Politik

Der Pott kocht

Bekommt Deutschland aus der Not heraus eine neue Metropole ?

Globalisierung ist das Schlagwort unserer Zeit. Globalisierung dient denn auch als kausale Begründung für Fusionen, Konzentrationen und Synergien, um eben in einer globalen Welt überhaupt zukünftig bestehen zu können. Kleinteiliges Denken gilt als rückwärts gewandt, man konzentriert sich zunehmend auf große und größte Einheiten.

Das Ende der Fahnenstange

In einer globalen Welt überlebt scheinbar nur der, der sich Größe und Stärke erfreut. In unserem föderalistischen Staatswesen gelten die Städte und Gemeinden mittlerweile als die schwächsten Glieder. Vor dem Hintergrund nicht nur wegbrechender Gewerbesteuereinnahmen und der stetig steigenden Last von Aufgaben, die von Land und Bund auf die Kommunen verlagert werden, ist das Ende der Fahnenstange mittlerweile bereits vielerorts erreicht. Nicht nur, daß man kaum noch über Gestaltungsspielraum verfügt, teilweise ist die gar Erfüllung von Pflichtaufgaben in Frage gestellt - trotz einem schon über die Jahre verfolgten Sparkurses und eines stetigen Personalabbaus.
Aber von den Kosten einmal abgesehen: Viele Aufgaben und Probleme lassen sich auf größerer und damit höherer Ebene auch im Sinne der Bürger eben besser regeln. Ein ganz praktisches Beispiel dafür bietet dafür die Abfallwirtschaft, bei der in unserer Region die Abfallwirtschaft Leverkusen (AWL) und der Bergische Abfallwirtschaftsverband (BAV) derzeit ihre Fusion über die Grenzen ihrer jeweiligen Gebietskörperschaften betreiben.
Ohnehin hat es Leverkusen als kleine Großstadt zwischen den beiden Oberzentren Köln und Düsseldorf nicht eben leicht, sich zu behaupten. Daneben spielt sich aber nur wenige Rheinkilometer abwärts, wo die Ruhr in den großen Strom mündet, zwischenzeitlich eine ganz andere Diskussion ab. Dort zeichnet sich die Situation neben den vorgenannten Umständen zudem noch wegen des Strukturwandels durch eine überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit und einen massiven, weiter voranschreitenden Bevölkerungsverlust aus.
Glaubt man den Prognosen, so droht dem Ruhrgebiet bis zum Jahr 2015 ein Verlust von 370.000 Einwohnern. Dies entspricht in etwa der Einwohnerzahl einer Stadt wie Wuppertal. Neben den damit verbundenen Steuerausfällen geht damit ein geschätzter Kaufkraftverlust von circa elf Milliarden Mark einher.
Die Probleme in einer derart verdichteten Region wie dem Ruhrgebiet lassen sich, wenn überhaupt, nur mittels einer übergreifenden Stadtentwicklungspolitik und durch gemeinsame gesellschafts- und sozialpolitische Ansätze lösen.
Diesbezügliche Überlegungen werden gegenwärtig unter dem Arbeitstitel "Ruhrstadt" an Ruhr und Emscher heftig und leidenschaftlich diskutiert. Dabei ist das Ruhgebiet weder geographisch noch politisch eine definierte Region. Es handelt sich vielmehr um ein künstliches Gebilde, welches Teile des Rheinlandes und Westfalens umfaßt und auch durch verschiedene Regierungsbezirke und Landschaftsverbände verwaltet wird.
Politisch gesehen verbindet diese Region als Klammer nur der Kommunalverband Ruhrgebiet (KVR), der jedoch in diesem Zusammenhang vorerst nur eine Art Vehikel darstellt und dazu gegebenenfalls dringend einer Aufwertung bedürfte.

6,5 Millionen Einwohner

Dennoch hat das Ruhrgebiet, der Kohlenpott, mit der Zeit eine eigene Identität entwickelt. Bezeichnete man sich früher als ein "Starkes Stück Deutschlandß, heißt es heute "Der Pott kocht". Während die CDU einen möglichen Verbund auf ein Kern-Ruhrgebiet beschränken möchte, favorisieren Stimmen in der SPD gar die Einbeziehung der Landeshauptstadt Düsseldorf und des mehr ländlich geprägten Kreises Mettmann, der im übrigen auch an Leverkusen grenzt. Dies liefe dann auf eine Einwohnerzahl von 6,5 Millionen Menschen hinaus.

Leverkusen muß sich positionieren

Fürwahr das Zeug, um im Konzert der globalen Metropolen mitspielen zu können, jedoch mit dem Makel behaftet, trotz unbestrittener Gemeinsamkeiten und Interessen keinen gewachsenen Raum, sondern ein künstliches Gebilde zu vertreten. Für die einzelnen Städte wäre dies ohne Frage mit dem Verlust von Kompetenzen und Einflüssen verbunden. Stadt- und Gemeinderäte würden vermutlich in ihrer Bedeutung auf die Zuständigkeiten gestutzt, wie sie in etwa den heutigen Bezirksvertretungen in den Großstädten entsprächen.
Im Zusammenhang mit dem europäischen Einigungsprozeß spricht man schon länger von einem Europa der Regionen. Es scheint so, daß dieser sicherlich sehr langwierige Prozeß die föderalistischen Strukturen unserer Republik ebenso langfristig wie nachhaltig verändern könnte.
Insofern wird sich Leverkusen innerhalb der Region Köln-Bonn positionieren müssen.