Leverkusen

Der Metrorapid

Nun geistert er wieder durch LEV

Was haben die Fußballweltmeisterschaft 2006, eine Olympiabewerbung für das Jahr 2012 und eine Magnetschwebebahn gemeinsam? Während es sich bei der Weltmeisterschaft und der Olympiade um internationale sportliche Großereignisse handelt, fällt einem ein Zusammenhang mit dem Verkehrssystem Magnetschwebebahn zunächst kaum ein.
Anders unserer nordrhein-westfälischer Ministerpräsident, der es in seinem Hang zu prestigeträchtigen Projekten versteht, vorgenanntes in vermeintliche Abhängigkeit zueinander zu bringen. Der Zweck heiligt eben immer noch die Mittel, wenn es denn nur darum geht, sich selbst ein Denkmal errichten zu wollen. Wolfgang Clement klotzt eben lieber, als zu kleckern, wobei das Spektakuläre nicht zuletzt noch bestens dazu geeignet ist, über andere Versäumnisse hinwegzutäuschen. Daß darüber der Standort Nordrhein-Westfalen insgesamt zurückfällt und mehr denn je unter seinen Möglichkeiten bleibt, fällt dann eben noch weniger auf.

Prestigeprojekt

So hat Ministerpräsident Clement die Magnetschwebebahn Transrapid für sich entdeckt, die er als sogenannten Metrorapid in den Rhein-Ruhr-Raum holen möchte. Zunächst von Düsseldorf nach Dortmund und zurück, wobei der Metrorapid Station am Flughafen Düsseldorf, in Duisburg und Essen sowie in Bochum machen soll.
Dabei ist die Idee als solche nicht neu, sondern lediglich eine andere Variante dessen, was vor gut zehn Jahren mit einer Verbindung der Flughäfen Köln/Bonn und Düsseldorf mit der Magnetschwebebahn bereits schon einmal in der Diskussion stand. Damals war es die SPD-Landesregierung unter Clements Vorgänger Johannes Rau, die dieses Projekt aus guten Gründen erst gar nicht weiterverfolgte.
Heftiger Widerspruch regte sich seinerzeit auch in unserer Stadt. Nunmehr ist nach dem Willen der rot-grünen Landesregierung in Leverkusen erneut mit einer das Stadtgebiet querenden Magnetschwebebahntrasse zu rechnen.

Zwei Metrorapidlinien durch Leverkusen?

