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Das Aus kam im Halbfinale

Unser ausführlicher Basketball-Saisonrückblick

Vor der vergangenen Saison hörte man relativ große Töne aus der Wilhelm-Dopatka-Halle. Das Ziel hieß, die Albatrosse aus Berlin so gut wie möglich zu ärgern und ihnen vielleicht gar ein Schnippchen zu schlagen, den Deutschen Basketball Pokal wollte man angreifen und in der Suproleague ins Achtelfinale vorstoßen.
Doch keines der drei Ziele wurde erreicht. Zwar startete man Dank der beiden Neuen John Best und Sascha Lockhmanchuk glänzend in die Saison, doch als es drauf an kam, versagte der Trainer und sein vermeidlicher Star.
Waren am Anfang der Saison die Gegner noch von Bests Fähigkeiten überrascht, stellten sie sich im späteren Verlauf immer besser auf ihn und das System der Riesen vom Rhein ein. Nach dem fünften Spieltag sah noch alles nach einem Zweikampf zwischen Berlin und Leverkusen aus. Schließlich mussten Teams wie die Frankfurt, Hagen, Braunschweig, Hamburg und Ulm recht deutliche Niederlagen einstecken.
Die erste Niederlage war deshalb um so schmerzhafter. Vor allem aber das Wie.
So brachten es die Jungs von Calvin Oldham fertig, satte fünfeinhalb Minuten gegen die X-Rays aus Würzburg nicht zu punkten. Doch dieser erste Warnschuss wurde wieder von Siegen gegen den MBC und einem deutlichen Erfolg in Oldenburg, bei dem John Best einen Saisonrekord mit 42 (!) Punkten aufstellte, überspielt. So sahen die Verantwortlichen auf der Bank nicht, dass das System "Ball zu Best und gucken was passiert" zum Scheitern verurteilt war.
Was nach dem Sieg in Oldenburg folgte, ging als schwarzer Dezember in die Saisonchronik des Vereins ein. Von fünf Pflichtspielen verlor man vier! Wobei die Bilanz in der Liga noch ernüchternder war. Niederlagen gegen Berlin, Trier und in Gießen bedeuteten das endgültige Ende des Zweikampfs zwischen den Riesen und Alba.
Das Spiel gegen Berlin zeigte, was ein Spitzenteam braucht und was Bayer in dieser Saison nicht hatte. Zum einen eine Starting Five, in der jeder Spieler punkten und rebounden kann, und zum anderen die Fähigkeit, einen deutlichen Rückstand aufzuholen, in Führung zu gehen und diese nicht mehr abzugeben. Sprich, es mangelte zu oft an der Konzentration einiger Spieler.
Die Folge war eine deutliche Klatsche gegen Berlin, eine unnötige Niederlage gegen den TVG Trier und eine "Wir holen zwar auf, aber schenken dem Gegner den Sieg"-Niederlage gegen Avitos Gießen. Gerade im letztgenannten Spiel waren die Mängel der Konzentration, des Willens und sicherlich auch der Kraft zu spüren. Das Team verschlief die erste Halbzeit komplett, bevor Mike Hansen mit einer wahren "Dreierorgie" den Ausgleich und gar die Führung schaffte.
Doch ein starkes Viertel reicht vielleicht gegen einen Regionalligisten, aber nicht gegen eine Mannschaft, die zu den besten fünf in der BBL gehört. Es musste demnach die dritte Niederlage im dritten Ligaspiel im Dezember folgen.
Ins neue Jahr starteten die Riesen vom Rhein dafür um so erfolgreicher. In der Suproleague wurde dem italienischen Vertreter aus Pesaro deutlich die Grenzen aufgezeigt, und auch in der Liga und im Pokal gelangen überzeugende Siege.
So schlug man mit einiger Mühe das von Verletzungen geplagte Rumpfteam (der Gegner trat gerade mal mit acht Spielern an) aus Frankfurt, um dann den Telekom Baskets Bonn das erste Mal in dieser Saison zu zeigen, wer den Rhein regiert. Dabei zeigte John "simply the" Best eine Gala! Fast im Alleingang führte er sein Team zu einem überzeugenden 93:72 Sieg.
Der Auswärtssieg in Hagen und die Revanche gegen Gießen im Pokal machten den Fans endgültig wieder Mut auf einen Titel.
Auffällig waren in dieser Zeit besonders die sehr starken Leistungen von Aufbauspieler Chuck Evans. Diese blieben aber über weite Strecken des Jahres Mangelware. Die nicht vorhandene Konstanz auf der Position des Spielmachers machte es fast unumgänglich, dass die Saison doch eher ein Flop wurde.
