Politik

Splitter

Viel Lärm um wenig

Die Äußerungen des Parteichefs der NRW-CDU, Jürgen Rüttgers, hatten im August die Öffentlichkeit aufgeschreckt. Rüttgers hatte der eigenen Partei programmatische Unlust vorgeworfen. Die CDU, so Rüttgers, dürfe nicht zur reinen "Protestpartei" verkommen.
Mysteriöse Sätze wie "Um neue Ideen zu entwickeln, muß sich die Union auf neue gesellschaftliche Wirklichkeiten einlassen", "Seit den siebziger Jahren hat die Union keine neuen Ideen in der Familienpolitik gehabt" oder "Die Union muß ihr Verhältnis zu Ganztagsschulen und zur Gesamtschule überprüfen" werden in Rüttgers' fünfseitigem Papier leider nicht konkretisiert, elektrisierten aber durch diese Unschärfe die Phantasie der Journalisten. Das wußte der alte Polit-Profi Rüttgers natürlich ganz genau.
Folglich sind seine Thesen auch so unverbindlich abgefaßt, daß er zu praktisch jedem angerissenem Thema problemlos wieder zurückschwimmen kann, wenn es sich als opportun erweisen sollte. Denn echte Vorschläge hat Rüttgers gar nicht gemacht, sondern nur die Defizite anderer beklagt.
Etwa Rüttgers' Äußerungen zur Bildungspolitik: Die Union hat keineswegs etwas gegen Ganztagsschulen. Hingegen ist die Gesamtschule auf breiter Front gescheitert, weil sie nur unter Idealbedingungen halbwegs funktionieren kann. Rüttgers schlägt vor, die Gesamtschulen zu Schulen für eher praktisch begabte Schüler zu machen. Ein alter Hut. Und - solche Schulen sind keine Gesamtschulen mehr.
Wenigstens die Ausländerpolitik der Union lobt Rüttgers uneingeschränkt - nur die CDU verfüge über ein stimmiges Konzept. Wohl wahr. Aber hängt diese Diagnose vielleicht damit zusammen, daß Rüttgers selbst in der CDU/CSU-Fraktion für diesen Arbeitsbereich zuständig ist?
Rüttgers' Kritik an der angeblich programmatisch unscharfen CDU ist nicht überzeugend, weil er selbst kritische Punkte umschifft, anstatt Flagge zu zeigen. Das ist bedauerlich. Wenn er den Ehrentitel des Querdenkers erobern will, müssen seine Vorschläge konkreter, auch angreifbarer werden. (Daß sie ein gewisses Niveau haben sollten, versteht sich von selbst.) Alles andere ist Selbst-Marketing auf Kosten der eigenen Partei. G.D.

 

Aus Versehen 14.000 Mark verdient

Dem Kölner Oberstadtdirektor Klaus Heugel, SPD-Kandidat für das Amt des Kölner Oberbürgermeisters, ist etwas Ärgerliches zugestoßen. Im August 1998 kaufte er ziemlich geistesabwesend 300 Aktien des Kölner Kabelherstellers Felten & Guilleaume (F&G), und zwar genau zu dem Zeitpunkt, als sich eine andere Firma, die Moeller-Gruppe, entschloß, F&G zu einem Kurs deutlich über dem Börsenkurs zu übernehmen.
Das wäre nicht weiter schlimm, doch Heugel ist als Oberstadtdirektor auch Aufsichtsratschef der Kölner Gas- und Elektrizitätswerke (GEW), die 25,6% Anteil an F&G hielten. Heugel war also genau über den Gang der Ereignisse informiert. Er wußte folglich früher als der durchschnittliche Investor über die Übernahme von F&G Bescheid und konnte daraus Profit ziehen. Und er tat es: gut 14.000 DM.
Dieses klassische Insider-Geschäft ist in Deutschland jedoch seit einigen Jahren verboten. Denn Heugels anonymer Gegenpart an der Börse wurde schließlich bei diesem Geschäft betrogen.
Aus Versehen, sagt Heugel. Er beruft sich auf mangelnde Zeit, die er dem Aktiendepot widmen konnte.
Nun ermittelt der Staatsanwalt wegen Verstoßes gegen das Wertpapierhandelsgesetz. Doch besonders der politische Schaden dürfte groß sein. Heugel steht entweder als Raffke oder als Trottel da - schwer wiegende Vorwürfe. Den SPD-Stammwählern, die bisher schon den Nobelklamotten-Kult der Bundesregierung ertragen mußten, wird viel zugemutet.