Satire

Die Stunde der Patrioten

Deutschland stößt gegen Usama bin Ladin an

Wir schreiben das Jahr 2003. Ganz Europa ist von Terroristen bedroht. Ganz Europa? Nein! Ein kleines, "glückliches" Land hört nicht auf, den fundamentalistischen Aggressoren Widerstand zu leisten. Das deutsche Volk, gierend nach Sicherheit, hat dem Sicherheitskabinett alle exekutiven, legislativen, judikativen, publizistischen und touristischen Vollmachten erteilt.
Kriegskanzler Schröder, Innenminister Schilly, Verteidigungsminister Rudolf ("Bin Baden") Scharping, Arbeitsminister Riester, Protektoratsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (zuständig für die von der Bundeswehr befreiten Gebiete Afghanistan, Kosovo und Berlin-Kreuzberg), Finanzminister Eichel und Außenminister Joseph Fischer (alle SPD) erörtern die Lage.

Schröder: Rudolf, nun hör endlich auf, mit dem Marschallstab herumzuspielen, und hör zu! Basta!
Scharping (dessen selbstkreierte Marschalluniform entfernt an zentralafrikanische Marschalluniformen erinnert, zackig): Jawoll, mein Kanzler!
Schröder: Das ist gut so. Männer - Heidemarie, Klappe halten! -, die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos. Nachdem auf der Suche nach Usama bin Ladin etwa ein F¨nftel der Weltbevölkerung nun im Bürgerkrieg lebt, müssen wir langsam überlegen, was zu tun ist, wenn der Kerl nach der bisher erfolglosen Treibjagd durch Afghanistan, Iran, Irak, Türkei, Griechenland, Albanien, Kosovo, Serbien, Kroatien, Slowenien und Österreich zu uns kommen sollte. Ich warte auf Vorschläge.
Alle: Sicherheitspaket 9!
Otto ?zero tolerance? Schily: Ich habe da folgende Sachen im Angebot: Sofortige Bewaffnung des Bahnbegleitpersonals. Aktive Kontrolle des Hausmülls vor allem islamischer Familien durch die Müllabfuhr, um Schläfer aufzuspüren. Das impliziert natürlich eine strenge Ausbildung und Überprüfung aller Müllmänner, deren Verbeamtung ich dringend empfehlen würde, was auch alle Ausländer von diesem sicherheitssensiblen Bereich ausschließt. Genau wie wir es im Sicherheitspaket 8 mit den Putzfrauen gemacht haben. Zur Not muß die Polizei halt einspringen und den Müll selber abfahren.
Riester: Aber die Gewerkschaft der Polizei mault doch jetzt schon - von wegen zu wenig Polizisten, Arbeitsüberlastung etc.
Schröder: Ich kenne keine Gewerkschaften, sondern nur noch Deutsche. Und überhaupt, in Zeiten terroristischer Bedrohung und der Gefahr durch Schläfer können so Bagatellen wie Raub, Mord und Erpressung halt nicht länger verfolgt werden. - Rudolf!
Scharping (schreckt hoch): Ja, mein Kanzler?
Schröder: Du Schläfer! Bericht zur Lage, bitte!
Scharping: Die Beschränkung des Zivildienstes auf Frauen hat die Zahl der männlichen Verweigerer aus Gewissensgründen auf Null sinken lassen.
Wieczorek-Zeul: Ich habe immer noch Bedenken!
Schröder: Ich nicht. Weiter, Rudi.
Scharping: Allerdings ist unsere Logistik an gewisse Grenzen gestoßen. Unsere Grünen haben Transportprobleme.
Fischer (beflissen): Ich dachte, die sitzen alle im Bau?
Scharping: Ich meine doch meine Truppe, nicht deine alte, dieses subversive Konglomerat aus Steineschmeißern und Polizistenduzern. Apropos Steineschmeißen ...
Fischer (hastig): Bitte weiter in der Tagesordnung. Außerdem habe ich mich rechtzeitg 25 Jahre danach entschuldigt!
Scharping: Also, unser Kommando Spezialkräfte, das KSK, sollte eigentlich mit den Transalls nach Klagenfurt fliegen, um dort die Jagd nach Usama bin Ladin fortzusetzen. Leider sind unsere einzigen beiden intakten Transalls ja von den Amerikanern als aktive Unterstützungsleistung angefordert worden, um ihre Armeemuseen um besonders skurrile Einzelstücke zu bereichern. (droht mit dem Marschallstab) Wir verlieren diesen Konflikt, wenn wir nicht endlich modernisieren!
Schröder (zwinkert ihm zu): Keine Sorge, warte bis nachher, ich hab da was Feines für dich ... du wirst deinen Spaß dran haben.
Scharping: (besänftigt): Eigentlich wollte das KSK mit der Bahn nach Klagenfurt schicken. Der ICE wäre aber zu teuer und außerdem zu langsam gewesen, da er ja auf Güterzüge warten muß.
