Leverkusen

Standort Opladen

In der einstigen Eisenbahnerstadt geht es nun ans Eingemachte

Manche Aktivität während eines Wahlkampfes mag man im Nachhinein am liebsten ungeschehen machen. Selbst dann, wenn diese unterm Strich nichts brachte und auch das Blatt für den vormaligen Oberbürgermeister Mende nicht zu wenden vermochte.
Die Sache entbehrte in der Tat nicht einer gewissen Pikanterie: Da stolzierten im August dieses Jahres, mitten in der heißen Phase des Kommunalwahlkampfes, der amtierende Oberbürgermeister und Spitzenkandidat der örtlichen SPD zusammen mit dem Bundesverkehrsminister durch das Werk Opladen der Deutschen Bahn AG. Während dieses Besuches überbot man sich in Lobpreisungen des Bahnstandortes Opladen und wurde vor allen Dingen nicht müde, auf die Sicherheit der dort noch vorhandenen Arbeitsplätze zu verweisen.


Arbeitsplatzabbau

Kaum war die Kommunalwahl vorbei und sowohl Oberbürgermeister Mende als auch Verkehrsminister Müntefering nicht mehr in Amt und Würden, schlug die Meldung wie eine Bombe ein: In dem zum Geschäftsbereich Cargo der Deutschen Bahn AG gehörenden Werk Opladen sollen von 928 Arbeitsplätzen 71 wegfallen. Und als ob es damit nicht schon genug war: Am nächsten Tag war der örtlichen Presse zu entnehmen, daß der auf dem Gelände des Werkes Opladen gelegene Gleisbauhof mit über 200 Beschäftigten zum 31. Dezember 1999 aufgelöst werden wird.
Dabei hat der ehemalige Bahnknoten Opladen in der vergangenen Jahren ohnehin schon massiv an Bedeutung verloren, womit ein schleichender Verlust von Arbeitsplätzen einherging. So zeugen von der ehemaligen Güter- und Expressgutabfertigung nur noch die Gebäude, deren Gleisanschlüsse inzwischen bereits zum größten Teil rückgebaut wurden.


Massiver Bedeutungsverlust

Von dem großen Opladener Rangierbahnhof blieb nach dem Abbruch der Schienen, des Rangierstellwerkes und weiteren Anlagen eine riesige Brachfläche, die von der Natur langsam zurückerobert wird. Dabei verfügte Opladen einmal über ein Betriebsamt und beheimatete in zwei großen Ringlokschuppen bis 1960 sogar eigene Lokomotiven, die von dort eingesetzt wurden.
Der Bahnhof selbst ist bis auf den zeitweilig geöffneten Fahrkartenschalter unbesetzt. Nachdem er zunächst von Solingen-Ohligs aus verwaltet wurde, ist dafür inzwischen der Bahnhofsmanager in Köln-Deutz zuständig.
Das Ausbesserungswerk (AW) Opladen, wie sich das heutige Werk zu Zeiten der Deutschen Bundesbahn nannte, galt in der Tat lange Zeit als sichere Bank für Beschäftigung und Arbeitsplätze. Vor der deutschen Wiedervereinigung und der darauf folgenden Fusion von Reichsbahn und Bundesbahn zur Deutschen Bahn AG war Opladen lange Jahre für die Instandsetzung aller Elloks zuständig, die bei Bahnbetriebswerken nördlich der Mainlinie beheimatet waren. Südlich dieser ungefähren Linie besorgte dies das Ausbesserungswerk im Münchner Stadtteil Freimann.


Zentrale Wartung bundesweit

Schließlich konnte sich das AW Opladen in der Konkurrenz zum AW Freimann durchsetzen und wurde zum zentralen Anlaufpunkt für elektrische Triebfahrzeuge im alten Bundesgebiet. Nach der Wende und den damit verbundenen Umstrukturierungen teilt sich Opladen den Unterhalt des nun erweiterten Ellokparks mit dem Werk Cottbus der Bahn AG.
Der Abbau von Arbeitsplätzen bei der früheren Staatsbahn ist jedoch nur ein Aspekt der Privatisierung. Für den Fahrgast bedeutet der Abschied von der viel gescholtenen Behördenbahn vor allen Dingen die Hinnahme von Verspätungen bislang nie gekannten Ausmaßes sowie eine nicht enden wollende Serie von Unfällen und Pannen. Jedoch wird der Trend zum Abbau von Arbeitsplätzen bei der Bahn vor dem Hintergrund des Kostendrucks weiter anhalten. Wobei dem Werk Opladen mittel- bis langfristig eine andere Entwicklung zum Verhängnis werden und letztendlich seinen Bestand in Frage stellen dürfte.
Derzeit ist das Werk Opladen in erster Linie zuständig für den Unterhalt der Lokomotiven des Geschäftsbereiches Cargo, also der elektrischen Güterzugloks, sowie der Schnellzuglokomotive 103 und der Ellokbaureihe 141 für den leichten Personen- und Güterzugdienst.


