Politik

Für sicherere Straßen

Neuerungen in den Verkehrsvorschriften sollen Unfallzahlen senken

"Ist der voll oder was?" Wem kam der Satz nicht schon mal über die Lippen, wenn er hinter einem Auto herfuhr, das seelenruhig in Schlangenlinien oder im Schneckentempo über die Schnellstraße kroch. Des Rätsels Lösung war weniger der Alkohol als vielmehr die Volksseuche Nr. 2 - der mobile Gehirntoaster, auch Mobiltelefon oder Handy genannt. Mit diesem Begriff können englischsprachige Länder zwar nichts anfangen, doch das Problem der kleinen Quälgeister am Steuer wurde schnell in allen europäischen Nationen und das Telefonieren am Steuer unter teils drakonischer Strafandrohung verboten.

Deutschland zieht nach

Nun ist es auch in Deutschland soweit - allerdings anders als in vielen anderen europäischen Nationen. Generell ist die Benutzung eines Handy am Steuer seit dem 01. Februar untersagt, wenn es dazu in die Hand genommen werden muss. Als Hintertür ließ man allerdings die Freisprecheinrichtungen offen. Mit ihnen ist das Telefonieren weiterhin erlaubt.
Zubehöranbieter kamen mit der Lieferung kaum nach - und so mancher Pkw freut sich nun über neuen Plastikschrott am Armaturenbrett. Sehr beliebt ist u.a. das "Headset", einer Mischung aus Kopfhörer und Mikrophon, welches unkompliziert am Telefon angeschlossen werden kann.
Der Grund für das Verbot: Diverse Untersuchungen über die Ablenkung des Fahrers vom Straßenverkehr durch das Handy hatten zu erschreckenden Ergebnissen geführt. Je nach Untersuchung wurde ein 10- bis 30fach höheres Unfallrisiko ermittelt. Im Straßenverkehr drückte sich dies in vielen Toten, Schwerverletzten und immensem Sachschäden aus. Das Dunkelfeld dürfte ungleich höher sein, da nach einem Unfall jeder bestreitet, telefoniert zu haben.
Es zeigte sich aber, dass die Benutzung von Freisprecheinrichtungen die Erhöhung zwar nicht auf null reduziert, aber immerhin auf ein 3- bis 6faches Risiko mindern konnte. So entschied sich der Gesetzgeber für den umstrittenen Kompromiss. Es ist nun jegliche Nutzung des Handys, inklusive SMS-Versendung bei laufendem Motor - also auch im Stau oder vor roten Ampeln - verboten. Wie durchsetzbar die Regelung in der Praxis ist, wird sich zeigen. Bei Nichtbeachtung droht ab 01.04. ein Verwarngeld von immerhin 60 DM. Ein teurer Spaß, wenn man erwischt wird. Momentan kommt man noch mit einer mündlichen Verwarnung durch die Polizei davon.

Verschärfung bei Alkohol am Steuer

Gleiches gilt übrigens auch für Radfahrer, die allerdings nur 30 DM löhnen mßssen. Eine weitere nicht ganz unumstrittene Änderung erfuhr die StVO auch beim Thema Alkohol. Die noch von der alten Bundesregierung eingeführte 0,5 o/oo-Grenze (200 DM Bußgeld - kein Fahrverbot) wird verschärft. Die alte 0,8 o/oo-Grenze (500 DM Bußgeld - 4 Wochen Fahrverbot) wird quasi nach unten verlagert. Letzteres droht nun bei 0,5 o/oo.
Die Verschärfung stieß nicht bei allen Bundesländern auf Gegenliebe. Insbesondere in Bayern wurde angemerkt, dass die meisten Unfälle mit Alkohol am Steuer nicht im Ordnungwidrigkeitenbereich (bis 1,09 o/oo), sondern im Straftatenbereich (ab 1,1 o/oo) stattfinden würden. Für eine Verschärfung bestehe also kein Grund.
Trotzdem passierte die Gesetzesinitiative den Bundesrat und wird ebenfalls ab dem 1.04. in Kraft treten. Schlechte Zeiten für Fahrer, die sich "nur" ein großes Glas Wein oder Bier genehmigen und anschließend noch fahren. Je nach Gewicht kann auch diese Menge schon zuviel sein. Besser, man lässt das Auto stehen.
Bleibt abzuwarten, ob die Verschärfungen auch ihren gewünschten Effekt erzielen und die Unfallzahlen weiter senken.

MiWi