Editorial

Westen vs. Islam?

Eine Analyse der Beziehung von Islam und Westen nach dem 11. September

Uns allen sind die Eindrücke und Bilder des 11.September wohl noch bestens in Erinnerung, und zweifelsohne wird dies auch noch lange so bleiben. Waren es doch Eindrücke, die mit starken Emotionen verbunden waren, Trauer, Angst, Verständnislosigkeit, Wut und sogar Hass.
Die Frage, aus welchen Motiven Menschen solche Taten begehen und anderen Leid zufügen, die gesamte Weltordnung in Frage stellen und ob wir eine Mitschuld tragen an solchen Auswüchsen des Fanatismus, all das beschäftigt uns noch heute und wird es auch noch auf lange Zeit hinaus tun.
Es wird nicht so schnell vergessen werden wie die andauernden Anschläge der IRA oder der Palästinenser, man wird sich sogar noch länger an die Ereignisse des 11. September 2001 erinnern als an die Jahre der RAF, die ebenfalls eine reale und ernste Bedrohung für unsere pluralistische Gesellschaft war. Für diesen Effekt sorgt gerade die Bestrebung der Terroristen die bestehende Weltordnung verändern zu wollen.

Clash of Civilisations?

Ist dieser Konflikt wirklich ein Kampf der Kulturen, aus der nur eine als Sieger hervorgehen kann, da mehrere Kulturen nicht mehr parallel existieren und gedeihen können? Die Antwort lautet ganz klar: NEIN! Wir laufen Gefahr, den Terroristen genau in diesem Punkt in die Hände zu spielen. Wir dürfen uns auf gar keinen Fall von radikalen Kleingeistern davon überzeugen lassen, dass alle Moslems die westliche Welt für dekadent und verabscheuungswürdig halten.
Da dem schlicht und ergreifend nicht so ist. Denn jeder von uns kennt Menschen moslemischen Glaubens und kommt mit ihnen sehr gut klar. Die Erfahrungen des Alltags, in denen die Menschen unterschiedlichster Herkunft und Religionen in einem vereinten Europa friedlich zusammenleben, sollten uns doch eines besseren belehren.

Multi-Kulti = Lösung?

Allerdings wäre es die falsche Antwort, jetzt auf die multikulturelle Gesellschaft zu setzten, welche die Grünen favorisieren, da sie bloße Koexistenz bedeutet. Aber gerade die Parallelität der kulturellen Welten bedingt eine gegenseitige Ablehnung. Da man sich nur an der Oberfläche begegnet, ohne Vorurteile und Ängste abzubauen. Vielmehr ist es von Nöten, eine Überschneidung dieser Welten herbeizuführen, aber keinesfalls herbeizureden.
Denn jetzt dürften wir alle wissen, dass wir nicht ausreichend informiert sind über andere Kulturen, sonst hätte die Frage des Fundamentalismus wohl bereits viel früher eine viel größere Rolle in der öffentlichen Diskussion spielen müssen. Jedoch eine gegenseitige Befruchtung und ein reger Austausch der Kulturen und Religionen unter dem Dach der offen und demokratischen Leitkultur und Gesellschaft impliziert den Abbau von Konfliktpotential.
Denn wenn Kinder, die aus einem Elternhaus stammen, in dem der Fundamentalismus und seine Ideen geduldet werden, früh in Kontakt mit Menschen anderer Herkunft kommen, ist es möglich, sie indirekt davon zu überzeugen, dass die westliche Gesellschaft mit ihrer Demokratie, Souveränität, freiheitlichen Werten schlicht die pluralistische Gesellschaft ohne jeden Zweifel erhaltenswert ist und man sie nicht bekämpfen muss, sondern ihre Möglichkeiten als Individuum und als ganze Kultur zum Positiven nutzen sollte. Gleiches gilt aber auch für extreme Rechte und Linke, denn nur ein breiter öffentlicher Dialog, in den jeder und jede einbezogen wird, kann präventiv in Puncto Extremismus jeglicher Art wirken. Im Gegenzug ist es aber auch möglich, dass diejenigen, die noch nicht davon überzeugt sind, dass die radikalen Moslems eine kleine Minderheit sind, unter allen Moslems der Welt, genauso wie Rechtsradikale eine Minderheit unter den Deutschen sind, von diesem Fakt zu überzeugen.

