Satiire

Mos Stunde der Wahrheit

Berlin, Mai 2003. Das Sommerloch ist noch nicht erreicht, aber keiner merkt es. Es ist still geworden um die Regierung - zu still? Bundeskanzler Schröder und sein Wirtschaftsminister Clement brechen eine Asienreise ab und kehren aufgrund fehlender alarmierender Presseberichte besorgt in die Hauptstadt zurück.

Clement und Schröder in ihren Dienstwagen auf dem Weg zum Kanzleramt.

Schröder: Was ist nur los? Seit Wochen keine Rücktrittsforderungen mehr in der Presse! Haben die alle SARS?

Clement (nur undeutlich durch Mundschutz zu verstehen): Hör mir auf mit SARS! Ich bin die ganzen Bundeswehrsanitäter und ihre ewige Fiebermesserei satt! (rutscht unruhig auf dem Sitz herum) Niemand hat mir gesagt, daß Analfissuren hier zum Job gehören.

Schröder (reibt sich gedankenverloren sein eigenes Hinterteil): In Ordnung, wir werden die Sanitäter endlich mit modernen, höchstens 20 Jahre alten Thermometern ausstatten. Hoffentlich hat Hans nichts dagegen.

Clement: Apropos Hans - (der Wagen nähert sich dem Kanzleramt) - da ist er ja! Was macht er denn da vor dem Haupteingang?

Schröder: Und warum ist er angebunden?

Clement: Und warum hat er nicht wenigstens einen Hut vor sich hingestellt? (Brüllendes Gelächter beider, während sie aussteigen)

Schröder: Hans, was zum Geier machst du da?

Eichel (außer sich, den Tränen nahe): Alle weg, alle gekündigt! Habe beim Streichholzziehen den Kürzesten gezogen und mußte euch die Hiobsbotschaft überbringen!

Während der Wirtschaftsminister seinen glücklosen Kollegen losbindet, rast der Kanzler, Böses ahnend, in den Kabinettssaal. Auf den ersten Blick scheint alles in Ordnung. Das gesamte Kabinett (komischerweise mit Eichel) ist vollzählig versammelt. Außenminister Fischer hält gerade einen Monolog.

Fischer: .. und wir leben in der einen Welt, in der alles vernetzt ist und das friedliche Zusammenleben der Zivilgesellschaften ein wichtiges Ziel dieser Bundesregie-Kracks-und wir leben in der einen Welt, in der alles vernetzt ist und das friedliche Zusammenleben der Zivilgesellschaften ein wichtiges Ziel dieser Bundesregier-Kracks-und wir leben in der einen Welt, in der alles vernetzt ist und das friedliche Zusammenleben der Zivilgesellschaften ein wichtiges Ziel dieser Bundesregier-Kracks-

Saaldiener (A7, Weihnachtsgeld und 13. Monatsgehalt gestrichen, entsprechend sauer, tritt gelangweilt gegen ein Tonbandgerät neben dem Außenminister)

Schröder (kommt mißtrauisch näher und entdeckt dabei entsetzt, daß es sich bei Fischer um einen lebensgroßen Pappkameraden handelt, schlägt wütend auf den Tisch) Was ist das für eine Schweinerei?

Durch die Erschütterung fallen alle Pappkameraden der Reihe nach um. Ein beeindruckendes Schauspiel.

Eichel (keucht mit Clement die Treppe hoch): Das ist es ja, was ich dir eben sagen wollte. Das gesamte Kabinett hat deine Abwesenheit zur Kündigung genutzt. Damit es nicht so auffällt, haben wir diese billige Lösung mit den Pappkameraden produziert.

Clement (leise zu sich): Hätten die nicht warten können, bis ich wieder da bin?

Schröder (bullert): Warum hat das keiner mitgekriegt?

Saaldiener: Ist der Unterschied denn so groß?

Schröder (zum Saaldiener): A 6, basta. (beginnt zu toben) Fangt sie wieder ein, und zwar lebend!

***

Drei Wochen später. Das Kabinett wurde vollzählig erwischt. Alle Ministerinnen und Minister wurden vor die Wahl gestellt, entweder auf ihren Kabinettsposten zurückzukehren oder sich im Austausch gegen deutsche Touristen in die Obhut algerischer Entführer zu begeben. Mit Ausnahme der Warmduscher Fischer und Schily, die nach Berlin zurückkehrten, wählten alle das kleinere Übel. In der ersten Kabinettssitzung nach dem Fluchtversuch stehen daher große Probleme an.

