Button

PRIVATISIERUNG VORRANGIGES ZIEL?

Falsches Spiel der rot-grünen Landesregierung

Unbeachtet von der Öffentlichkeit jährte sich mit dem Jahreswechsel 2004/2005 die Schließung des Opladener Ausbesserungswerkes zum ersten Mal. Zweifelsohne stellte das Ende dieses exakt hundertjährigen Traditionsbetriebes eine Zäsur dar, zumindest für die Geschichte der ehemaligen Kreisstadt Opladen.
Spätestens hiermit hat Opladen schließlich seinen Ruf und seine Eigenschaft als Eisenbahnstandort verloren. Aber in unserer schnelllebigen Zeit geht man selbst nach einem so ungewöhnlich hart geführten Arbeitskampf, wie er mit der Aufgabe des Werkes Opladen verbunden war, nur zu gerne wieder zur Tagesordnung über. Dabei lohnt es sich durchaus, das Geschehen um den vormaligen Bahnstandort Opladen auch weiterhin zu verfolgen.

Weiterhin interessant und spannend

Denn das Werk Opladen ist bei aller Bedeutung für Leverkusen und die Region doch nur ein Mosaikstein in einem Wechselspiel zwischen der Deutschen Bahn AG einerseits und der Bundes- und Landespolitik andererseits. Gerade der Jahreswechsel warf auf dieses Spiel mal wieder ein bezeichnendes Licht: Behauptet die Bahn doch, ihr vorrangiges Ziel sei nicht die Schließung, sondern die erfolgreiche Privatisierung nicht mehr benötigter Werke. So konnte man zum 1. Januar diesen Jahres eine weitere erfolgreiche Privatisierung eines von der Schließung bedrohten Bahnwerkes verkünden.

Sachsen nur ein Beispiel und vielen

Im sächsischen Delitzsch, unweit von Leipzig gelegen, wurde das Werk der DB Fahrzeuginstandhaltung mit seinen Bereichen Instandhaltung, Umbau und Modernisierung von Reisezugwagen von der SWF übernommen. Mit der SWF Schienenfahrzeugwerk Delitzsch GmbH bleibt somit eine weiterer traditioneller Werksstandort erhalten. Hinter der SWF verbirgt sich ein Joint-Venture der drei Gesellschafter Hermann Weise (70%), Duroc Rail (20%) und Till Gutzen (10%). Hauptgesellschafter Weise hatte der bereits im Jahre 2002 mit seinen Partnern das ehemalige DB Werk Leipzig-Engelsdorf erworben. Somit konnten in Delitzsch von 245 gefährdeten Arbeitsplätzen 225 erhalten bleiben. Die vergleichsweise geringe Zahl von zwanzig Mitarbeitern, die nicht übernommen wurden, konnten in andere Werke umgesetzt werden, oder man fand sozialverträgliche Lösungen.

Sahnehäubchen oben auf

Nicht zuletzt die Bahn AG höchstselbst brüstete sich ihrer Anstrengungen und Verdienste, eine vorzeitige Schließung des Werkes Delitzsch verhindert zu haben ? eben getreu dem Grundsatz, daß die Privatisierung vorrangiges Ziel sei. Mit der Übergabe das Werkes schloß man mit dem Käufer einen bis zum 31. Dezember 2006 laufenden Rahmeninstandhaltungsvertrag ab, der in einem Übergangszeitraum eine Grundauslastung des Werkes sichert. Damit wurde die Privatisierung quasi noch mit einem Sahnehäubchen garniert.

