Die subventionierten Dreckschleudern

Billigflieger erobern den Markt nun auch vor unserer Haustür

Die Jahrhundertflut, manche sprechen gar von der Jahrtausendflut, die im August insbesondere Teile der neuen Bundesländer in zuvor nie gekanntem Ausmaß heimsuchte, dürften den meisten noch gegenwärtig sein. Ursache hierfür waren heftigste Regenfälle in den Einzugsgebieten der Oberläufe der betroffenen Flüsse und der darin mündenden Zuläufe. So konnten sich seit dem vergangenen Sommer viele Bundesbürger in ihren überschwemmten Kellern einen Eindruck davon verschaffen, was unter dem bis dato wenig geläufigen Begriff Starkregen zu verstehen ist. Ein Phänomen, welches bislang mehr die große Ausnahme denn die Regel bei den witterungsbedingten Ereignissen eines Sommer darstellte.

Treibhauseffekt

Mittlerweile ist kaum noch von der Hand zu weisen, daß dies Ausdruck fortschreitender Klimaerwärmung, des sogenannten Treibhauseffektes, ist. So weit, so schlecht. Der Sommer war jedoch noch lange nicht beendet, die über die Ufer getretenen Flüsse längst nicht alle in ihr Bett zurückgekehrt da rückte bei der Diskussion über die weiter Zukunft des Flughafens Köln/Bonn das Thema Billigflieger auf die Tagesordnung.
Auch und gerade nach der Eröffnung eines weiteren Terminals leidet der Airport in der Wahner Heide unter dem Rückgang der Passagierzahlen, was selbstredend mit Einnahmeverlusten verbunden ist. Vor diesem Hintergrund soll nunmehr der nach Konrad Adenauer benannte Flughafen zu einer Basis für Billigflieger ausgebaut werden. Davon zeugen mittlerweile zahlreiche Werbe- und Plakatflächen, die auch bereits schon in Leverkusen auszumachen sind.
Bislang spielte sich die für ihren aggressiven Werbeauftritt bekannte Billigfliegerei vornehmlich von den einsamen Höhen des Hunsrück aus ab, nahe dem kleinen Ort Hahn, auf einem ehemaligen Militärflughafen. Eine ausländische Airline geht in ihrer Werbung gar soweit, das Dorf Hahn quasi als Vorort der Mainmetropole Frankfurt zu bezeichnen, um potentiellen Passagieren eine vermeintliche Nähe zum Rhein-Main-Flughafen zu suggerieren.

Maximale Umweltbelastung

Mit dem Flughafen Köln/Bonn aber erreicht die Fliegerei zu Discountpreisen in Deutschland einen der größeren internationalen Luftverkehrsknotenpunkte. Dadurch mutiert das Flugzeug dank des neuen, um sich greifenden Preisgefüges zu einer Art fliegendem Überland- beziehungsweise Fernreisebus.
Nun mag die Sinnhaftigkeit dieses Verkehrsmittels auf langen Distanzen, was vor allen Dingen interkontinentale Flüge anbelangt, außer Frage stehen. Für Verbindungen im engeren mitteleuropäischen Raum oder gar innerhalb Deutschlands jedoch stellt das Flugzeug von seiner umweltpolitischen Bilanz her die bei weitem bedenklichste Alternative dar. Nicht zuletzt durch den Schadstoffausstoß, der anteilmäßig auf jeden Passagier (Beförderungsfall) entfällt, wird im Gegensatz zu jedem anderen gängigen Beförderungsmittel der größtmögliche Schadensbeitrag hinsichtlich der weiteren Erwärmung der Erdatmosphäre geleistet - und dies angesichts der eingangs geschilderten Entwicklungen mit all ihren verheerenden Folgen.
Dabei muß man sich den Umstand vor Augen führen, daß der Treibstoff für Flugzeuge von der Mineralölsteuer befreit ist, was zunächst einmal eine unabdingbare Voraussetzung für solche Angebote darstellt, während Busse und Bahnen (sofern diese mit konventionellen Verbrennungsmotoren betreiben werden) dem vollen Steuersatz für den Verbrauch von Mineralöl unterliegen.
Diese beiden Massenverkehrsmittel teilen das bekannte Schicksal des Autofahrers, der regelmäßig an der Zapfsäule seiner Tankstelle zur Kasse gebeten wird. Zum 1. Januar 2003 erhöht sich diese Zahllast mit der Umsetzung einer weiteren Stufe der sogenannten Ökosteuer, die im Grunde genommen im Ergebnis nichts weiter als ein weiterer Schritt bei der Erhöhung der Mineralölsteuer bedeutet. Nur daß das Kind eben einen anderen Namen hat.

