Editorial

Ende des Strafverfahrens

Ist es auch das Ende der Affäre Kohl?

Das jüngst eingestellte Strafverfahren gegen Altbundeskanzler Dr. Helmut Kohl markiert das juristische Ende der Vorwürfe wegen Untreue und Bestechlichkeit. Gegen die Zahlung von 300.000 DM wurde der Fall zu den Akten gelegt.
Während viele den Eindruck haben, dass Kohl sich freikaufen und so seiner Bestrafung entgehen konnte, wittern die treuesten Anhänger des ehemaligen Ehrenvorsitzenden der CDU wieder Morgenluft: Jetzt, wo seine "Unschuld" bewiesen sei, müsste ihm der Ehrenvorsitz seitens der Partei wieder angetragen werden. Fast schon sollte man Kohl für den erlittenen Ärger um Verzeihung bitten.

Unschuldig?

Dafür dürfte es noch etwas früh sein. Ob Kohl wirklich unschuldig ist, ist genauso offen wie vor dem Verfahren. Die Staatsanwaltschaft konnte keinerlei Beweise für die Bestechlichkeit des Kabinetts Kohls finden. Bei den Vorwürfen der Untreue war eine Verurteilung zwar möglich, aber nicht sicher, da sich Kohl nicht persönlich bereichert habe.
Fakt ist, dass Kohl Rechtsverstöße begangen hat und durch seine umstrittene Spendensammelaktion im letzten Jahr zumindest die materiellen Schäden ausgeglichen hat, was u.a. dazu beitrug, dass das Verfahren fallen gelassen worden ist.
Allerdings weigert sich Kohl nach wie vor, die geheimnisvollen Spender zu nennen, die die ganze Affäre ins Rollen gebracht haben. Gibt es sie, oder gibt es sie nicht? Wenn es sie nicht gab, woher stammten dann all die Millionen? Noch immer versucht die französische Justiz festzustellen, nicht ob, sondern an wen in Deutschland dreistellige Millionenschmiersummen geflossen sind, damit der französische Konzern Elf den Zuschlag für den Kauf der ostdeutschen Mineralölindustrie bekam.
Doch Kohl wird weiter schweigen. Trotz seines nach der Strafprozessordnung nun weggefallenen Zeugnisverweigerungsrechtes als Beschuldigter in einem Strafverfahren wird er dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss wohl kaum die Spender nennen. Auf diese Weise wird die Affäre nie geklärt werden, und der CDU haftet trotz aller Reformen weiter der Ruf der Bestechlichkeit und Bimbeswirtschaft an.

Falsches Signal

So wäre es das falsche Signal Kohl den Ehrenvorsitz wieder anzutragen. Dies kann die CDU nur in eine noch tiefere Krise stürzen, denn es soll ja nicht nur Kohlfreunde in der Partei geben. Eine tiefe Spaltung mit massenhaften Parteiaustritten wäre die Folge.
Fazit: Trotz Ende des juristischen Verfahrens wird es in absehbarer Zeit keine Ruhe in der CDU geben, und die neue Führung der CDU wird durch die Anhänger des "unschuldigen" Helmut Kohls weiter Schaden nehmen.

MiWi