Zumal auf der Bank ein gleichwertiger Ersatz fehlte. Schließlich plagte sich Goran Kovacev die meiste Zeit der Saison mit Verletzungen herum oder wurde vom Trainer, unverständlicherweise, zu selten mit Spielzeit bedacht. Mit Gordon Geib stand Calvin Oldham zwar ein sehr talentierter, doch aufgrund seines Alters (17 Jahre) auch ein sehr unerfahrener Spieler zur Verfügung.
Nach dem erfolgreichen Auftakt ins neue Jahr plätscherte man so dahin. Immer die Konkurrenz aus Bonn im Nacken oder direkt vor der Nase.
Mal verloren die Riesen unglücklich in Berlin, dann wieder völlig verdient zu Hause gegen Oldenburg, um in Trier wieder wie ausgewechselt zu spielen.
In jenem Spiel zeigte sich Chuck Evans mal wieder von seiner Schokoladenseite. Schließlich spielte er mit Charlie Brown gegen einen der besten Point Guards der Liga. Genau dort sahen die Fans des TVG die Chance ihrer Mannschaft, doch Evans machte ihre Träume von einem Sieg zunichte, indem er eine alles überragende Defense spielte. Allein deshalb konnte Charlie Brown nicht wie gewohnt seine Dreier "from Downtown" werfen.
Am Ende standen für Evans 17 Punkte, 5 Rebounds, 4 Steals und 6 Assits zu buche, während Brown nur 8 Punkte und 5 Volagen beisteuern konnte.
Seine Revanche folgte jedoch zwei Wochen später, beim Final Top in Frankfurt. Als es im Halbfinale drauf ankam, war Brown da und schenkte Bayer 32 Punkte und 9 Assits ein.
So endete die erwartete Party Leverkusens schon im Halbfinale. Bezeichnender Weise war in diesem Spiel absolut nichts von John Best zu sehen. Seine miserable Trefferquote aus dem Feld (gerade mal 32%) war, neben der geschlossen schlechten Mannschaftsleistung, einer der Hauptgründe für die Niederlage der Riesen vom Rhein, die an diesem Wochenende zu den Zwergen von der Dhünn mutierten.
Mit dem Wissen, versagt zu haben, mussten Calvin Oldham und der Kapitän, welcher gleichzeitig das Herz und die Seele des Teams ist, Steven Hutchinson, die Mannschaft wieder aufbauen. Schließlich stand das Duell mit dem alten Rivalen aus Bonn auf dem Programm.
Mit Glück, Geschick und drei Spielern, die, die Partie entschieden, schickte man die Baskets zum zweiten Mal in dieser Saison mit einer Niederlage zum Duschen und stellte ihre teilweise fanatischen Fans ruhig: Mike Hansens Vierpunktespiel im Dritten Viertel zum erstmaligen Ausgleich, Markku Larkios Dreier 39 Sekunden vor Schluss zur erstmaligen Führung und John Bests Freiwürfe zum endgültigen Sieg waren die Szenen, welche die 250 mit gereisten Bayer Fans in Ekstase versetzten.
Nach dem so enttäuschenden Wochenende in Frankfurt hatte kaum jemand auf einen Sieg in Bonn zu hoffen gewagt. Um so größer war die Freude als John "simply the" Best die "Kopf ab"-Geste zelebrierte, weil nichts auf der Welt das Geschehende besser beschrieb. Die Bonner hatten ihn umsonst beschimpft und provoziert. Sie waren am Boden zerstört!
Es folgten die Playoffs.
Während Alba Berlin im Duell gegen die Frankfurt Skyliners überraschend die zweite Niederlage der Saison einstecken musste, sich aber dennoch mit 3:1 durchsetzte, gaben sich die Telekom Baskets Bonn und der TSV Bayer 04 Leverkusen keine Blöße.
Bonn besiegte Braunschweig in drei Spielen, die zwar allesamt kurzzeitig auf der Kippe standen, aber am Schluss mit sicheren Siegen für das Team um Mike "Air" Miller ausgingen.
Bayer hatte etwas mehr Mühe. Gegen den Lieblingsgegner aus Weißenfels (Bilanz 6:0 Siege in dieser Saison und 9:0 Siege insgesamt) tat man sich in der ersten Begegnung recht schwer. Doch Aufbauspieler Demirel, der Amerikaner C.C Harrison und Publikumsliebling Rade Milutinovic konnten den aus familiären Gründen nach Amerika abgereisten Center und Toprebounder der BBL, Chris Emmsinger, nicht ersetzen.
