Leverkusen

ELLOP oder FLOP?

DIE ZUKUNFT DES AUSBESSERUNGSWERKES OPLADEN ODER: DIE HOFFNUNG STIRBT ZULETZT

Noch kurz vor der Bundestagswahl im vergangenen Jahr sollte alles in trockenen Tüchern sein: Die Weiterführung des von der Schließung bedrohten Ellok-Ausbesserungswerkes Opladen im Rahmen eines Management-Buy-Out schien gesichert. Unter dem Namen Eisenbahntechnische Leistungen Leverkusen-Opladen GmbH, abgekürzt Ellop, sollte die Tradition der schweren Instandhaltung von Lokomotiven am Standort Opladen fortgeführt und zumindest ein Teil der bestehenden Arbeitsplätze erhalten bleiben.
Zwischendurch schien dann mal wieder ein großer Unbekannter in Person eines Investors vor der Türe zu stehen. Mittlerweile schlägt der Bevollmächtigte der Gewerkschaft Transnet in Person des Betriebsratsvorsitzenden Kuno Dreschmann wieder Alarm. Bestehende Konzepte würden seitens des Vorstandes der Deutschen Bahn AG verwässert, Investoren durch immer neue Varianten hingehalten.
Ein Umstand, der Kenner der Unternehmenspolitik der Deutschen Bahn AG unter der Federführung von Hartmut Mehdorn nicht weiter verwundert. Mit einer derartigen Salamitaktik hält man sich gemeinhin in allen Geschäftsbereichen aufkeimende Konkurrenz nur zu gerne vom Hals.
Wie dem auch sei, im neuen Jahr wurden die Demonstrationen für den Erhalt des Werkes Opladen diesmal vor dem Leverkusener Rathaus aufgenommen. Wobei die Kommunalpolitik in diesem Spiel noch über den geringsten Einfluß verfügt und sich bislang auch hinter die Belegschaft des Opladener Werkes gestellt hat.
Zudem möchte der bekennende SPD-Wähler Dreschmann einen der Superminister aus dem fernen Berlin ins rheinische Opladen locken: Den ehemaligen Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg, Manfred Stolpe. Nicht nur zuständig für den Aufbau Ost, sondern gleichzeitig auch in der Funktion des Bundesministers für Verkehr.

Warum nicht Demo an der Dhünnstraße?

Insofern mutet vor diesem Hintergrund die Wahl des Wiesdorfer Rathausvorplatzes als Kundgebungsort für die Belange der Kolleginnen und Kollegen des Ausbesserungswerkes etwas unverständlich an. Schließlich unterhält nur wenige hundert Meter weiter im Hause des SPD-Unterbezirks Leverkusen an der Dhünnstraße der Bundestagsabgeordnete Ernst Küchler sein Wahlkreisbüro.
Dieser wäre mit seiner ständigen Präsenz in Berlin und der gleichen Parteizugehörigkeit wie kein zweiter dazu geeignet, den Genossen Stolpe für einen Besuch im Opladener Werk zu gewinnen. Zwar ist ihm dies während des zurückliegenden Bundestagswahlkampfes in Sachen des Vorstandsvorsitzenden der Bahn AG, eben jenes besagtem Hartmut Mehdorn, schon einmal nicht gelungen.
Und das, obwohl er diesen seinerzeit bereits auf den Plakaten an den von ihm aufgestellten Dreiecksständer willkommen hieß. Aber auch ein zweiter Versuch kann bekanntlich nicht schaden.
Außerdem liegt der Schlüssel für die Lösung des Problems ohnehin in der Bundeshauptstadt Berlin, wo die rot-grüne Bundesregierung gefordert wäre, da immer noch der Bund hundertprozentiger Anteilseigner der Deutschen Bahn AG ist.

