Editorial

Wir haben die Wahl

Am 12. September wird gewählt - schon ab 16

Die Kommunalwahl am 12. September wird die spannendste seit dem zweiten Weltkrieg. Denn fast alles hat sich verändert: Wer wählt, wer gewählt wird und wie gewählt wird.

Wählen darf man nun schon ab 16. Und erstmals wahlberechtigt sind auch die EU-Bürger, die hier ihren Wohnsitz haben.
Gewählt werden, wie sonst auch, der Stadtrat und die drei Bezirksvertretungen. Doch diesmal kommt noch die direkte Wahl des Oberbürgermeisters (OB) hinzu. Eine wichtige Entscheidung, denn der OB ist Chef der Verwaltung und somit wichtigster Politiker in Leverkusen. Und am selben Tag wird auch der Ausländerbeirat neu gewählt.
Auch das Wie hat sich geändert, wenn auch unfreiwillig (genauer gesagt durch eine Trotteligkeit der nordrhein-westfälischen Landesregierung). Denn das Landesverfassungsgericht hat die Fünf-Prozent-Hürde auf kommunaler Ebene verworfen. Diese Entscheidung, die keine der etablierten Parteien (inklusive Grüne) wollte, dürfte die Spannung weiter erhöhen. Nebenbei: Leider reichte es vor dem Wahltermin nur zu einem Wahlgesetz ohne die in anderen Bundesländern vorgesehenen, viel weitergehenden Möglichkeiten, etwa des Kumulierens und Panaschierens. Aber das kann noch kommen.

Die Folgen der Änderungen zeigen sich allerorten. Alle Parteien stellen ihre Spitzenkandidaten erkennbar in den Vordergrund. Auch bei den kleinen Parteien ist dies verständlich, denn die (eigentlich chancenlosen) Hiltrud Meier-Engelen (FDP), Gerd Wölwer (Grüne) und Erhard T. Schoofs (Bürgerliste) sind allesamt durchaus bekannt und fähig, zusätzliche Stimmen für ihre Parteien zu mobilisieren.
Doch das Rennen um das Amt des Oberbürgermeisters wird zwischen Walter Mende (SPD) und Paul Hebbel (CDU) entschieden. Die Wahrscheinlichkeit eines zweiten Wahlgangs, wenn keiner der OB-Kandidaten im ersten Wahlgang 50% der Stimmen erreicht hat, ist sehr hoch - daher sollte man sich das Datum der Stichwahl, den 26. September, gut merken.
Wer gewinnt, ist sehr schwer vorauszusagen. Für Walter Mende spricht ein gewisser struktureller Vorteil (Leverkusen ist immer noch arbeitnehmergeprägt) und seine Bekanntheit durch das Amt, gegen ihn seine nicht vorhandene Popularität, sein Manager-Gehabe und die damit nur schwer in Einklang zu bringenden Pannen und Fehler in der Stadtverwaltung.
Für Paul Hebbel spricht vor allem eine glückliche Kombination aus fachlichen, politischen und menschlichen Qualitäten. Der Landesverwaltungsdirektor ist in der Union völlig unumstritten. Sein Nachteil ist ein im Vergleich zu Mende geringerer Bekanntheitsgrad.
Auch der Stadtrat wird anders aussehen als bisher. Die FDP wird dank der fehlenden 5-Prozent-Hürde den Einzug wieder schaffen, vielleicht auch andere Gruppierungen wie die UWG, eine Abspaltung der Bürgerliste.
Die Bürgerliste selbst wird wohl wieder im Rat vertreten sein, ob man ihr aber ihren ewigen Saubermann-Anspruch noch lange abkauft, ist fraglich. Auch die Grünen werden, möglicherweise reduziert, wieder hineinkommen. Insgesamt könnte nach der Wahl ein unübersichtliches Gesamtbild herauskommen, ohne absolute Mehrheiten für den einen oder anderen Block.
Wir haben die Wahl: Und wir sollten sie nutzen. Meckern über "die" Politiker ist billig. Sich informieren ist schon etwas schwieriger. Das Wählen selbst ist ziemlich einfach. Also ran!