Schröder: Schwamm drüber, Leute, laßt uns von vorne beginnen. (Eichel, Clement, Schily und Fischer nicken resigniert) Wir brauchen eine neue Mannschaft (funkelt die verbliebenen Pappkameraden an), die etwas mehr Format besitzt und möglichst international erfahren ist. Wir brauchen Blut, keine Pappe! Wozu haben wir schließlich das Einwanderungsgesetz geändert -

Eichel: Ja, ja, eine teure Geschichte - die Bestechung der ganzen CDU-Länder -

Clement: Die Bundestagsfraktion hat schon ihre Ansprüche angemeldet (Eichel zuckt zusammen), Lafontaine bringt sich unüberhörbar in Position und -

Schröder (ungeduldig): Diese Pfeifen brauche ich nicht. Ich habe mich schon nach renommierten Spezialisten national und international umgesehen ...

***

Ein Monat vergeht. Mohammed Saïd al-Sahhaf (auch "Mo" genannt), der neue Regierungssprecher, fühlt sich bei seiner Premiere vor der Bundespressekonferenz in seiner neuen Bundeswehr-Flecktarnuniform sichtlich unwohl.

Mo: ... und es kann keine Rede davon sein, daß unser geliebter Kanzler und Vorsitzender der Baath-, äh, SPD-Partei, Chef des Volkes und barmherziger Führer der Gläubigen -

Journalist (halblaut zum Kollegen): Wo er recht hat, hat er recht.

Mo: -, ein Problem hat. Das Staatsdefizit wurde in den letzten Wochen erfolgreich bekämpft und auf Null reduziert.

Journalist: Und was ist mit den Arbeitslosen?

Mo (empört): Es gibt keine Arbeitslosen in Deutschland. Wer etwas anderes behauptet, dem werden wir seine ungläubigen Eingeweide herausreißen.

Journalist: Meinen Sie damit die Opposition?

Mo: Es gibt keine Opposition in Deutschland. Alle lieben Kanzler Sad-, äh, Gerhard Schröder.

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Schröder (leise zu Clement, der neben ihm durch eine halbgeöffnete Tür der Pressekonferenz lauscht): Na, was habe ich gesagt? Der Mann ist ein Naturtalent!

Clement (beunruhigt): Aber mußtest du ihn gleich noch zum PR-Berater ernennen? Ich finde es einfach lächerlich, mich im Tarnanzug zu präsentieren. Und was sagt Doris zum Kopftuch?

Schröder: Sie hat sich damit abgefunden, basta. (Rutscht unruhig auf seinem Hinterteil hin und her, als sich ein Bundeswehrsanitäter mit Fieberthermometer nähert)

Sanitäter: Ich bin bereit, wenn Sie es sind, Herr Bundeskanzler.

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In der Pressekonferenz präsentiert Mo inzwischen den neuen Sozialminister Thomas Hörster und den Minister ohne besonderen Aufgabenbereich Jürgen Kohler, beide "schweren Herzens" von Bayer Leverkusen abgegeben.

Jürgen Kohler begibt sich zu den Journalisten und hält mit jedem ein freundliches Schwätzchen. Sein Kollege Hörster hat einen schwereren Stand.

Hörster: Äääh. Ja. Wir werden kämpfen, um unser Ziel zu erreichen, auch wenn die Karre schon ziemlich tief im Dreck steckt.

Journalist: Herr Minister, wollen Sie damit sagen, daß wir entgegen den Äußerungen des Regierungssprechers wirtschaftlich in die zweite Liga absteigen?

Mo (mißtrauisch zum Journalisten): Sind Sie Amerikaner?

Journalist: Wieso?

Mo: Wir haben euch schon einmal blutig aus Bagdad vertrieben. Fragt nur meinen ehemaligen Chef, der seinen verdienten Jahresurlaub mit seinen geliebten Söhnen und Standbildern verbringt und bald zur Freude des irakischen Volkes und des Bundeskanzlers Jacques Schröder zurückkehren wird. Die ungläubigen Amerikaner erzählen immer nur Lügen über die deutsche Wirtschaft, weil sie das deutsche Öl haben wollen.

Deutscher Journalist: He, und die Fernsehbilder aus Bagdad?

Mo: Alle in Hollywood entstanden. Wie die Mondlandung und der Sieg von Helmut Kohl 1983.

Kohler: Und der Abstieg von Bayer Leverkusen, jawohl!

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Schröder (begeistert): Klasse, dieser Mo!

Fischer (hinter den Kulissen leise zu sich selbst) Wie soll ich das alles nur Colin Powell erklären?

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Journalist: Herr Kohler, was ist Ihr Job bei der Bekämpfung der Probleme dieses Landes?

Kohler: Es ist nicht meine Aufgabe, die Probleme dieses Landes zu bekämpfen.

Mo: Außerdem hat dieses Land keine Probleme. Die ungläubigen Amerikaner haben Probleme.

Journalist: Aber die Renten!

Mo: Die Renten sind sicher.

G.D./M.P./MiWi