Deutschland, 2002. Die Deutschlandverbesserungskommission wird vom Bundespräsidenten erneut einberufen - mit erweitertem Auftrag und neuen Mitgliedern. Diesmal soll nicht nur das multikulturell-sittlich-ethische Klima auf ein neues Niveau gehoben, sondern vor allem eine neue Wahrheitskultur in Deutschland etabliert werden, die angesichts der jüngsten Wahlkämpfe und Schiedsrichterentscheidungen in der Bundesliga schwer angeschlagen ist. Mitglieder: Richard von Weizsäcker, Dieter Bohlen, Dr. Markus Merk, Roland Koch, Stefan Effenberg, Jürgen W. Möllemann, Manfred Stolpe, Helmut Kohl, Helmut Schmidt, Ron Sommer, Norbert Blüm, Jürgen Trittin und Hans Eichel. Genehmigungspflicht für Wahlversprechen. Wahlversprechen sind demnächst grundsätzlich der Kommission zur Genehmigung vorzulegen. Sie brauchen in folgenden Fällen nicht eingehalten zu werden:
Populäre Aussagen wie "Die Rente ist sicher", "die Jungen werden auch in 50 Jahren nicht die Dummen sein", "Es wird keinem schlechter und vielen besser gehen", "die Steuererhöhungen lassen mehr Geld in den Taschen der Bürger" und "Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen" sind ab sofort keine Wahlversprechen mehr, sondern eine moderne Form des Märchens. Wahlkampf. Wahlplakate müssen demnächst folgenden Warnaufdruck tragen: "Die Bundeswahrheitskommission warnt: Wahlplakate können einen verblödenden Einfluß auf Konsumenten haben. Der durchschnittliche Wahrheitsgehalt dieses Plakats beläuft sich auf unter 20% (bei der FDP 18%). Der Kandidat oder die Kandidatin ist älter, als er/sie auf dem Plakat erscheint." Färben. Schwarzmalen ist ab sofort verboten, um den Wirtschaftsstandort Deutschland nicht noch kranker zu reden, als er eh schon ist. Die Aussage der Regierung "Ich färbe nicht" bedarf keiner weiteren gerichtlichen Überprüfung und ist ab sofort die Wahrheit. Der Nachsatz "Stimmt. Toupets färbt man nicht" kann oppositionell hinzugefügt werden. Steuern. Die Kommission einigte sich bei einer Gegenstimme auf folgende Leitlinien:
Ökosteuer. Die Aussage, die Ökosteuer sichere die Rente, wird gegen den Widerstand von Jürgen Trittin und Norbert Blüm ("Die Rente ist sicher, Egal ob mit oder ohne Ökosteuer") als Lüge gebrandmarkt. Die Kommission empfiehlt, das Autofahren zur Sicherung der Staatsfinanzen auch öffentlich als patriotischen Akt anzuerkennen. Schiedsrichterentscheidungen. Die Wahrheitskommission anerkennt den heroischen Einsatz der Unparteiischen im deutschen Fußball. Auf Anregung von Dr. Merk ("der Schiedsrichter, dem die Spieler vertrauen") regt die Kommission an, die Saaldiener im Bundestag mit gelben und roten Karten auszustatten. Zudem soll eine schöne, lange Strafbank eingerichtet werden, auf der kleinere Lügen und Ungenauigkeiten sofort geahndet werden. Kriegseinsätze. Die Kommission stellt folgende Wahrheitsgrundsätze für den Verteidigungsfall auf:
Die Kommission regt in diesem Zusammenhang an, Panzer in Zukunft nur noch mit den Namen geschützter Arten zu belegen, wie etwa der rot-grün gefiederten Spottdrossel. Chefsache. Dieses Wort wird als doppelte Lüge abgelehnt, seine Verwendung unter strenge Strafe gestellt. Da der Bundeskanzler nach dem Grundgesetz ohnehin die Richtlinien der Politik bestimme, so die Kommission, sei alles Chefsache. Es wird aus diesem und anderen Gründen empfohlen, dem Bundeskanzler und den Kabinettsmitgliedern Taschenbuchausgaben des Grundgesetzes zu überlassen. Schlußgag. Die Wahrheitskommission stellt die Behauptung unter Strafe, uns wäre ein Schlußgag eingefallen, wenn wir angestrengter darüber nachgedacht hätten. Jeder, der bis hierhin durchgedrungen ist, ist allerdings schon genug gestraft. |