(Noch) viel Arbeit mit alten Loks

Diese Triebfahrzeuge stammen aus dem sogenannten Einheits-Ellokprogramm der Deutschen Bundesbahn oder wurden daraus weiterentwickelt. Grundlagen für diese Maschinen wurden in den fünfziger Jahren geschaffen, aufbauend auf den damals wegweisenden Konstruktionen der Deutschen Reichsbahn Gesellschaft, besonders der Baureihen E18, E44 und E94. Unter den zahlenmäßig noch weit überwiegenden Einheitsloks befinden sich Fahrzeuge, die an die 40 Betriebsjahre aufweisen und mit einer dementsprechend hohen Schadanfälligkeit eine Ursache für die zahlreichen Verspätungen darstellen, für die die Bahn in der Kritik steht.
In den nächsten Jahren werden nun vermehrt diese Lokomotiven speziell für den Geschäftsbereich Cargo durch die neuen Serien 145, 152 und 185 abgelöst - ähnlich wie dies für den Geschäftsbereich Reise & Touristik mit der inzwischen vollständig ausgelieferten Baureihe 101 bereits geschehen ist, die das einstmalige Paradepferd 103 aus den hochwertigen Umläufen längst verdrängt hat.


Neue Triebfahrzeuge ...

Bei dieser neuen Generation von Fahrzeugen handelt es sich durchweg um drehstromgetriebene, mit modernster Elektronik ausgestattete Lokomotiven, deren mechanischer Teil nur noch einen Bruchteil dessen ausmacht, was bei den alten EinheitsElloks vorhanden war. Und das hat natürlich Auswirkungen auf Wartung und Unterhalt in den Werkstätten.
Im Werk Opladen hat man momentan noch alle Hände voll zu tun, die überalterten Maschinen "am Laufen" zu halten. Dies geht so weit, daß ausgemusterte Loks so lange auf dem Werksgelände vorgehalten und als Ersatzteilspender regelrecht ausgeschlachtet werden, bis sie schließlich auf der anderen Seite der entlang des Werkes Opladen führenden Strecke Köln-Wuppertal landen.
Dort gewinnt zumindest eine Aufgabe zunehmend an Bedeutung: Die Zerlegung von Elloks durch die Firma Bender, die auf dem Gelände des bereits erwähnten früheren Bahnbetriebswerkes ansässig ist. Speziell die dort zur Verschrottung anstehenden Loks der Baureihe 103 ziehen ständig Eisenbahnfreunde und Photographen an.
Diese Ersatzteilgewinnung belegt natürlich, wie mühsam, personalintensiv und damit kostenträchtig der Unterhalt der überalterten Maschinen ist. In dem Maße, wie diese Lokomotiven bei der Firma Bender den Weg alles Irdischen gehen, dürften die Aufgaben des Werkes Opladen schrumpfen.


... als Jobkiller?

Denn die neuen Lokomotiven benötigen weitaus weniger Wartung und sind als fabrikneue Fahrzeuge kaum schadanfällig. Insofern könnte die Entwicklung darauf hinauslaufen, daß die Ellokunterhaltung wieder nur auf einen Standort in der Bundesrepublik konzentriert wird. Opladen müßte dann unter Umständen anstatt mit Freimann in direkte Konkurrenz mit dem Werk Cottbus treten.


Konkurrenz von den Herstellern

Denkbar ist aber noch ein anderes Szenario. Ausbesserung und Unterhalt könnten irgendwann einmal von den Firmengruppen angeboten werden, die derzeit nur als Hersteller von Triebfahrzeugen auf dem Markt agieren, zumal wenn in einigen Jahren die bestellten Serien an die Deutsche Bahn ausgeliefert sind und der Bedarf erst einmal gedeckt ist. Die Industrie könnte auf diese Art und Weise eigene Kapazitäten auslasten.

Hinzu kommt: Die sich ständig fortentwickelnde Antriebstechnik erfordert immer qualifiziertere Fachleute. Deren Spezialwissen ist in den Lokfabriken bereits vorhanden und muß nach der Indienststellung neuer Baureihen vom bahneigenen Werkstättenpersonal erst erworben werden. Die Neigung der Industrie dürfte bei sich verschärfendem Wettbewerb der Anbieter auch sinken, sich beim technischen Know-how in die Karten schauen zu lassen.
Daher könnte das Werk Opladen das gleiche Schicksal ereilen wie den Gleisbauhof: Nämlich ganz von der Bildfläche zu verschwinden. Daher nehme niemand mehr das Wort vom hundertprozentig sicheren Standort im Zusammenhang mit dem Werk Opladen in den Mund.
Daß das Gelände des Gleisbauhofes und schließlich des Werkes eine hervorragende Arrondierung der Gewerbegebiete Quettingen/Fixheide abgeben, ist angesichts der auf dem Spiel stehenden Arbeitsplätze wahrlich nur ein schwacher Trost.