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Mozilla 1.0: Eine Alternative zum IE?

Der Browser-Krieg zwischen dem Internet-Pionier Netscape und dem Software-Riesen Microsoft ist längst entschieden. Mitte der neunziger Jahre entdeckte Microsoft mit Schrecken, daß Computer ohne Netzanschluß zur Ausnahme wurden, Browsen zum Normalfall - und Bill Gates' Firma hatte keine entsprechende Software.
Microsoft erkannte den Fehler und merzte ihn mit atemberaubender Geschwindigkeit aus. Wie bei DOS kaufte man auch beim Browser ein auf dem Markt vorhandenes Programm und entwickelte es mit aller Macht weiter, um an die Qualität des marktbeherrschenden Netscape Navigators heranzukommen. Zuerst mit wenig Erfolg - Spott und Hohn prasselten auf alle Internet Explorer einschließlich der Version 3.x nieder.
Ab Version 4 änderte sich das Bild. Hier konnte man noch geteilter Meinung sein, ob Netscape seine Führung verloren hatte. Doch spätestens ab Version 5 hatte der Internet Explorer den Navigator auch qualitativ abgehängt. Hinzu kam, daß immer mehr Websites Microsoft-eigene Erweiterungen des HTML-Standards verwendeten.
Zudem war und ist der Internet Explorer auf jedem Windows-Rechner installiert. Dies sah man bei Netscape und anderen als Wettbewerbsverzerrung und klagte; bis heute ist noch keine endgültige Entscheidung gefallen.

Die Alternative?

Inzwischen ist der Internet Explorer 6 aktuell und schneller denn je; der neue Netscape 6 war für die verbliebenen Fans eine Enttäuschung: Zu langsam, zu aufgebläht, nicht ausreichende Wiedergabe des HTML-Standards.
Netscape hat vor Jahren den Programmcode des Browsers freigegeben. Seit 1998 mühen sich Open-Source-Programmierer, im Rahmen der informellen Organisation "mozilla.org", auf der Basis des Navigators einen neuen, plattformübergreifenden Code zur Darstellung des Inhalts des WWW zu schreiben. Man wollte einen Programmkern schaffen, der wiederum von anderen Browsern genutzt werden sollte. Mehr als Nebenprodukt wurde auch die Netscape-Oberfläche übernommen und weiterentwickelt.

Aus dem Ei geschlüpft

In diesen Tagen ist nach langer Entwicklungszeit Mozilla 1.0 endlich aus dem Ei geschlüpft. Der Programmkern "Gecko" ist allerdings schon früher (in halbfertigem Zustand) für die eher schwache Performance von Netscape 6 verantwortlich gewesen. Symbolisiert also der Saurier als Mozilla-Maskottchen technische Stagnation und baldiges Aussterben, oder ist Mozilla 1.0 eine Alternative zum übermächtigen Internet Explorer?
Die Antwort auf letzte Frage ist ein eindeutiges Jein und hängt nicht zuletzt vom persönlichen Geschmack ab. Installiert man Mozilla, so glaubt man sich zuerst im guten alten Netscape 4.7. Doch die Fortschritte sind enorm. Das Versprechen, Mozilla halte sich penibel an die W3C-Standards, scheint nicht zu weit hergeholt; daß Mozilla weniger Probleme macht als Netscape 4.7, ist offensichtlich. Man muß nur zu den bekannten "Sorgenkindern" surfen, die bisher nur mit dem Internet Explorer einzusehen waren.
Hinzu kommen einige interessante Features wie die Möglichkeit, bestimmte Werbung auszublenden. Ähnlich wie der Browser Opera kann man jetzt auch mehrere Webseiten in einem Fenster parallel laden lassen und später per Klick einfach wechseln. Interessant für Leute, denen es mehr aufs Äußere ankommt: Man kann Mozilla auch mit Hilfe von Skins (oder "Themes") ein völlig anderes Aussehen verpassen.
Auch in anderen Bereichen wie Sicherheit, Cookieverwaltung, Suche und Profile wurde Mozilla enorm weiterentwickelt und befindet sich auf der Höhe der Zeit. Und das Tempo? Mozilla 1.0 scheint teilweise deutlich schneller zu sein als Netscape 4.7 und Netscape 6, aber etwas langsamer als der Internet Explorer 6.
Zum Lieferumfang gehören auch die vom Netscape Communicator bekannten weiteren Webprogramme wie Comopser (Webeditor), Messenger (Mailprogramm) und Adreßbuch. Mit "Chatzilla" ist noch ein IRC-Programm hinzugekommen.
Interessant ist Mozilla auch für Leute, die regelmäßig verschiedene Betriebssysteme verwenden. Es gibt das Programm für Windows ebenso wie für Linux und Max OS.
Mozilla 1.0 ist weniger ein Browser für die breite Masse, sondern eher eine Testumgebung für Entwickler. Die Frucht der Arbeit der Mozilla-Programmierer kann man dann - ohne es vielleicht zu wissen - etwa beim neuen Netscape 7, den AOL- und Compuserve-Browsern oder etwa dem Linux-Browser Galeon genießen.
Trotzdem fragt man sich, warum es Mozilla selbst nicht auch tun soll. Wer bis heute - vielleicht aus Sturheit - sich dem Internet Explorer verweigert oder gar an Netscape festgehalten hat, kann guten Gewissens zu Mozilla wechseln. Nicht alles ist anders, aber vieles besser geworden.