Bayer gewann letztlich mit 20 Punkten. Eine starke Leistung zeigte dabei wieder der Ukrainer Sascha Lokhmanchuck, der 20 Punkte, 9 Rebounds sowie drei Blocks machte.
Im darauffolgenden Auswärtsspiel in Spergau war einer der kleinsten im Team der Riesen vom Rhein der größte. Mike Hansen schaffte das Kunststück, JEDEN seiner 9 Wurfversuche (darunter 7 (!) Dreier!) zu treffen. Mit 27 Punkten führte er sein Team zum 2:0.
Im dritten Spiel drohte die Weiße Weste einen Flecken abzubekommen, weil der Shooting Guard des MBCs, C.C Harrison, dermaßen heiß lief, dass die rund 2500 Zuschauer in der Wilhelm-Dopatka-Halle nicht so recht wussten, ob sie staunen oder Angst um ihr Team haben sollten.
Schließlich war es Goran Kovacev vorbehalten, mit drei wichtigen Dreiern Leverkusen in Führung zu halten und das Publikum mit seiner Spielweise mitzureißen.
Nach der Pause erfolgte einer der ganz wenigen taktisch sehr klugen Spielzüge von Coach Oldham. Denn er ließ nicht mehr den kleineren Mike Hansen gegen Harrison verteidigen, sondern setzte den finnischen Defensespezialisten Markku Larkio auf ihn an. Dieser machte den vor der Pause überragenden Guard aus Weißensfels komplett zu und erf6uuml;llte damit seine Aufgabe mit Bravour! Machte C.C. in Halbzeit eins noch 29 Punkte, waren es in Halbzeit zwei nur noch deren acht. Bayer sicherte sich den Sieg und sweepte (Sweep = eine Serie zu null gewinnen) den MBC in der Serie.
Am spannendsten war es im Duell zwischen dem Viert- und Fünftplazierten.
Gießen führte nach Siegen in Würzburg und in heimischer Halle überraschend deutlich mit 2:0 Siegen. Dann startete das Team der jungen Wilden aus Würzburg eine furiose Aufholjagd. Das dritte Spiel wurde in Gießen nach einem 15-Punkte-Rückstand noch in der Verlängerung gewonnen, bevor man das vierte Spiel in der Carl Diem Halle verlor.
Im Duell zwei nahezu gleich starker Teams war letztlich Gießen das glücklichere, stand im Halbfinale und verlor dort erwartungsgemäß 3:0 gegen den Favoriten aus Berlin.
Die Augen der Basketballfans richteten sich aber ohnehin auf das Duell der Baskets und dem TSV Bayer 04 Leverkusen. Im "Rheinische Krieg" gingen "Die Riesen vom Rhein" bekanntermaßen völlig unter.
Was Bonn praktizierte, waren drei Lehrstunden für Calvin Oldham, der in der gesamten Saison zu sehr auf John Best vertraute und gleichzeitig dem Rest des Teams keine Verantwortung gegeben hatte. Jetzt war der Zeitpunkt des endgültigen Scheiterns seines Systems gekommen.
Best hielt dem Druck der Baskets nicht stand, und als der Rest der Mannschaft Bests Schwäche kompensieren musste, waren seine Mannschaftskameraden so überrascht, dass sie es einfach nicht schafften.
Miller, Beechum und Co. machten es hingegen vor. Ball unter den Korb, das Doppeln abwarten, den Ball zum Freistehenden passen und wooops, krachte es im Leverkusener Korb. Meistens auch noch für Drei.
Bayer hingegen spielte weiter seinen Stiefel runter, der da hieß: Ball einfach nur zu John Best passen. Einmal den Ball in seinen Händen, gab er diesen auch nicht wieder her. Warum auch? An der Dreierlinie standen ja nur mit Chuck Evans, Mike Hansen und Markku Larkio (oder Goran Kovacev) drei exzellente Schützen.
Doch Best versuchte auf Deuwel komm raus sich durchzusetzten. Der Trainer tat nichts dagegen. Am Ende schlich man in der Bonner Hardtberghalle wie ein Rudel geprügelter Hunde vom Parkett, während links und rechts von ihnen die Fans trauerten.
Das Finale war regelrecht Balsam auf die geschundenen Seelen der Fans der Riesen vom Rhein. Alba Berlin fertigte die Telekom Baskets Bonn mit 3:0 deutlich und schnell ab. Spiel eins und zwei waren so, als ob da ein Team aus der NBA gegen eine Schülerauswahl antreten würde.
