Politik

Politik im Medienzeitalter

Die FDP und ihre Spitze

Jetzt hat es die FDP endlich geschafft, den Sprung zur angehenden Volkspartei. Mit der Wahl von Guido Westerwelle zum FDP-Vorsitzenden, soll eine neue Ära in der Geschichte der Liberalen anbrechen. Allerdings ist das so eine Sache mit dem Volkspartei-Sein. Lange Zeit hat die FDP versucht, auf eine seriöse Weise die Gunst des Wählers zu erlangen, doch nur wenige schenkten der FDP auch diese Gunst, und so muss man sich wohl irgendwann in der jüngeren Geschichte der FDP gedacht haben: Seriosität, wozu?

Tele Tubbie Stil

Ein gewichtiges Problem der FDP ist, dass sie lange Zeit unter dem Verlust ihrer Glaubwürdigkeit litt. Gründe hierfür war ihre Exklusivität, die sie in den Augen der Wähler hatte. Die Liberalen galten lange Zeit als eine Partei der Reichen, die jegliche Bodenhaftung verloren hatte. Allerdings hatte die Partei zu Zeiten eines Klaus Kinkels noch Profil, das sich zwar mit Wolfgang Gerhardt abschwächte, der eher der biedere Politikertyp war, aber dennoch war sie eine Partei, die durchaus brauchbare Konzepte und Ideen besaß. Aber die eigene Basis, mag sie auch noch so klein sein (man munkelt, dass sich 99,7% der FDP-Mitglieder persönlich kennen), zweifelte wie die Bürger an den eigenen Fähigkeiten. Und wie es nun mal so ist, wenn man sich im Dunkeln verirrt hat und die Hand nicht mehr vor Augen sieht, orientiert man sich an Stimmen. Einer, der für lange Zeit am lautesten schrie, war und ist Jürgen Möllemann, Vorsitzender der FDP in NRW.

Falscher Weg

Mit der Orientierung an Jürgen Möllemann wurde bereits ein völlig falscher Weg eingeschlagen, zumindest was die politische Arbeit angeht. Zwar hat Jürgen Möllemann mit seiner medienwirksamen 18%-Kampagne die Augen der Öffentlichkeit für einige Momente wieder auf die FDP gelenkt, doch hat er so gut wie nie glaubwürdige Konzepte vorgetragen: Ein Wandlungsprozess von Inhalt zu bloßer Omnipräsenz in den Medien, wie er keinesfalls wünschenswert war. Hinzu kommt die Aufstellung eines Kanzlerkandidaten, die lange Zeit Gesprächsthema der Liberalen war und durch Möllemann angeregt wurde, der sich den Posten selbstverständlich erhoffte.
Dies zeigt, dass die FDP völlig von inhaltlicher Arbeit abgerückt ist und statt dessen sich wie ein Haufen aufgeschreckter Hühner um einen Zeitungsartikel oder einen Fernsehauftritt riß. Man erinnere sich nur an die peinlichen Auftritte von Möllemann und Westerwelle bei ?Big Brother".
Westerwelle wurde nun auf dem letzten Parteitag zum Vorsitzenden gewählt, so dass man bangen muss, dass die FDP sich auch weiter von Realpolitik entfernt und sich statt dessen Träumereien hingibt. Westerwelle und Möllemann sind beinah ein Symbol dafür, wie heute von vielen Politik gemacht wird.

Generelles Problem

Zwar mag man sagen, die FDP begebe sich dorthin, wo der Wähler ist und versuche, ihm Politik näher zu bringen, doch ist dies keinesfalls so. Schließlich ist es völlig unwichtig, was Möllemann am liebsten isst oder welche Farbe Westerwelles Socken haben, denn über solche Themen wird bei Sendungen wie ?Big Brother" doch letztlich gesprochen.
Wir alle müssen uns doch fragen, was wir mit den Menschen machen, die keine Nachrichten mehr schauen und keine seriöse Zeitung mehr lesen, um ihnen politische Inhalte nahezubringen? Es kann keinesfalls richtig sein, dass die Politik den Teilen der Bevölkerung folgt, die gar nicht mehr an den Lösungen von Problemen interessiert sind. Vielmehr muss man sich bemühen, diesen Menschen, die heute einen großen Teil der Bürgerschaft stellen, wieder für Lösungen zu interessieren. Zwar ist die Politik teilweise an den Phänomenen unserer Zeit mitschuldig, aber auch die Menschen müssen sich entscheiden, ob es ihnen wichtiger ist zu wissen, wer das Kindergeld erhöhen will, wie man die Arbeitslosigkeit in den Griff zu bekommen versucht, oder ob er wissen will warum Barbara Y. nicht mehr mit Peter X. zusammen ist, wie es heute Thema in den meisten Talkshows ist.
Doch der schlagendste Beweis, dass ein stetiger Blick in die Kamera keine Probleme löst, ist wohl unser Medienkanzler, der zwar Hoffnungen weckte, seine Versprechen aber bis heute nicht einlösen konnte.

M.P.