Schröder: Und warum können wir unsere Güterzüge nicht beschleunigen?
Fischer: Neben unseren eigenen Lebensmüden werfen sich jetzt auch vermehrt arabische Selbstmordattentäter auf die Gleise, um unser Schienennetz zu sabotieren. Die ewigen Betriebsstörungen kauft uns langsam keiner mehr ab. Aber wie kommt das KSK jetzt nach Klagenfurt?
Scharping: Wie schon. Mit Hilfe der Amerikaner. Wie immer.
Schröder: Wie, Amerikaner? Wie kriegen noch nicht mal in Europa eine kleine Landsertruppe wesentlich über den Weißwurstäquator hinaus? Besser, sie fahren mit ihren Privatwagen.
Eichel: Hallo, dann gibt?s aber keine 20 Cent Kilometerpauschale!
Scharping (seine Ungeduld mühsam bezähmend): Mein Kanzler, sag an, was hast du für mich? Einen neuen Orden? Neue Nasen für die Spürpanzer? Neue Flugzeuge für Mallorca?
Schröder: Viel besser.(räuspert sich) Einer meiner leider unterschätzten Vorgänger, Wilhelm II., hat weitsichtigerweise die Sektsteuer eingeführt (Eichel nickt heftig), um die deutsche Kriegsmarine zu finanzieren (Eichel runzelt die Stirn). Um als gleichberechtigter Partner auf den Weltmeeren mitspielen zu können und um die Jagd auf Usama bin Ladin noch effizienter zu gestalten, habe ich mir ausgedacht, die Sektsteuer wieder ihrem ursprünglichen Zweck zuzuführen (Eichel schüttelt heftig den Kopf). Für meine Pläne eignet sich zudem die Cognak- und Branntweinsteuer besonders. Wißt ihr was: Wir bauen einen Flugzeugträger.
Eichel (japst, schnappt nach Luft und fällt ins Koma)
Schröder: Es wird nicht nur der erste fertige, sondern auch der erste rein sozialdemokratische Flugzeugträger. Er wird ?Willy Brandt? heißen, und selbstverständlich tauft Doris das Schiff. Das habe ich ihr versprechen müssen.
Scharping (springt unter heftigem Geklimper der Orden und Ehrenzeichen auf): Jawohl! Großartig, Gerhard, - äh - mein Kanzler! Und er sollte im westlichen Mittelmeer stationiert werden, in der Nähe von Mallorca.
Schröder: Ich habe mit namhaften Architekten und Schiffsdesignern gesprochen. Wir werden in drei Jahren den schönsten, schnellsten, elegantesten, sparsamsten, umweltfreundlichsten und größten Flugzeugträger Deutschlands haben. Er hat auch noch einen weiteren Vorteil: Da zu seiner Bedienung etwa 10.000 Soldaten notwendig sind, zum Bau etwa 250.000 und zum Stapellauf etwa 1,3 Millionen Arbeitslose, haben wir gute Karten, die nächsten Wahlen, die wir erlauben, zu gewinnen.
Riester: Wozu brauchst du 1,3 Millionen zum Stapellauf?
Schröder (unter Schenkelklopfen): Die schieben das Ding selbstverständlich vom Stapel - aber erst, nachdem Doris die Flasche zertrümmert hat.
Fischer (in alten Erinnerungen schwelgend): O Kanzler, welche Antriebsart hast du gewählt?
Schröder (beleidigt): Bestimmt keine Sonnensegel. Nein, selbstverständlich bringt mein Schiff mit Atomenergie Kraft auf die Westerwelle. (schaut in die versteinerten Gesichter) Haha! Ein Scherz.
Alle (lachen auf Befehl)
Riester: Mein Kanzler, die Pläne für die Willy Brandt - oder vielleicht besser: Genosse Willy Brandt -
Schröder: Papperlapapp.
Riester: - werden der deutschen Arbeiterbewegung gefallen. Aber welche Art von Flugzeugen sollen auf der ?Willy Brandt? starten und landen?
Scharping: Natürlich Boeings der LTU und Airbusse von unserer Flugbereitschaft.
Schröder (nickt anerkennend mit dem Kopf)
Zeitsprung. Acht Jahre später. Die ?Willy Brandt?, soeben fertiggestellt und von Andrea Schröder, achte und derzeitige Ehefrau des immer noch amtierenden Bundeskanzlers, mit einer großen und außerordentlich teuren Magnumflasche Sekt getauft, befindet sich auf Jungfernfahrt.
Doch leider rächte sich der östliche Schlingerkurs der ca. 4 Kilometer langen und 320 Meter breiten Willy Brandt. Voll ausgerüstet (27 Linienmaschinen der LTU) blieb der einzige deutsche Flugzeugträger derart unglücklich in der Meerenge von Gibraltar stecken, daß die Kontinente Afrika und Europa auf immer verbunden wurden, sehr zum Ärger der Spanier und Briten und zur Freude der marokkanischen Einwanderer. Ob die Bürgschaft des Landes NRW für die LTU aufrecht erhalten werden kann, ist noch nicht gewiß.

G.D./M.P./K.R./MiWi