Grundlagen des Fanatismus

Die Ursachen des islamischen Fundamentalismus sind sehr zahlreich, dennoch möchte ich versuchen, sie kurz zu umreißen. Ein Hauptgrund dürfte wohl der quälend lange Konflikt von Juden und Palästinensern in Israel sein, der in den vergangenen Jahren trotz diverser Friedensabkommen und Waffenstillständen immer wieder Todesopfer gefordert hat.
Der extremistische Teil der Palästinenser, der sich in radikalen Gruppen engagiert und Selbstmordattentäter als Märtyrer ansieht, geht einen gänzlich falschen Weg. Es wird niemals ein freies Palästina geben, wenn sich die Palästinenser nicht auf die Waffen der Diplomatie beschränken. Denn jedes Todesopfer in der israelischen Bevölkerung schürt den Hass auf die Palästinenser und stärkt die Position der nationalistischen Parteien.
Auf der anderen Seite dürfen wir Israel aber nicht nur als das arme Opfer ansehen, auch die Israelis begehen schwerwiegende Fehler. Man darf Israel aber auf keinen Fall das Recht auf Existenz absprechen, selbst wenn das Vorgehen der Juden gegen die Palästinenser oftmals mehr an Schikane als an Sicherheitsmaßnahmen erinnert.
So z.B. die Schließung der Grenzen, so dass viele Palästinenser nicht mehr zu ihren Arbeitspl&sauml;tzen gelangen und sich deren, ohnehin schlechte, wirtschaftliche Situation weiter verschärft. Das Kappen der Frischwasserversorgung, so dass die Palästinenser hohe Preise für Wasser aus Tankwagen bezahlen müssen oder die schlechte Situation der Palästinenser, die einst flüchteten und jetzt jämmerlich in Camps leben müssen. Man muss also festhalten, dass ein Weg den Terror zu besiegen, ein erfolgreicher Friedensprozess im nahen Osten ist. Damit sich internationale Terroristen nicht mehr dem Motiv des Freiheitskämpfers bedienen können. Die klassische Rolle der USA, die meist an der Seite Israels war, dürfte wohl letztlich den Zorn der Terroristen auf die USA geweckt haben. Hinzu kommt, dass die USA die einzige verbliebene Weltmacht sind, die überall auf dem Globus präsent ist und die Ziele, die ihr wichtig und richtig erscheinen, oft ohne Kompromisse verfolgt. Die Rolle der USA als vermeintlicher Repräsentant der westlichen Lebensweise, die in den Augen vieler Muslime dekadent ist, dürfte wohl den Hass der Radikalen gestärkt haben und dazu geführt haben, dass viele Menschen mit diesen Extremisten sympathisieren.
Ein dritter Hauptpunkt ist die Verschiebung des Konflikts zwischen Ost und West, der auf Grund verschiedener Ideologien fast vier Jahrzehnte andauerte, hin zu einem Konflikt zwischen Nord und Süd, dessen Hauptinhalt die Kluft von Arm und Reich ist.
Hinzu kommen aber noch zahlreiche andere Umstände, die zur Radikalisierung bestimmter Kreise in der muslimischen Welt geführt haben.
Der Hauptgrund schlechthin ist aber dennoch ganz einfach Macht!

Missbrauch einer Religion

Diesem Streben nach Macht ist es anzukreiden, dass der Islam im Westen von einigen Menschen nun als Feind angesehen wird. Aber es handelt sich um den Missbrauch des Islams, um sich hinter den Gesetzten und Lehren einer Religion verstecken zu können, die eigentlich den Frieden als eines der höchsten Güter ansieht. Somit wollen die Terroristen nicht den Zielen des Islam Geltung verschaffen, sondern ihren eigenen, um Einfluss auf eine große Anzahl von Menschen zu gewinnen und diese ausbeuten zu können. Denn ein Staat wie Afghanistan, in dem Menschenrechte mit Füßen getreten werden, Frauen wie Tiere behandelt werden und in dem seit über 20 Jahren Krieg herrscht, ist mit Sicherheit nicht im Sinne des Korans oder der islamischen Welt. Hier werden Koran und Scharia auf das sträflichste missbraucht, um die Macht eines brutalen, totalitären Regimes zu wahren.
Gerade weil so etwas nicht im Sinne des Islam ist, dürfen wir aber auch nicht von einem Kreuzzug reden. Denn ein Kreuzzug, wie wir ihn aus der Geschichte kennen, zielt eindeutig auf die Vernichtung des Islam und die Ausrottung aller Moslems ab, dies darf aber nicht das Ziel der westlichen Welt sein und wird es auch nicht werden.

Gegenmittel

Ein Gegenmittel gegen den Terrorismus und die Ablehnung des Westens durch viele Muslime ist wohl nur schwer zu finden. Dennoch ist ein Vorgehen wie die USA es derzeit betreiben zu begrüßen, nämlich eine Taktik mit vielen strategischen Mitteln.
Zwar versucht man auf der einen Seite die Terroristen um bin Laden durch militärische Schläge zu schwächen, was vollkommen legitim ist, aber man geht auch andere Wege.

So versucht man z.B. auch die Finanzen der Terroristen einzufrieren und sie somit zu schwächen aber insbesondere der Weg des Dialoges ist wichtig, da nur er ein auf lange Sicht hinaus den Frieden wiederherstellen und erhalten kann. Man sollte nie vergessen, wie es dem zumute ist, der einen Krieg verliert, wie die Taliban es tun werden. Wenn man diesem Verlierer zu harte Strafen zumutet, ihn gar demütigt, dann wird sich sein Hass auf den Gewinner steigern. Reicht man dem Volk aber die Hand, so wird es zu einem verlässlichen Partner.

Das beste Beispiel hierfür ist Deutschland und daran sollten wir uns alle erinnern!

M.P.