Politik

Die Untragbaren

Des Kanzlers Minister

Lange Zeit sah es so aus, als könne man nur in Schröders Kabinett gelangen, wenn man als Ministerpräsident eine Wahl verloren hatte. Und es schien, als ob man sein Ministeramt nur verlöre, gerate man mit dem Kanzler in Streit oder eröffneten sich bessere Perspektiven. Doch im Laufe von zwei Jahren Grünen und SPD im Bund tun sich immer mehr Möglichkeiten auf, um ein Kabinett à la Versandkatalog zu entwickeln, mit Veränderung auf Bestellung.

Männerfeindschaft

Waren sie noch kurze Zeit zuvor gewissermaßen das Dreigestirn der SPD, Schröder, Lafontaine und Scharping, verließ der zweite als erster das Kabinett und die SPD-Basis.
Da man sich unter Kanzler und Finanzminister nicht einig werden konnte über Kompetenzen, Macht und Prestige, zog sich Lafontaine zurück in der Hoffnung, dass sein theatralischer Abgang ihn in der Beliebtheit gegenüber Schröder steigen ließe. Doch dem war keinesfalls so!
Gescholten als beleidigte Leberwurst zog sich Lafontaine aus seinen Ämtern zurück, was Schröder den SPD-Vorsitz einbrachte und seine herausgehobene Position noch verstärkte. Aus Frust darüber, dass seine Strategie nicht aufgegangen war, besann sich der Finanzminister a.D. und erinnerte sich, wo sein Herz schlägt.
"Das Herz schlägt links", so hieß sein Buch, das von verletzten Gefühlen und ach so tiefen Narben berichtete, die der Kanzler und seine bösen Minister verursachten. Einst von diversen englischen Zeitung als "gefährlichster Mann Europas" betitelt, mußten jetzt auch Literaturkritiker dem zustimmen.
Ersetzt wurde der scheinbar doch entbehrliche Minister durch einen ehemaligen Ministerpräsidenten, und zwar durch den legendären Hans Eichel, dem die Niederlage gegen Roland Koch in Hessen noch in den Knochen steckte und der uns in der Zwischenzeit viel Freude bereitet hat.

Die Finanzen

Sehr eigenartig, dass dieser Punkt in der Riege der Ministerabgänge den größten Posten stellt, betrachtet man das Herumreiten der SPD im Untersuchungsausschuß auf jedem noch so kleinen Schandfleck. Doch Saubermänner waren die Minister unter Schröder bei Weitem nicht.
An erster Stelle steht hier Bodo Hombach, bekanntgeworden als des Kanzlers bester Mann. Allerdings stellte sich sehr schnell heraus, dass der gute Bodo seine Finanzen nicht ganz überblickte oder überblicken wollte, denn schließlich ließen sich schnell Ungereimtheiten bei der Finanzierung seiner Villa finden, die ihn später in Deutschland den Kopf kosten sollten, ihn aber gleichzeitig zu einem gut betuchten Frührentner mit Nebenberuf machte. Nach langem Festhalten an seinem guten Bodo gab der Kanzler, mit taktischer Berechnung, dem öffentlichen Druck nach und entließ seinen Kanzleramtsminister.
Aber um eine Freundschaft zu bewahren, verschaffte er ihm gleich einen gut bezahlten Posten bei der EU. Zusammen mit der Pension, die er aus dem Kanzleramt erhält, dürfte es in der Zukunft nicht mehr nötig sein, beim Hausbau fremde Geldquellen anzuzapfen. Als EU-Beauftragter für den Balkan war Hombach nun aus der Nähe des Kanzlers entfernt und warf keinen Schatten mehr auf die damals noch so reine Kanzlerweste.
Seit diesen Tagen ist Hombach übrigens mehr oder minder politisch tot, und der Kanzler hatte bewiesen, dass er sich von denjenigen trennt, die seinen Heiligenschein erblassen ließen. Ersetzt wurde Bodo Hombach übrigens vom Staatsminister im Kanzleramt Steinmeier. Mehr eine graue Maus als ein Öffentlichkeitsliebling, was übrigens keinesfalls negativ gemeint sein soll.
Der zweite Skandal liegt noch gar nicht so weit hinter uns, bei ihm geht es um Reinhard Klimmt. Der Bundesverkehrsminister mußte seinen Sessel räumen, da ein Ermittlungsverfahren wegen Finanzunregelmäßigkeiten bei seinem Saarbrücker Fußballverein auftraten. Erst nach dem langen und beinahe schon obligatorischen Festhalten am Minister rüttelten auch Schröder und Struck so stark an Klimmts Sessel, dass er freiwillig ging. Wirklich schade war das nicht, denn viel bewegt hatte Klimmt während seiner Amtszeit wahrlich nicht. Gefolgt wurde Klimmt von Klaus Bodewig, der übrigens bei genauerem Hinsehen bedenkliche Ähnlichkeit mit Gregor Gysi hat.
Beim Stichwort Saarbrücken sind wir auch schon bei Klimmts politischer Herkunft. Nachdem er die Landtagswahlen im Saarland gegen Peter Müller(CDU) verloren hatte, berief der Kanzler ihn nämlich in sein Kabinett um andere Lücken zu füllen. Nämlich die Lücke Müntefering.

