Leverkusen

FAHRPLANMÄSSIG ZU ERREICHEN

Die Bahn will in Opladen zum Event-Veranstalter mutieren

Spätestens seit dem Umbau des Leipziger Hauptbahnhofes zu einem Einkaufszentrum mit Gleisanschluss wissen wir, dass die Funktion eines Bahnhofes nicht in erster Linie der Abwicklung des Bahnverkehrs dienen muss.
Erklärtes Ziel der Deutschen Bahn AG, die sich selber gern als "Unternehmen Zukunft" preist, ist es, insbesondere die großen, als Verkehrsknoten dienenden Hauptbahnhöfe zu regelrechten Erlebniswelten umzugestalten. Was immer man darunter bei der Deutschen Bahn AG auch verstehen mag. Und als ob insbesondere dem die Bahn regelmäßig nutzenden Fahrgast nicht schon genug Erlebnis seitens der Deutschen Bahn AG geboten wird, freilich zumeist im negativen Sinn.

Erlebniswelten

Nunmehr scheint man für dererlei Projekte schon geeignete Objekte in der Fläche ausgemacht zu haben, wenn man den Standort Opladen denn schon als Fläche beziehungsweise gar Provinz bezeichnen möchte. Denn als Verkehrsknoten kann man Opladen gerade hinsichtlich des Schienenverkehrs nicht gerade bezeichnen. Nicht mal mehr als Bahnknoten, seitdem die dort nach Remscheid-Lennep abzweigende Strecke mit ihrem Restverkehr nach Burscheid-Hilgen am 31. Mai 1991 endgültig stillgelegt wurde. Zwischenzeitlich wurde auch der Rangierbahnhof stillgelegt und rückgebaut. Güterzüge werden seitdem in Köln-Kalk-Nord aufgelöst und neu zusammengestellt.
Opladen ist in seiner Bedeutung für den Zugverkehr zu einem reinen Durchgangsbahnhof herabgesunken, gleich dem im Leverkusener Stadtteil Manfort gelegenen Bahnhof Schlebusch, der Opladen in seiner Trostlosigkeit noch überbietet.
Die Möglichkeit, Express- und Stückgut zum Versand aufzugeben, besteht in Opladen ebenfalls schon längst nicht mehr. Jedoch existiert die dafür noch vorhandene Infrastruktur, wenngleich bereits auch hier viele Gleise schon abgebrochen wurden. So auch die langgestreckte Güterabfertigungshalle, die unmittelbar zwischen der Hauptstrecke Köln - Wuppertal und der kopfsteingepflasterten alten Ladestraße liegt und unmittelbar an die Anlagen des Personenbahnhofes anschließt.

Perspektivenwerkstatt

Da wir nun einmal in einer zunehmend von Events geprägten Gesellschaft leben, möchte sich die Deutsche Bahn AG die seit langem brachliegende Infrastruktur in Opladen zwecks Erschließung eines neuen Geschäftsfeldes zunutze machen. Besagte Events sollen schon in unmittelbarer Zukunft durch einen bahneigenen Veranstaltungsservice in der rund zweitausend Quadratmeter großen Halle organisiert werden. Darunter wären dann sowohl Verkaufspräsentationen, Konzerte und Ausstellungen als auch Tanzveranstaltungen bis hin zu privaten Feiern zu verstehen.
Nun ist gerade in Opladen durch den Rückzug der Bahn und die damit verbundene Räumung von Flächen einiges in Bewegung gekommen. Es wurde gar als bislang einmaliges Projekt eine sogenannte Perspektivenwerkstatt durchgeführt, an der sich Bürger mit ihren eigenen Vorstellungen neben der Politik und der Verwaltung einbringen konnten und von dieser Gelegenheit auch regen Gebrauch machten. Die Ergebnisse dieser Perspektivenwerkstatt wurden anschließend sogar in einer umfangreichen und aufwendigen Dokumentation veröffentlicht.
Bereits vorher ging der ehemalige Beigeordnete der Stadt Leverkusen, Gerald Bruchhausen, der unter anderem auch für den Jugendbereich zuständig war, mit der Idee eines Jugend- und Kulturzentrums namens "IC 1" an die Öffentlichkeit. Hinter dem als Werk Opladen der Bahn AG bezeichneten vormaligen Ausbesserungswerk der Deutschen Bundesbahn sollte ein solches Veranstaltungszentrum in der leerstehenden alten Triebwagenhalle entstehen.
Damit hätte es erstmals in Leverkusen insbesondere für Jugendliche und junge Leute ein zentrales Veranstaltungszentrum mit einer Anziehungskraft über die Stadtgrenzen hinaus geben können. Die Idee des "IC 1" fand sowohl in der Öffentlichkeit als auch parteiübergreifend bei der Politik sofort breite Zustimmung und Unterstützung: Mit dem Ambiente und Charme einer Industriekulisse durchaus eine Konkurrenz etwa zum sogenannten E-Werk in Köln-Mülheim. Der Weg dorthin wäre dem entsprechenden Publikum künftig gar erspart geblieben.

