44. Seminar städtischer Pressereferenten


Archivmeldung aus dem Jahr 2011
Veröffentlicht: 18.05.2011 // Quelle: Stadtverwaltung

Soeben hielt Oberbürgermeister Buchhorn im Schloß Morsbroich folgende Rede

"Sehr geehrter Herr Bästlein,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich begrüße Sie sehr herzlich zum "44. Seminar städtischer Pressereferenten" des Deutschen Städtetages hier im Spiegelsaal unseres spätbarocken Schlosses Morsbroich.

Das erste Seminar dieser Art fand übrigens nicht vor 44 Jahren statt, wie man denken könnte, sondern schon vor 50 Jahren - nämlich 1961 in Darmstadt. Wir feiern heute also in Leverkusen den 50. Jahrestag des Starts dieses Seminars.

1961 war natürlich nicht alleine deshalb schon ein historisch bedeutsames Jahr: In das Jahr 1961 fallen der Bau der Berliner Mauer, der Amtsantritt John F. Kennedys, die Invasion in der Schweinebucht und mit Juri Gagarin der erste Mensch im Weltraum, um nur einige Beispiele zu nennen.

1961 wurde auch die erste Sportschau in der Geschichte des Deutschen Fernsehens ausgestrahlt. Im Traum hätte damals aber kaum jemand daran gedacht, dass der Frauen-Fußball einmal in Deutschland und vielen Teilen der Welt die Rolle spielen würde, die er heute spielt und die auch Anlass für den Film war, den Sie soeben gesehen haben.

Nur noch gut fünf Wochen trennen uns von einem sportlichen Großereignis, das neben der Bedeutung für den Frauen- und Mädchenfußball natürlich in besonderem Maße auch ein mediales Großereignis ist. Bilder dieser Spiele gehen in fast 200 Länder dieser Erde. Allen Übertragungen aus den Spielorten wird von der FIFA ein Videoclip mit Bildern aus der jeweiligen Stadt vorangestellt. Der Film, den Sie hier sahen, wurde für die Präsentation bei den unterschiedlichsten Veranstaltungen, etwa bei Tourismus-Börsen produziert. Ihnen als Medien-Experten dürfte schnell klar sein, dass wir als Nothaushaltsgemeinde ohne die Teilnahme an dieser WM keine Chance hätten, einen Image-Film, gleich welcher Art, produzieren zu lassen. Und dass sich durch die WM die Chance ergibt, unseren Bekanntheitsgrad zu steigern, uns als attraktive, junge, sportliche und aufgeschlossene Sport-, Wohn-, und Industriestadt zu zeigen, dürfte ebenso schnell einleuchten.

Wir hoffen jedenfalls auf schöne und friedliche Spiele, auf ein kleines zweites Sommermärchen und auch viele Besucher in dieser Stadt. Ich darf Ihnen versichern, es gibt noch Karten und es gibt zumindest aus Schweden schon konkrete Hinweise, dass die Mannschaft bei ihrem Spiel in unserer Stadt von zahlreichen Fans begleitet wird.

Der Film deutete es an, ich kann es auch nur anreißen, dass der Sport in dieser Stadt herausragend aufgestellt ist, natürlich auch Dank einer nach wie vor großartigen Förderung durch die Bayer AG und einer in früheren Jahren auch durch die öffentliche Hand geschaffenen guten Infrastruktur. 41.500 Mitglieder in rund 115 Sportvereinen sind bei einer Einwohnerzahl von 161.000 eine Zahl, mit der sich eine Stadt sehen lassen kann.

Zahlreiche Olympiasiege, Welt-, Europa-, und Deutsche Meisterschaften, Pokal- und Europokalsiege in vielen Sportarten machen Leverkusen daher ohne Übertreibung zu einer der ersten Sportstädte der Bundesrepublik und das auch nach einer nicht unerheblichen Umstellung der Sportförderung der Bayer AG.

Ich vermute, auch bei Ihnen gibt es jetzt den einen oder anderen Fußballfan, dem dennoch, auch dank der abgelaufenen Saison das "Ihr werdet nie Deutscher Meister" auf der Zunge liegt. Ich möchte darauf einfach nur mit dem Hinweis antworten, dass der Sport eben nicht nur aus Fußball besteht und wir mit der Gesamtheit der Titel und Medaillen beste Stadtwerbung betreiben können. Darauf sind wir in Leverkusen stolz und die Schale kommt irgendwann auch noch.