Denn die Relation Düsseldorf-Dortmund soll in einer folgenden Ausbauphase bis zum Köln/Bonner Flughafen durchgebunden werden und in einem weiteren Schritt einmal von Köln aus über Wuppertal und Hagen den Kurs in Dortmund wieder schließen. Im Endausbau würde dies für Leverkusen bedeuten, sogar von zwei Metrorapidlinien zerschnitten zu werden - analog zu den beiden Autobahnen A 3 und A l, die ebenso wie die beiden Bahnlinien über Leverkusen-Mitte und Opladen aus Köln kommend nach Düsseldorf beziehungsweise Wuppertal ausgerichtet sind.
Das Projekt genießt bei Ministerpräsident Clement allerhöchste Priorität, schließlich hat man sich dafür im übertragenen Sinne schon sehr weit aus dem Fenster gelehnt. Die Meßlatte liegt hier um so höher, da die Verbindung Düsseldorf Dortmund bereits zur Fußballweltmeisterschaft 2006 dem Betrieb übergeben werden soll.
Als es jüngst zwischen den beiden rheinischen Schwestern Düsseldorf und Köln im Vorfeld der Olympiabewerbung zu Zwistigkeiten kam, intervenierte Clement höchstselbst bei Kölns Oberbürgermeister und glättete die Wogen dahingehend, daß er bei der Federführung Düsseldorfs in Sachen Olympia für 2012 den Metrorapid zur Andienung Kölner Sportstätten in Aussicht stellte, in denen einzelne Wettbewerbe einer Olympiade im Rhein-Ruhr-Gebiet ausgetragen werden könnten. Vorausgesetzt, daß unsere Region überhaupt den Zuschlag für die Ausrichtung der Olympiade 2012 erhält.
Dabei bezweifeln nicht nur Experten, daß der Metrorapid bereits zur Weltmeisterschaft 2006 schweben wird. Ein vorgesehener Baubeginn im Jahr 2003 dürfte schon daran scheitern, daß bis dahin wohl kaum auch nur annähernd vollstauml;ndiges Planungsrecht bestehen dürfte.
Befremdlich erscheint bei diesem Spiel die Rolle der Deutsche Bahn AG - als ob dieses privatisierte und dem Bund gehörende Unternehmen derzeit nicht genug andere Probleme hätte: War es doch Bahnchef Hartmut Mehdorn, der mit seiner kritischen Einstellung die Transrapidstrecke Hamburg-Berlin mit zum Scheitern brachte, für die immerhin das Planungsrecht gegeben war. Dabei kommt die Bahn aufgrund eigener Untersuchungen zu dem Schluß, daß der Metrorapid zu Einschnitten beim Schienen-Nahverkehr führen würde, und fürchtet zudem um ihre hochrentablen ICE-Verkehre durch das Ruhrgebiet.
Nach einem gemeinsamen Ortstermin von Mehdorn und Clement auf der Transrapid-Versuchsstrecke im Emsland erklärte Mehdorn jedoch die Bereitschaft seines Unternehmens, sowohl als Betreiber als auch als Investor für das Projekt Metrorapid auf treten zu wollen.
Trotz des angestrebten Zehn-Minuten-Taktes, in dem der Metrorapid durch den Ballungsraum schweben soll, dürfte sich für viele Fahrgäste und damit insbesondere die Pendler, die werktäglich die Bahn nutzen, die Reisezeiten im Nahverkehr verlängern. Ein entsprechendes Szenario war bereits in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) nachzulesen, die die Presselandschaft im Ruhrgebiet absolut dominiert und durchaus im Ruf steht, eine gewisse Nähe zur Landesregierung aufzuweisen. Denn Umsteigen verlängert nun einmal die Reisezeiten, und der Nahverkehr wird erst dadurch zum Nahverkehr, daß er entsprechend kurze Haltestellenabstände einhält. Aber eigentlich soll es ja Sinn und Zweck des Metrorapid sein, die Fahrgäste von diesem System profitieren zu lassen, anstatt ihnen Nachteile einzubrocken.

Einhellige Ablehnung

Die Fahrgastverbände sind sich von daher auch in ihrer Ablehnung des Metrorapide einig. Mit nur einem Teil der Gelder, die für den Metrorapid aufgewendet werden müssen, künnte man den Nahverkehr bis 2006 nachhaltig weiter ausbauen. Schließlich ist der Grundstock, auf dem man insbesondere im S-Bahn-Netz bereits heute aufbauen kann, recht gut.
Aber bereits heute werden durch das Metrorapid-Vorhaben andere Planungen verzögert, auf Eis gelegt oder erst gar nicht weiter verfolgt. So zum Beispiel der überfällige Umbau des Hauptbahnhofs Mülheim/Ruhr.
Dies wirkt sich insgesamt negativ auf die Verkehrsinfrastruktur unseres Landes aus, was nicht zuletzt den Standort Nordrhein-Westfalen schwächt, weil wertvolle Zeit nutzlos verstreicht. Wenn unser Ministerpräsident denn schon gerne mit einer Bahn spielt, so doch bitte nicht unbedingt im Maßstab 1:1. Auch auf dem Modellbahnsektor gibt es mittlerweile Alternativen zur konventionellen Eisenbahn. Der Transrapid ist als Bausatz erhältlich, und auf der Nürnberger Spielwarenmesse wurde gerade erst ein neues funktionsfähiges Modell der Wuppertaler Schwebebahn vorgestellt. Zwar auch als Modell sehr kostspielig, aber im Vergleich zum Metrorapid ungleich billiger und - ebenso wie auch zuweilen unser Ministerpräsident - ohne Bodenhaftung freischwebend.