TATSÄCHLICH ULTIMATIV?

Wie die vormalige Deutsche Demokratische Republik auf den Bildschirmen fröhliche Urstände feiert

Nachdem wir eine weitere Staffel von Big Brother überstanden haben, der tatsächliche oder vermeintliche Superstar gefunden wurde, entdeckten die öffentlich rechtlichen wie auch die privaten Fernsehanstalten im diesjährigen Fernsehsommer die DDR.

"Nicht alles war schlecht"

Uncool? Von wegen. Vornehmlich die historische Filmstreifen aus dem Archiv des ehemaligen Fernsehens der DDR scheinen objektiv zu belegen, wie lustig das Leben im ersten Arbeiter- und Bauernstaat auf deutschem Boden gewesen sein muß. Und seien wir doch mal ehrlich, gerade in diesen schwierigen Zeiten, sehnt sich da vielleicht nicht manch einer in die heimelige Geborgenheit eines Sozialismus Marke Deutsche Demokratische Republik zurück?
Klar, es war eben nicht alles schlecht im zweiten deutschen Staat. Wer wollte das bestreiten? Zwar sind Vergleiche zumeist immer platt und man soll ja bekanntlich nicht Äpfel mit Birnen miteinander vergleichen, aber aus meiner frühen Jugend sind mir immer noch die Sprüche von Vertretern der älteren Generation geläufig, wonach in der ersten deutschen Diktatur des eben erst vergangenen letzten Jahrhunderts auch längst nicht alles so schlecht gewesen sei. Schließlich hatte Adolf Hitler die Autobahnen gebaut und nicht zuletzt damit die ganzen Arbeitslosen von der Straße geholt.
Freilich werden wir auch über die Mattscheibe recht rege über die unselige Zeit des Dritten Reiches und des Nationalsozialismus aufgeklärt, aber diese Aufklärung kommt aus gutem Grund zumeist in recht seriöser Gestalt daher, jedenfalls bis dato noch nicht als Show oder gar als Rate-Quiz verpackt. Zudem räumt man derartigen, zumeist als Dokumentationen aufbereiteten Beiträgen, nicht gerade immer die allerbesten Sendezeiten ein.
Keine Frage, auch das gewöhnliche Leben, der ganz normale Alltag in der DDR, sind allemal einer objektiven Betrachtung wert. Diese muß auch keineswegs in knochentrockener oder gar schulmeisterlichen Art dargereicht werden. Wer viele Details und ein geradezu typisches Ambiente der DDR mitbekommen möchte, dem seinen beispielsweise nur die uralten Folgen der Reihe "Notruf 110" des DDR-Fernsehens empfohlen, wie sie zu vorgerückter Stunde beispielsweise im Programm des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) wiederholt werden.

Besser Polizeiruf 110

In diesem ostdeutschem Pendant zur westdeutschen "Tatort"-Reihe werden die Lebensumstände in der DDR erstaunlich real wiedergegeben. Freilich muß man dies vor dem Hintergrund sehen, daß derartige Filme in der DDR im Gegensatz zur Bundesrepublik nicht nur einen unterhaltenden, sondern auch und gerade einen erzieherischen Effekt beim Fernsehpublikum bezwecken sollten.
Die DDR jedoch im Stile von SAT.1 als "Meyer & Schulz - Die ultimative Ost-Show" darzustellen, wird den Verhältnissen in keinster Weise gerecht. Denn bei allen Problemen, die uns gegenwärtig im wiedervereinigten Deutschland umtreiben und die dringend gelöst werden müssen, darf so etwas wie eine DDR- oder Ost- Identität weder gepflegt noch konserviert oder gar zu einer Art neuem Kult propagiert werden.
Darin jedoch liegt die Gefahr, wenn man die DDR im Nachhinein in Form seichter Unterhaltung in derart geballter Form verklärt. Genau dies mag auch unerklärtes Ziel derer sein, die ansonsten keinerlei Chance und Gelegenheit auslassen, ihnen politisch unliebsame Umstände und Entwicklungen in die rechte politische Ecke zu stellen.

Respekt vor den Opfern

Dabei wäre es vielmehr eine sicherlich interessante und lohnende Sache, die Strukturen der beiden deutschen Unrechtsregime im zwanzigsten Jahrhundert einmal miteinander zu vergleichen. Über die dabei zu Tage kommenden Parallelen würde sich manch einer wundern. Der Respekt und das Andenken an die Opfer der jeweiligen Regime sollte jedoch einen leichtfertigen Umgang mit diesen beiden Abschnitten deutscher Geschichte verbieten.