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20 Jahre nach Reagan: Vereinfachung des deutschen Steuerrechts?

Wenn die USA heute wirtschaftlich eine lange Schönwetterperiode hinter sich haben, so mag das ja an der technischen Revolution liegen, an der amerikanische Unternehmen führend beteiligt waren.
Doch ein weiterer Grund lag in der Steuerreform des US-Präsidenten Ronald Reagan (1981-1989). Das US-Steuerrecht wurde damals nach den schlichten Ideen des früheren Western-Schauspielers vereinfacht. Statt hoher, kompliziert zu berechnender Steuersätze gab es nur noch drei Stufen. Viele Ausnahmetatbestände wurden gestrichen. Die Steuersätze wurden im Gegenzug gesenkt. Insgesamt, so ein Kommentator, wurde der Dschungel Steuerrecht zwar nicht zu einem Park, aber doch zu einem gut gepflegten Wald.
Die Folgen kann man heute an den durchschnittlichen Steigerungen sowohl der Börsenkurse als auch der Erwerbsquote ablesen.
Wahrscheinlich war diese Idee den Deutschen viel zu einfach. Doch ein hochkarätiges Gremium, angeführt vom früheren Bundesverfassungsrichter Kirchhof, auf dessen Konto mehrere bahnbrechende Urteile im Steuer- und Familienrecht gehen, machte jetzt sehr konkrete Vorschläge für ein neues Steuerrecht, die verblüffend den Ideen des früheren US-Präsidenten ähneln: Steuersätze zwischen 15 und 35%, radikale Entlastung für Ehe und Familie, Streichung der Sparerfreibeträge und der ausufernden Werbungskostenabzugsmöglichkeiten und die Eliminierung von Steuersparmodellen. Das Einkommensteuerrecht soll aus nur 21 Paragraphen bestehen und so vereinfacht werden, daß es für jeden verständlich ist.
20 Jahre nach Ronald Reagan besinnt sich Deutschland darauf, sein völlig unüberschaubares Steuersystem zu reparieren. Weitgehende Zustimmung war der Kirchhof-Kommisssion sicher, wenn auch prompt die SPD etwas von "sozialer Schieflage" brummte. Doch schon mit einer Vereinfachung wäre mehr für Gerechtigkeit getan als mit weiteren ausgefeilten Verschlimmbesserungen.

Man spricht holländisch

Dieser Tage kam der holländische Minister für Integration (!) und Stadtentwicklung, van Boxtel, nach Berlin und informierte dort über die Ausländer- und Integrationspolitik unserer Nachbarn.
Vor allem die dort seit drei Jahren obligatorischen Sprachkurse für Zuwanderer und Asylbewerber sind in Deutschland auf Interesse gestoßen, wo doch die Frage, ob man solche Kurse vorschreiben darf, hier hoch umstritten ist.
Van Boxtel konnte dies nicht verstehen. Über diese Frage herrsche in den Niederlanden Konsens. Wer sich dem Sprachkurs entziehe, müsse mit Kürzung bei der Sozialhilfe oder mit Geldbußen rechnen.
Aber auch den schon länger in den Niederlanden lebenden Ausländern - vor allem Türken, Marokkaner und jene aus den früheren Kolonialgebieten Indonesien, Surinam oder den Antillen - werden Kurse auf freiwilliger Basis angeboten, die anscheinend auf großes Echo stoßen.
Die Erfolge der pragmatischen niederländischen Linie sind beachtlich. Die Arbeitslosigkeit unter den Ausländern ist gesunken, die Integration hat sich verbessert.
Billig ist dies alles allerdings nicht: Der Staat bezahlt für die obligatorischen Sprachkurse 500 Millionen und für die freiwilligen 200 Millionen DM im Jahr. Doch dieses Geld dürfte gut angelegt sein.
Wer als Ausländer in Deutschland Asyl sucht oder aus wirtschaftlichen Gründen kommt, sollte schon aus eigenem Interesse die Landessprache lernen. Integration wird nur möglich sein, wenn man sich verständigen kann. Daher sollte man hier dem guten niederländischen Beispiel folgen. Wie sagte van Boxtel: "Wir hätten es schon vor 30 Jahren machen sollen."

G.D.