Politik

Klonen

Sind die Dämme schon gebrochen?

Die USA sind ein Land voller Widersprüche. Beispiel gefällig? Einerseits sieht man sich als "Hort der Freiheit und Demokratie", andererseits können Neonazis von dort aus straffrei ihre braune Propaganda bis nach Deutschland verbreiten.

Auch im Streit um die Zulässigkeit des Klonens von Menschen geben "die Staatenquot; wieder beste Munition für Diskussionen. Da beschließt das US-Repräsentantenhaus mit republikanischer Mehrheit ein Klonverbot. (Die Bestätigung der Gesetzesvorlage im Senat steht freilich noch aus.)
Andererseits lassen sich Wissenschaftler der Firma Advanced Cell Technology (ACT) aus Worcester/Massachusetts feiern, weil ihnen im Herbst letzten Jahres ein Durchbruch bei der Erzeugung von geklonten menschlichen Embryonen gelang.

Einen ausführlichen Bericht darüber liefert beispielsweise die Januar-Ausgabe von "Spektrum der Wissenschaft". Eine interessante Lektüre auch vor dem Hintergrund der in Deutschland anstehenden Entscheidung über die Zulässigkeit des therapeutischen Klonens.

Reproduktives und therapeutisches Klonen

In "good old germany" wird es (noch?) als Allgemeingut angesehen, dass - wenn überhaupt - nur diese Klonvariante erlaubt werden sollte. Dieses Verfahren soll zur Gewinnung von embryonalen Stammzellen dienen, die wiederum in ferner Zukunft einmal für Ersatz von "verbrauchten" Zellen etwa des Herzmuskels (nach einem Herzinfarkt) oder des Nervensystems (bei Krankheiten wie Parkinson) sorgen könnten.
Das reproduktive Klonen, also die Erzeugung von genetisch identischen Menschen, sollte dagegen schon wegen des drohenden Missbrauchs verboten bleiben.
Wie schmal aber der Grat zwischen diesen beiden vermeintlich gut unterscheidbaren Klonvarianten ist und wie wenig das deutsche Allgemeingut tatsächlich Allgemeingut der Menschheit ist, zeigt der Artikel der ACT-Forscher in Spektrum der Wissenschaft.

Die US-Wissenschaftler weisen zwar ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei ihren Versuchen um therapeutisches Klonen handele. Interessant ist aber, warum sie das reproduktive Klonen (derzeit) ablehnen. Hier zählen in erster Linie nicht moralische Bedenken wegen des möglichen Missbrauchs. Nein, man glaubt, dass "das reproduktive Klonen derzeit noch zu große Risiken für Mutter und Kind birgt."

Moralischer Dammbruch

Ein Teil der deutschen Politiker sowie die Kirchen und andere Organisationen stehen auch der Freigabe des therapeutischen Klonens extrem kritisch gegenüber, weil dies zu einem moralischen Dammbruch führen könnte.

Tatsächlich stellt sich die Frage, ob die Dämme nicht schon längst unterspült und marode sind. Denn es gibt ja längst Gruppen wie die Raëlianer-Sekte in Kanada oder den italienischen Reproduktions-Mediziner Severino Antinori, die gegen das reproduktive Klonen weder technische noch moralische Bedenken haben.

M.W.