz im Blick der Düsseldorfer Malerschule" zu sehen.

PROGRAMM
In beiden Städten wird die Ausstellung durch Außenstandorte begleitet, die die jeweils ortsspezifischen Themenschwerpunkte in den Blick nehmen. So wird es in Jülich einen Stadtrundgang auf den Spuren der Garnison und der beiden Militärschulen geben. Anhand von Infotafeln und Großfotos wird in der Innenstadt deutlich werden, wie stark Jülich im 19. und frühen 20. Jahrhunderts vom Militär geprägt wurde.
In Leverkusen Opladen sind es gleich drei thematische Rundgänge, die das Ausstellungsthema in den Stadtraum tragen. Rund um die Villa Römer werden das ehemalige industrielle Zentrum an der Wupper und die zugehörigen Fabrikantenvillen auf und rund um den Frankenberg vorgeführt. Eine Beschilderung entlang der sogenannten Balkantrasse, der ehemaligen Eisenbahnstrecke Opladen - Lennep, entsteht in Zusammenarbeit mit dem Verein der Freunde und Förderer der Balkantrasse Leverkusen e.V. Zudem wird im Bereich der Neuen Bahnstadt Opladen auf die erhaltenen Spuren der Geschichte Opladens als Eisenbahnerstadt Aufmerksam gemacht. Die Rundgänge werden durch Flyer begleitet. Zudem ist geplant, entsprechende Audioguides für Smartphone Nutzer einzurichten.
An beiden Standorten wird die Ausstellung von einem umfangreichen Begleitprogramm aus Führungen, Vorträgen, Exkursionen, Stadtrundgängen, Konzerten und Filmvorführungen flankiert. Als Besonderheit sei erwähnt, dass mehrfach die Möglichkeit eines Bustransfers zwischen den beiden Ausstellungsorten angeboten wird.
Zur Ausstellung erscheint ein kostenloses Begleitheft, das die wichtigsten Ausstellungstexte enthält und als Führer durch die Ausstellungsteile in Jülich und Leverkusen Opladen fungiert. Zum Ende der Ausstellung erscheint im Pagina Verlag Goch ein ca. 300 seitiges Kataloghandbuch, das die Ergebnisse des Projektes dokumentiert und sich an der Ausstellungsgliederung orientiert. Rund 30 Autoren wirken an dem Buch mit, das neben einführenden Beiträgen ortsspezifische sowie vergleichende Aufsätze, wie auch Kurzbiographien für die jeweilige Stadtgeschichte wichtiger Persönlichkeiten und eine Objektdokumentation enthält.

Das Projekt "Das preußische Jahrhundert", steht unter der Schirmherrschaft der Kölner Regierungspräsidentin Gisela Walsken. Die Zusammenarbeit des Jülicher und des Opladener Geschichtsvereins darf Pilotcharakter für sich beanspruchen.

Weitere Informationen: www.preussisches-jahrhundert.de


Anschriften aus dem Artikel: Albert-Einstein-Str 58, Alte Landstr 129

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