Herr Wilde, unser Pressesprecher, hat für den dann zu erwartenden Medienauflauf bereits verschiedene Varianten in der Schublade.

Genug des Sports, Sie wohnen ja zumeist direkt am Stadion und werden ja auch noch einiges zu sehen bekommen.

Lassen Sie mich zunächst noch einmal auf das Jahr 1961 zurückkommen. Als in Darmstadt das erste Seminar städtischer Pressereferenten stattfand, war Leverkusen gerade 31 Jahre alt, aber schon auf dem Weg zur Großstadt. 1963 konnten wir den 100.000sten Einwohner feiern. 1930 bei Stadtgründung zählte Leverkusen gerade mal 42.420 Einwohner. Diese rasante Entwicklung war eine mit "Risiken und Nebenwirkungen". Denn nicht alles was in den sechziger und siebziger Jahren gebaut wurde, findet heute noch Gefallen.

Gerade aber das ungeheure Wachstum ist es, das unsere Stadt von den meisten anderen Städten der Bundesrepublik Deutschland unterscheidet. Wir haben unsere Einwohnerzahl in drei Jahrzehnten mehr als verdoppelt. Das hing natürlich wesentlich mit dem damals größten Arbeitgeber hier in der Region, der Bayer AG, zusammen. Wie eigentlich so ziemlich alles hier in Leverkusen.

Der Grundstein für die spätere Stadt wurde 1860 gelegt - für die Farbenfabrik des Apothekers Dr. Carl Leverkus. Er gab Leverkusen seinen Namen. Am Rande des Örtchens Wiesdorf wuchs zunächst seine Ultramarinfabrik und ab 1891 das Bayer-Werk. Ein Werk, das Arbeitskräfte brauchte. Neuer Wohnraum entstand, unter anderem die bis heute "Bayer-Kolonien" genannten drei Siedlungen im Stile einer englischen Gartenstadt, die wirklich einen Besuch lohnen. Bei den Stadtführungen morgen haben sich ja auch einige von Ihnen für die Führung zum Neulandpark entschieden, die durch eine dieser Kolonien führt.

Wer von der Autobahnbrücke aus den Blick auf Leverkusen wirft, sieht eine Industriestadt am Rhein. Viele von Ihnen werden diese Seite der Stadt schon einmal wahrgenommen haben - und wir identifizieren uns nach wie vor damit. Vielen der Leverkusenerinnen und Leverkusenern gilt das Bayer-Kreuz, das bei Nacht von weitem zu sehen ist, als Wahrzeichen ihrer Stadt, etwas das Heimatgefühle auslöst, so wie woanders der Blick auf den Dom. Als es vor fünf Jahren abgebaut werden sollte, regte sich massiver Bürgerprotest und die Bayer AG hat schnell erkannt, dass es sehr viel Sinn macht, dieses Wahrzeichen für die Menschen zu erhalten.

Auch das macht uns in Leverkusen zu einem besonderen Schlag Menschen. Wir werden sentimental bei einer Leuchtreklame.

Auch von außen wird Leverkusen nach wie vor identifiziert mit der Bayer AG, manchmal eine etwas reduzierte Sichtweise. Die Bayer AG hat ihre Konzernzentrale in Leverkusen und steuert von hier aus den Weltkonzern. Seit 2005 ist Leverkusen überdies der Sitz eines zweiten Global Players, der Lanxess AG - eine Bayer-Ausgründung der Chemie- und Polymerproduktion, die sich in den ersten Jahren ihres Bestehens als sehr erfolgreich erwiesen hat. Und das Bayer-Werk gibt es so auch nicht mehr: Auf dem Industriegelände am Rhein vermarktet der Chempark Leverkusen heute Flächen und Infrastruktur. Rund 50 Firmen zählt der Chempark heute zu seinen Partnern.

Dennoch ist mit 11.700 Mitarbeitern der Bayer-Konzern immer noch Leverkusens größter lokaler Arbeitgeber. Die Gesamtzahl der Beschäftigten in den Unternehmen des Chemparks liegt bei 30.000.

In Leverkusen befinden sich aber auch weitere weltweit bekannte Unternehmen verschiedenster Branchen: z. B. Mazda, TMD Friction, Dynamit Nobel und Kronos Titan - um nur einige zu nennen. Morgen beziehungsweise am Freitag nutzen ja einige von Ihnen auch die Möglichkeit, die Entwicklung vom Bayerwerk zum Chempark zu besichtigen. Auch dabei werden Sie viel über den Industriestandort Leverkusen erfahren.

