Editorial

Fauler Kompromiss

Import von embryonalen Stammzellen (fast) erlaubt

Ende Januar war es passiert: der Import von menschlichen embryonalen Stammzellen ist unter Auflagen erlaubt. Die Auswirkungen, welche diese Entscheidung auf unser gesellschaftliches Leben, haben wird ist wohl zu diesem Zeitpunkt kaum absehbar. Die Gentechnologie eröffnet große Chancen für die Medizin, doch welchen Preis haben medizinische Erfolge, kann man bei der Frage, ob Embryos für wissenschaftliche Zwecke getötet werden sollen überhaupt eine solche Rechnung aufmachen? Wir verfolgen das Thema schon einige Zeit und es war absehbar, dass die Politik irgendwann einknicken würde unter dem Druck der Wissenschaft und der Angst davor Deutschland ist in naher Zukunft nicht mehr konkurrenzfähig in Sachen Gentechnologie.

Totale Befürwortung

Der Bundestag hatte über drei Anträge abzustimmen, wobei der Fraktionszwang aufgehoben war. Die Anträge wurden von Fraktionsübergreifenden Gruppen verfasst und eingebracht. Der Antrag, der keine Probleme dabei sah Stammzellen zu importieren wurde maßgeblich von zwei Abgeordneten getragen, nämlich von Ulrike Flach (FDP) und dem ehemaligen Generalsekretär der CDU Peter Hintze. Die Gruppe um eben diese befürwortete den Import und ließ sogar durchblicken, dass man sich auch vorstellen könne embryonale Stammzellen in Deutschland herzustellen. Ulrike Flach äußerte in ihrer Rede keine Zweifel an der Richtigkeit ihres Antrages, vielmehr erweckte sie den Eindruck, als hätte sie die ethische Dimension einer solchen Entscheidung nicht erkannt. Sie behauptete sogar, dass der Import "moralisch geboten" sei. Sie bewies damit eine völlig naive Haltung gegenüber dem Import und seinen Konsequenzen.
Zwar ist es richtig, dass die Gentechnologie die Medizin voranbringen kann, aber was bleibt dafür auf der Strecke? Embryonen sollten als menschliches Leben angesehen werden. Sie sind keine Zellhaufen, über die man beliebig verfügen kann. Aus diesen Gründen ist es moralisch verwerflich, wenn man den Import von embryonalen Stammzellen zulässt, die Forschung an ihnen und somit die Tötung der Embryonen.

Falsches Argument

Oftmals führten die Befürworter eines Imports an, dass man das Wissen aus anderen Ländern nutzen sollte und besser noch in Deutschland eigene Erkenntnisse gewinnen sollte, man habe ja auch die Ergebnisse, der medizinischen Forschung der Nazis, bei der Menschen brutalst zu Tode gequält wurden, ja auch nicht in den Papierkorb geworfen. Es ist richtig, dass dies nicht geschehen ist, aber warum tun sich die Politiker so schwer damit, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Ich möchte die Parallele zwischen Embryos und den Opfern Mengeles & Co. nicht zu eng ziehen. Die Nazis töteten Menschen, die Schmerzen fühlen konnten und unter den Forschungen litten. Embryonen hingegen spüren nichts, aber sollten wir unsere moralischen Maßstäbe nicht höher ansetzen, wenn wir vorgeben aus der Vergangenheit gelernt zu haben. Nur weil ein Embryo nichts fühlt, bedeutet dies noch lange nicht, dass man ihn töten kann. Ein Arzt, der einen Patienten in Narkose tötet ist genauso ein Mörder, wie jemand der einen andern erschossen hat.

Ablehnung

Die Gruppierung im Bundestag, die den Import vollständig ablehnte, vertrat die Sichtweise, dass der Mensch immer "Subjekt", aber niemals "Objekt" sein sollte, wie es der Unionspolitiker Hermann Kues formulierte. Man betonte, dass Embryonen menschliches Leben sein und deshalb schützenswert sind. Vollkommen zu Recht wollte man keine Änderung des Embryonenschutzgesetzes, die dazu führt, dass Embryos dem Fortschritt blauäugig geopfert werden.
Die Gruppe um Kues legte das Augenmerk vielmehr auf die Forschung an adulten Stammzellen. Zur Gewinnung von adulten Stammzellen müssen keine Embryonen getötet werden, da sie, wie es ihr Name verrät, aus Zellen von Erwachsenen gewonnen werden, die dabei keinen Schaden erleiden. Zwar sind diese Stammzellen nicht so uneingeschränkt für medizinische Verwendung nutzbar, wie die embryonalen Stammzellen, doch mit einem Mehraufwand an Forschung, ließe sich dieser Rückstand bald aufholen.

Der Kompromiss?

Das Hauptaugenmerk des Kompromissantrags, der von der Vorsitzenden der Enquete-Kommission, Margot Renesse, federführend gestaltet wurde sieht vor, dass nur Embryos importiert werden dürfen, die zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Antrags bereits vorhanden sind. Das hört sich zunächst ganz gut an, da man gewissermaßen nur überzählige Embryonen töten würde.
Doch auch hier zeigt sich die naive Haltung gegenüber der Wissenschaft, die mit Sicherheit nicht mehr mit den Forschungen an embryonalen Stammzellen aufhören wird, wenn sich erste Erfolge eingestellt haben, egal ob noch überzählige Embryonen vorhanden sind oder nicht. Auch die Kontrolle der Regelung dürfte schwierig sein. Dies scheint vor allem wahrscheinlich, wenn man betrachtet, dass man weder in der Lage ist den Verkauf von BSE gefährdetem Fleisch zu verhindern noch Umweltstandards zu kontrollieren. Wie will man da das Importverbot, nach dem Verbrauch der Embryonen durchsetzen.

Fazit

Man sollte sehr vorsichtig sein, wenn man den Antrag von Renesse, der sich durchsetzten konnte, als Kompromiss bezeichnet. Vielmehr ist es so, dass er der Anfang vom Ende der Beschränkungen des Imports ist. Es sollte verhindert werden, dass die Türen zur Ausschlachtung menschlichen Lebens weiter geöffnet werden. Die Politik ist gefragt, ihre Entscheidungen nochmals zu überdenken, denn wenn es um menschliches Leben geht, dann sind die Fragen über Wettbewerbsfähigkeit und den Forschungsstandort Deutschland sekundär.

M.P.