Es geht auch anders: Stendal

Dabei gibt es ausgerechnet in den neuen Bundesländern das bislang einzige Beispiel dafür, wo Bemühungen zu einem Erfolg führten, die bereits unausweichlich erscheinende Schließung eines Bahnausbesserungswerkes abzuwenden. Die Rede ist von dem Werk Stendal, welches in einem ebenso reizvollen wie strukturschwachen Landstrich namens Altmark in Sachsen-Anhalt liegt.
Das ehemalige Reichsbahnausbesserungswerk (Raw) kann mit seinen Anfängen im Jahre 1873 auf eine noch längere Tradition als der Standort Opladen zurückblicken. Nur daß man sich hier nach Aufgabe der Dampflokunterhaltung noch zu DDR-Zeiten auf Lokomotiven mit Verbrennungsmotoren spezialisierte, während man sich in Opladen schon längst auf die Unterhaltung von Elektrolokomotiven verstand.
Während seinen besten Zeiten beschäftigte das Raw Stendal bis zu 3.000 Mitarbeiter, zum Ende der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) zählte man immerhin noch rund 2.500 Beschäftigte. Danach ging die Zahl der Arbeitsplätze kontinuierlich zurück.
Was seine Ursache auch darin hatte, daß der Schienenverkehr zu DDR-Zeiten eine ganz andere Rolle spielte als heute in den neuen Bundesländern. In der DDR war die Schiene mit deutlichem Abstand Verkehrsträger Nummer 1.
Mit gerade noch hundertfünfzig Mitarbeitern startete man in Stendal unter dem Dach eines Joint-Venture am 1. September 2002 durch. Bei diesem Joint-Venture mußte sich die Deutsche Bahn AG auf einen Anteil von 49 Prozent zurücknehmen, während mit 51 Prozent nunmehr der französische Verkehrstechnik-Konzern Alstom-Transport das mehrheitliche Sagen in der neuen Alstom Lokomotiven Service GmbH hat.
Die Bahn AG brachte als Unterpfand für das Joint-Venture einen Stamm von über 300 aus ihrem Betriebsbestand ausgeschiedenen Diesellokomotiven ein. Diese Maschinen, nach grundlegender Aufarbeitung und damit verbundener Modernisierung, an Schienenverkehrsunternehmen zu vermarkten soll die Zukunft im vormaligen Raw Stendal sichern.

Politischer Druck

Wenn im Vergleich zu den Blütezeiten dieser Werkstätte gerade einmal fünf Prozent der Arbeitsplätze übrig geblieben sind, so sind diese gerade in der von hoher Arbeitslosigkeit geprägten Region wie der Altmark um so wichtiger. Dieser Umstand und der damit verbundene immense politische Druck veranlaßten im Fall des Werkes Stendal die Bahn AG wohl dann auch dazu, von ihrer bisherige Linie einmal abzuweichen und mit diesem Joint Venture ausgesondertes Fahrzeugmaterial weiteren Anbietern auf dem Markt des liberalisierten Schienenverkehrs zugänglich zu machen.
Bei den dort erhältlichen Diesellokomotiven handelt es sich jedoch nur um relativ leichte Maschinen, vorwiegend für den Einsatz vor leichteren Zügen auf Neben- und Hauptbahnen im Nahbereich sowie im Bauzugdienst. Solche Leistungen sind eben eine Domäne vieler Privatbahnen in Geschäftsbereichen, die sich weitestgehend in der Fläche abspielen und aus denen sich die Bahn AG ohnehin bereits zurückgezogen hat beziehungsweise für die sie kein großes Interesse mehr verspürt.
Zudem verhindert schon die mögliche Höchstgeschwindigkeit dieser Maschinen, die bei etwa 100 Kilometern pro Stunde liegt, daß Mitbewerber der Bahn AG damit in Geschäftsfeldern des hochwertigen Fernverkehrs oder schweren Güterverkehrs wildern, was die Deutsche Bahn AG um jeden Preis unterbinden will.
Anders verhält sich die Sache bei Elektrolokomotiven, mit denen man sich im Werk Opladen beschäftigt. Mit diesen Fahrzeugen können schwere Züge in höheren Geschwindigkeitsbereichen über nahezu beliebig lange Distanzen befördert werden. Dieses Fahrzeugmaterial will man ebensowenig wie hochwertige Reisezugwagen oder Güterwagen vermarkten.
So wird man bei der Bahn AG allen offiziellen Verlautbarungen und vollmundigen Bekundigungen zum Trotz eine Positionierung des Werkes Opladen am Markt zu verhindern suchen. Ausgemusterte Fahrzeuge werden hier wohl kaum jemals zu einem zweiten Leben erweckt, sondern weiterhin auf der anderen Seite der Bahnlinie Köln - Wuppertal auf dem Gelände des ehemaligen Bahnbetriebswerkes Opladen zur Zerlegung bei der Firma Bender vorfahren.
Dabei bieten sich für das Werk Opladen auf dem Markt für gebrauchte elektrische Lokomotiven mindestens ebenso gute Perspektiven wie für das frühere Raw Stendal mit seinen Diesellokomotiven.