Die anderen Führungen zeigen die BayArena und das 100 Jahre alte ehemalige Gelände des Bahn-Ausbesserungswerks. Hier entsteht die neue Bahnstadt mit einer Fachhochschule für Technische und Pharmazeutische Chemie.

Und damit sind wir bei den Qualitäten Leverkusens, die nicht direkt in den Blick fallen: Den großen Investitionen, die wir in Sachen Bildung getätigt haben etwa.

Leverkusen hat derzeit 28 Grundschulen, fünf Gymnasien, drei Realschulen, vier Hauptschulen, zwei Gesamtschulen, vier Förderschulen und einige Berufsschulen. Rund 12 Millionen haben wir in den Ausbau naturwissenschaftlicher Räume investiert und dabei ein besonderes Augenmerk auf die Mint-Schulen gelegt, den Schulen mit besonderen Schwerpunkten und Angeboten im naturwissenschaftlichen Bereich. Dies liegt in einer Chemiestadt, die wir bei allem Strukturwandel bleiben wollen und werden, einfach nahe.

Wir wollen auch in Zukunft in Lebenschancen für unsere jungen Leute investieren. In Bildung aber auch in Wohnquartiere für junge Familien und natürlich in Platz für Gewerbeansiedlungen. Deshalb ist der Ausbau des ehemaligen Ausbesserungswerks zur Neuen Bahnstadt eines der elementaren Stadtentwicklungsziele der kommenden Jahre und gleichzeitig eines der größten Stadtentwicklungsprojekte in ganz Nordrhein-Westfalen. Im Stadtteil Opladen wird ein neues Stadtviertel entstehen. Hier werden Studierende wohnen und dorthin werden sicher auch junge Familien ziehen.

Der Weg dahin ist allerdings ohne das Bohren ganz dicker Bretter nicht zu schaffen, zum einen, weil so viele Entscheidungsträger daran beteiligt sind, zum anderen, weil die Zeiten, in denen es sich die Stadt Leverkusen vielleicht finanziell hätte leisten können, mal eben ein neues Stadtquartier aus dem Boden zu stampfen, schon lange vorbei sind. Wir müssen in den kommenden Jahren massiv sparen, um die Neue Bahnstadt nach unseren Vorstellungen verwirklichen zu können. Um weitere wünschenswerte Ziele zu verfolgen, setze ich mich immer wieder persönlich für Unterstützung aus der Privatwirtschaft ein.

Dass Geschäftsinteressen und öffentliches Interesse zusammen passen können, zeigt das Rathaus, in dem Sie morgen und übermorgen tagen werden. Es gehört mit zum Gebäudekomplex der Rathaus-Galerie, die vom Hamburger ECE-Konzern als 200 Millionen Euro Investment realisiert wurde und in dem wir Mieter sind. So ist es Leverkusen gelungen, einen großen Teil der in die Jahre gekommenen Innenstadt zu modernisieren, ohne selbst Millionen investieren zu müssen. Welche Auswirkungen die Rathaus-Galerie auf Käuferströme und Einzelhandelsstruktur hat, wird Ihnen bei der Führung zum Neuland Park erläutert.

Auch hier wurden Risiken und Nebenwirkungen befürchtet. Das Risiko aber, den Geschäften in der Innenstadt Konkurrenz zu machen, mussten wir eingehen, denn ohne diesen Neubau hätte die Innenstadt weiter an Wert verloren und das hätte auf lange Sicht auch den Einzelhändlern vor Ort geschadet. Eine der Nebenwirkungen aber ist so positiv, dass ich mit einer langfristigen Kompensation aller Risiken rechne: Schon im ersten Jahr haben sich die gezählten Käuferströme in der Fußgängerzone an einem Samstag von 3.370 Menschen auf 5.070 potentielle Käuferinnen und Käufer vervielfacht. Die Besucher der Rathaus-Galerie werden mit durchschnittlich rund 35.000 pro Tag beziffert.

Stadtentwicklung geht mit der wirtschaftlichen Entwicklung einer Stadt Hand in Hand - das werden sie alle wissen. Die weltwirtschaftliche Krise der vergangenen Jahre und die fortschreitende Globalisierung hat deshalb viele Städte vor große Probleme gestellt, natürlich auch Leverkusen. Für die Zukunft unserer Städte bedeutet das mehr denn je nicht nur die Risiken und Nebenwirkungen der Stadtentwicklung im Auge zu behalten, sondern auch ihre Entwicklungschancen und Potentiale.