Für die Karriere

Franz Müntefering, Klimmts Vorgänger im Amt des Bundesverkehrsministers, verließ seinen Posten, um SPD Generalsekretär zu werden. Ein nicht unwesentlicher Karrieresprung, selbst wenn es sich nicht so anhört. Müntefering wird nämlich in den Geschichtsbüchern der SPD als erster Generalsekretär stehen. Denn anders als für die CDU war ein hauptamtlicher Chefstratege für die SPD bis dato nicht alltäglich. Also handelten Müntefering und der Bundeskanzler frei nach dem Motto : Verlassen wir mal das Amt und überlassen es jemand anders, der sich zwar erst lange einarbeiten muss, um effektiv zu arbeiten, aber solange es der eigenen Karriere dient...
Der zweite Aussteiger, der einen noch besseren Posten fand war Kulturstaatsminister Naumann, den sein Amt leider nicht ganz ausfüllte und der kurzerhand als Herausgeber bei der Wochenzeitung "Die Zeit" einsprang. Vertreten wird er jetzt durch Herrn Nieda-Rümelin, dessen Abtritt wohl nur eine Frage der Zeit sein dürfte, egal was kommt.

Die Keulung

Als bislang letzte Minister mußten Andrea Fischer und Karl Heinz Funke im Zusammenhang mit der BSE-Krise ihren Hut nehmen. Dies geschah allerdings erst nach langem Zögern und auf massiven Druck der Öffentlichkeit, bei der Frau Fischer bereits seit langem keine guten Karten hatte. War sie doch die Macherin der sogenannten Gesundheitsreform, die jetzt dazu führt, dass sich nur noch Menschen mit großem Geldbeutel eine anständige Behandlung leisten können, während Rentner und chronisch Kranke oftmals auf der Strecke bleiben.
Die Nachfolge von Frau Fischer übernahm Ulla Schmidt und die des Landwirtschaftsministers Funke, der kurze Zeit nach Fischer für den Kanzler untragbar wurde, die Grüne Künast. Sie legte eigens für diesen Posten ihr Amt als Parteisprecherin nieder und reihte sich in der Riege der endlos auswechselbaren Minister ein.

Ausblicke

Es scheint so als sein die Minister nur Marionetten des Kanzlers, die völlig inhaltslos sind. Wie sonst wäre es zu erklären, dass man sie so oft austauschen kann? Ein gutes hat dieser Zustand allerdings: die Minister sind das politische Spiegelbild des Kanzlers und zeigen durch ihr häufiges Kommen und Gehen, dass es wahre Kontinuität und Sachpolitik bei Schröder nicht gibt. Die nächsten Kandidaten stehen auch schon auf der Liste, einige weiter oben andere eher unten, und der Abgang ist nur eine Frage der Zeit.

M.P.