Erst das dritte Spiel vermochte Spannung zu erzeugen. Bonn führte bis eine Minute vor Schluß. Doch dann kam der Auftritt des legendären Icemans, Wendell Alexis. Mit Center Dejan Kutourvic und Aufbauspieler Marko Pesic saßen zwei wichtige Spieler verletzt auf der Bank.
So entstand die Führung der Bonner, die überraschender Weise in diesem Spiel sehr, sehr gut mithalten konnten.
Doch als Bonn mit zwei führt, den Ball hat, diesen aber nicht im Korb von Berlin unterbracht, läuft das Fastbreak. Wendell Alexis bekommt den Ball in der Mitteldistanz zum Bonner Korb. Doch er nimmt nicht den sicheren Wurf, sondern guckt auf den Boden, geht einen Schritt nach hinten, steht damit hinter der Dreierlinie und schießt den Dreier mitten ins Gesicht des Bonner Forwards Sinisa Kelecevic.
Nun hat Bonn den Ball, aber nicht lange.
Der Kapitän der Deutschen Nationalmannschaft Hendrik Rödel klaut Hurl Beechum den Ball und vollendet das nächste Fastbreak per Slam Dunk!
Das war`s. Alba Berlin ist zum fünften mal hintereinander Deutscher Meister!
In Leverkusen freute man sich zwar nicht für die Berliner, sah jedoch die niedergeschlagenen Gesichter der Bonner mit Genugtuung und jeder Menge Schadenfreude!
Für die neue Saison ist eine Nachricht die wichtigste: John Best hat seinen Vertrag in Leverkusen um zwei weitere Jahre verlängert! Auch Sascha Lokhmanchuck hätte man gerne halten, was aber an seinen Willen auf höchster europäischer Ebene zu spielen scheiterte. So spielt Bayers Bester der letzten Saison im nächsten Jahr in Frankfurt, weil die dortigen Skyliners in der Euroleague (Die Championsleague des Basketsballs) und nicht wie Bayer im Korac Cup (Vergleichbar mit dem UEFA Cup) spielen.
Zwei andere Spieler bekamen keinen Vertrag mehr. Cuck Evans wurde erwartungsgemäß der Laufpass gegeben. Für ihn kommt der 30jährige Amerikaner Darnell Mee!!! Dieser besitzt zwei Jahre NBA Erfahrung (1993- 1995 bei den Denver Nugets), spielte die letzten Jahren in Australien bei den Adalide 36ers und war dort nicht nur Publikumsliebling, sondern auch Starspieler.
Mit seiner Größe von 1,98 Meter ist er die ideale "Waffe" gegen die Berliner Phelps und Pesic.
Dass Publikumsliebling Markku Lariko keinen neuen Vertrag war eine Überraschung. Die Begründung des Coaches war, dass er sich mehr spielerische Akzente auf Markkus Position wünsche. Die Frage ist, wen Oldham sich denn auf dieser wünscht.
Denn Markku Larkio war es, der den entscheidenden 3er gegen Bonn am letzten Spieltag schoss, der Bayer im letztjährigen fünften Playoff-Halbfinalspiel gegen Frankfurt rettete und der, wann immer er in der Defense gefordert war, seinen Job machte, ohne je der Star sein zu wollen.
Wen wollen die Verantwortlichen also haben?
Auch alle drei Center müssen den Verein verlassen, wobei vor allem mit Hrovje Henjak den Fans ein weiterer Lieblingsspieler entzogen und dem Team fehlen wird.
Als Ersatz holte man sich Jürgen Malbeck. Dieser soll jedoch nur als Back-up für einen weiteren "B- Bosmann" fungieren. Manager Deuster steckt mitten in den Verhandlungen mit dem 2,04 Meter "kleinen" Center und wird den Namen erst bei Vertragsunterzeichnung bekannt geben.
Das war sie also, die Saison 2000/2001.
Wie ihr seht, laufen die Planungen für die am 5.10. beginnende Saison auf Hochtouren.
Mal schauen, ob sich der eine oder andere weitere Spitzenspieler in Leverkusen niederlässt. Ihr werdet es erfahren!
In diesem Sinne wünsche ich Euch noch viele schöne Sommertage, bevor es im Herbst wieder in die Halle geht um einen erneuten Anlauf auf die Deutsche Meisterschaft zu nehmen!

C.M.