Innovative Werkstoffe sind so ein Zukunftsthema für Leverkusen. Hier habe ich die Bildung des "Netzwerks Innovative Werkstoffe" gefördert, weil die Entstehung dieser Produkte das Wissen aus den unterschiedlichsten Disziplinen erfordert, etwa aus Chemie, Biologie, Physik und den Ingenieurwissenschaften. Alles Disziplinen, die in Leverkusen zuhause sind. Fortschritte in der Mikroelektronik, der Bio- und Nanotechnologie oder im Leichtbau sind ohne innovative Materialien kaum noch denkbar. Alle Leitbranchen in Leverkusen produzieren, entwickeln und verarbeiten Verbundwerkstoffe, die mit neuartigen Verfahren zu Höchstleistungsprodukten werden können.

Neue Märkte zu erschließen, heißt vorhandene Arbeitsplätze zu sichern und neue Arbeitsplätze und mehr Steuerzahler in die Stadt zu holen. Nur so können wir zu mehr Steuereinnahmen kommen, die wir angesichts ständig neuer Anforderungen so dringend brauchen. Denn auch in Leverkusen haben wir allein im produzierenden Bereich in den letzten zwei Jahrzehnten bei relativ konstanter Einwohnerzahl rund 20.000 Arbeitsplätze verloren.

Ich habe mir als Oberbürgermeister vorgenommen, am Ende meiner Amtszeit diese Stadt vor der Überschuldung bewahrt zu haben, dabei aber die Zukunftsherausforderungen angenommen zu haben. Das heißt, alle Stadtziele werden sich in Zukunft an zwei Parametern messen lassen müssen: Helfen sie uns sparen oder helfen sie existentielle Fragen der Stadtentwicklung zu lösen? Darauf müssen wir uns konzentrieren. "Nice to have" können wir uns nicht mehr leisten.

Das wird in einigen der Städte, die Sie vertreten, ähnlich sein. Die kommunale Familie ist halt schon lange kein Treffen mehr von wohlhabenden Verwandten, wie ein ehemaliger Bundeskanzler beim Besuch der Hauptversammlung des Deutschen Städtetages es einmal formuliert hat. Schon damals aber machte einer meiner Amtsvorgänger im Bettelgewand vor dem Reichstag auf die Not der Städte aufmerksam und seitdem hat sich in dieser Frage nicht wirklich viel bewegt. Außer, dass die Proteste der Kommunen deutlich lauter geworden sind.

Für jeden von Ihnen wird daher auch das Spannungsfeld ähnlich sein sein, in dem sie sich bewegen müssen und das zu einer Kommunikation zwingt, die beim Bürger angesichts der Botschaften nicht nur eitel Freude hervorruft. Sie alle eint, dass Sie nicht nur ständig auf Draht sein müssen, im Handwerk sicher, kommunikationsstark und in der Lage, zwischen sehr unterschiedlichen Positionen zu vermitteln. So nebenbei müssen Sie sich auch noch in einer rasant wandelnden Kommunikationswelt behaupten, um die wichtigste Zielgruppe, die wir erreichen wollen, die Bürgerinnen und Bürger, auf dem richtigen Wege anzusprechen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Pressesprecher,

viele von Ihnen kennen sich schon lange und haben viele dieser Tagungen mitgemacht. andere kommen immer wieder neu dazu. Das macht diesen kollegialen Austausch immer wieder spannend. Mir ist auch klar, dass dafür auch der informelle Teil am Abend besonders wichtig ist. Einem Unternehmen, nämlich dem Chempark Leverkusen, muss ich aber besonders für die Unterstützung danken, weil ohne deren Engagement diese Tagung in Leverkusen nicht hätte stattfinden können.

Ich freue mich, dass Sie in Leverkusen zu Gast sind und wünsche angenehme und spannende Seminartage und einen schönen Aufenthalt in unserer Stadt. Kommen Sie gerne in fünf Wochen zur Weltmeisterschaft wieder oder ab August auch zu den Fußballspielen unserer Herren in der Bundesliga, der Champions League oder einfach so zu einem sportlichen Wochenende.

Es ist immer etwas los. Herzlichen Dank.


Anschriften aus dem Artikel: Alte Landstr 129, Albert-Einstein-Str 58

Kategorie: Sport,Politik
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