Milliardenschwere Investitionen in Gefahr

Mit der Inbetriebnahme der neuen Schnellfahrstrecke zwischen Köln und Frankfurt am Main, die zum bevorstehenden Fahrplanwechsel am 15. Dezember 2002 auch für internationale Verbindungen relevant wird, schließt die Deutsche Bahn AG eine weitere Lücke in ihrem Hochgeschwindigkeitsnetz. Die damit verbundene Fahrzeitverkürzung von rund einer Stunde wirkt sich dementsprechend auch insgesamt auf die Reisezeiten in der Nord-Süd-Richtung aus.
Insofern bestehen von dem Schienenknotenpunkt Köln aus in unserem weiterem Einzugsbereich einschließlich der westlich angrenzenden Länder bereits entsprechende umweltschonenden Alternativen. Diese Alternativen bedingen dabei milliardenschwere Investitionen in die Infrastruktur des Verkehrssystems Schiene - was die vorgenannte Strecke nicht zuletzt durch erhebliche Baukostenüberschreitungen unter Beweis gestellt hat.
Genau diesem sinnvollen und umweltverträglichen Rad-Schiene-System läuft die derzeitige Entwicklung in der Passagierluftfahrt entgegen. Da klingt es fast schon wie ein schlechter Witz, daß sich ausgerechnet die Deutsche Bahn AG mit ihrem neuen Tarifen und Reservierungen künftig an den Preisregularien der internationalen Fluggesellschaften anlehnt. Der von Bündnis 90/Die Grünen immer wieder eingebrachte Vorschlag, auf Bahnfahrkarten zumindest nur den ermäßigten Mehrwertsteuersatz von sieben anstatt sechzehn Prozent zu erheben, wäre hier nur ein erster Schritt, dem extremen steuerlichen Ungleichgewicht bei der Konkurrenz unter den verschiedenen Verkehrsträgern entgegenzuwirken.
Mittel- bis langfristig müssen die steuerlichen Privilegien der Luftfahrt - nicht nur in Sachen Mineralölsteuer - abgebaut werden.
Was nicht bedeuten soll, Urlaubsreisen mit dem Flugzeug für Bundesbürger zu kontingentieren, worauf ebenfalls einmal eine Idee von Bündnis 90/Die Grünen abzielte. Schließlich nimmt man ja selbst in diesen Kreisen mitunter gerne einmal die eine oder andere Bonusmeile mit. Aber man kann nicht fordern, mehr Güter und Personen auf die Bahn zu bringen, wenn es gleichzeitig die steuerlichen Rahmenbedingungen für das Flugzeug zulassen, diese Bestrebungen in einem unfairen Wettbewerb zu unterlaufen. Ebenso wie die Magnetschwebebahn als eine bessere Straßenbahn in Ballungsräumen wie dem Rhein-Ruhr-Gebiet keinen Sinn macht, ist das Flugzeug als vermeintliches Massenverkehrsmittel auf Kurz- und Mittelstrecken keine adäquate Lösung. Wer auf diesen Relationen dennoch den Luftweg wählt, sollte dafür auch einen hohen Preis zahlen müssen.