Nägel mit Köpfen

Die weitere Umsetzung des Projektes "IC 1" scheiterte bislang in erster Linie an bau- und planungsrechtlichen Vorgaben. Das Gebäude grenzt unmittelbar an ein Wohngebiet. Die Frage, ob diese Konfliktsituation lösbar ist, erübrigt sich unter Umständen dadurch, daß die Deutsche Bahn AG mit ihrem Veranstaltungsservice in der Güterabfertigungshalle Nägel mit Köpfen macht, an einem Standort, der nur gut einen Steinwurf von dem als ?IC 1? vorgesehenen Komplex entfernt liegt und bau- sowie planungsrechtlich alle Voraussetzungen erfüllt und sogar unmittelbar fahrplanmäßig über die Schiene zu erreichen ist.
Daneben ist dort zum Feierabend beziehungsweise nach Geschäftsschluß und an den Wochenende ausreichend Parkraum vorhanden. Zudem liegt der Opladener Busbahnhof direkt auf der anderen Seite des Bahndamms der Güterzugstrecke Duisburg-Wedau - Köln-Gremberg.
Die Halle des bahneigenen Veranstaltungsservices kann dem "IC 1" unter Umständen die Basis einer wirtschaftlichen Tragfähigkeit entziehen. Selbst wenn ein "IC 1" einen nichtkommerziellen Träger als Betreiber finden würde, müsste zumindest ein Teil der Kosten in Form von Eintrittsgeldern bei Veranstaltungen, Nutzungsentgelten und Gastronomie wieder eingefahren werden. Zudem tritt die Bahn AG auch als Mitbewerber auf, wenn sich beispielsweise der Sportpark Leverkusen müht, seine Hallenkapazitäten auf dem Markt für alle möglichen Veranstaltungen zu vermieten. Wer hätte gedacht, daß man sich ausgerechnet mit dem Rechtsnachfolger der guten alten Deutschen Bundesbahn abseits der Schienenstränge einmal auf diesem Feld auseinandersetzen muß?

Vertrauensverlust in die Bahn

Man erinnere sich in diesem Zusammenhang nur an die Diskussion, wenn städtische Unternehmen ihre Dienste auf dem freien Markt anbieten. Bei der Deutschen Bahn AG handelt es sich trotz allem immer noch um ein Unternehmen im Eigentum des Bundes. Als läge bei ihrer ureigenen Aufgabe und deren Erfüllung für die Deutsche Bahn AG nicht schon genug im Argen.
Abgesehen davon, daß die Nutzung der Güterhalle stark nach einer abgeleiteten Idee aus dem ursprünglichen Projekt "IC 1" aussieht, ist diese Maßnahme nicht unbedingt dazu geeignet, das Vertrauen der Stadt Leverkusen in die Bahn zu stärken, wenn man weiter über die Freiflächen und die damit verbundene weitere Entwicklung der alten Kreisstadt Opladen verhandelt.