Wir erinnern uns

Auch in der Endphase des Kampfes um das Ausbesserungswerk Opladen keimte immer wieder ein Funken Hoffnung auf, als sich mögliche Joint Ventures am Horizont abzeichneten. Letztendlich scheiterten diese nicht zuletzt immer daran, daß man sich seitens des staatlichen Unternehmens Bahn AG weigerte, den Weg in die Privatisierung mit einer zeitlich begrenzten Instandhaltungsquote aus dem eigenen Fahrzeugpark zu flankieren.
Selbst nach erfolgter Schließung des Werkes tauchte mit der Firma Rail Care noch ein Investor auf, der heftiges Interesse am Standort Opladen bekundete und die dort vorhandene Infrastruktur für die Instandsetzung von Fahrzeugen privater Bahngesellschaften nutzen wollte. In die Verhandlungen mischte sich vor der Kommunalwahl 2004 der damalige Oberbürgermeister Paul Hebbel nach Kräften mit ein. Schließlich war das Ausbesserungswerk für Paul Hebbel eine erklärte Herzensangelegenheit und weit mehr als nur Chefsache.
Was die Bahn AG jedoch nicht daran hinderte, während man noch am Verhandlungstisch saß, nahezu das gesamte Inventar des Werkes zu versteigern.

Funkstille

Nach der Kommunalwahl war dieses Thema jedoch wie von der Bildfläche verschwunden. Leverkusens neuer Oberb¨rgermeister war während des Kommunalwahlkampfes lautstark mit ehemaligen Bahnwerkern aneinandergeraten und scheint deren Zukunft nicht die aller erste Priorität beizumessen. Unbestätigten Meldungen zufolge soll Rail Care mittlerweile den Standort Duisburg favorisieren. Was die Firma selbst jedoch bestreitet, ebenso wie der neue Oberbürgermeister für sich in Anspruch nimmt, die Gespräche mit Rail Care aufgenommen zu haben.
Kenner der Szene wollen jedoch wissen, daß Opladen für Rail Care mittlerweile außen vor ist und man demnächst sogar mit dem Rückbau von Infrastruktur auf dem Gelände des Bahnwerkes beginnen will. Die Bahn versteht es halt, Fakten zu schaffen. Man darf also weiterhin in Sachen des Werkes Opladen gespannt sein, es verspricht spannend zu bleiben.

Opladen bei der Bilanz außen vor.

In den letzten drei Jahren konnten insgesamt acht ehemalige Werke der Deutschen Bahn AG, namentlich in den Ländern Bayern, Brandenburg, Sachen und Sachsen-Anhalt privatisiert werden. Nur in unserem Bundesland will dies nicht gelingen, obwohl Nordrhein-Westfalen im Vergleich mit einem Bundesland wie Sachsen-Anhalt ungleich massiver als Besteller öffentlicher Leistungen im Schienenpersonenverkehr auftritt. Allein hiermit bietet sich eine Drohkulisse gegenüber der Bahn AG an, der sie nicht ernsthaft widerstehen könnte.
Die Regierungen in Berlin und Düsseldorf halten still. Dabei rühmte sich unser neuer Oberbürgermeister im Wahlkampf doch so seiner Beziehungen und Kontakte nach Berlin, wo er sein Mandat als Bundestagsabgeordneter erst unlängst niedergelegt hat.

Mieses Spiel

Bei alledem wird deutlich, daß die Bahn bei diesem miesen Spiel der Akteur ist, während Bundes- wie Landespolitik nur willfährig stillhalten. Daran ändern auch die verbalen Bekundungen der neuen Leverkusener Stadtspitze nichts, die ihren Genossen in Berlin und Düsseldorf wohl kaum in den Rücken fallen wird.

Ziel verfehlt

Eines der hehren Ziele der Bahnreform war es nicht zuletzt, mehr Wettbewerb auf die Schiene zu bringen, was sich nicht nur auf die Erbringung von Beförderungsleistungen beschränken sollte. Auch der Wettbewerb um die Schiene herum sollte angeschoben werden. Dazu gehört im Rahmen einer gesamtwirtschaftlichen Verantwortung auch, Mitbewerbern die Nutzung nicht mehr benötigter Infrastruktur zu ermöglichen. Freilich nicht zum Nulltarif.
Aber die Bahn läßt ja auch weiterhin auf der anderen Seite des Bahndamms vom Ausbesserungswerk Opladen Lokomotiven verschrotten, um diese so der Nutzung durch Dritte zu entziehen. Was andere nicht nutzen können, bedarf schließlich nicht noch der Instandsetzung in privaten Werken. Insofern haftet dem Handeln der Deutschen Bahn AG im Fall Opladen fast eine verquere Logik an.