Satire

InTergalaktisch

Bonn. Im Telekom-Hauptquartier erörtern T-Chef Ron Sommer und den Vorstandskollegen T-Marketing, T-Zukunft, T-Entwicklung und T-Finanzen die Strategie für die Zukunft. Ron Sommer blickt suchend in die Runde ...

Sommer: Wo ist T-Kundenservice?

T-Marketing (verlegen): Äääh ... bei der Konkurrenz. Er murmelte etwas über fruchtlose Arbeit hier ... unangemessene Bezahlung ...

Mehrere Ts (nicken eifrig)

Sommer (alles vom Tisch wischend): Wir haben ihn sowieso nicht gebraucht. - Marketing, Bericht!

T-Marketing: Unserer Abteilung ist es gelungen, die Pläne der Konkurrenz aufzuklären. Unsere Agenten TT6 und TT7 starten nun, nachdem wir sie kurzzeitig vom Tatort loseisen konnten, eine neue Verkaufs- und Aktienoffensive. Wir sind überzeugt, in den nächsten Wochen einige Milliarden einsammeln zu können, um für den globalen Endkampf um die Herrschaft über die Kommunikation gewappnet zu sein.

Sommer (abschätzig): Ich höre immer nur "globaler Endkampf". Und was kommt danach? Wir brauchen Visionen, die über den globalen Aspekt hinausreichen! In einigen Jahren ist die Welt ein einziges Dorf. (beginnt zu schwärmen) Die Marslandung wird in wenigen Jahren gegessen sein. Kolonien auf den äußeren Planeten, falls sie nicht gerade aus Gas bestehen, sind nur noch eine Frage von Jahrzehnten. Und was sind schon Jahrzehnte? Ein Fliegendreck in der Geschichte des Universums! (bricht erschöpft ab)

T-Zukunft (eingeschüchtert): Wir dachten fürs erste eigentlich eher an so unbedeutende Kleinigkeiten wie die Fusion mit der Telecom Italia oder den Preiskampf mit TeleLev.

T-Finanzen (schockiert): TeleWas? Schon wieder ein Wettbewerber mehr?

T-Zukunft: Ruhig Blut. Die Jungs sind gerade mal einen Entwicklungsschritt über dem Dosentelefon und haben außerdem ihr Startkapital auf der Eröffnungsfeier mit ihrem Oberbürgermeister versoffen.

T-Finanzen (lehnt sich beruhigt zurück)

T-Zukunft: Aber bis wir den Mars vernetzen können, müssen wir erst die irdische Konkurrenz plattmachen. Zudem fehlen uns noch die technischen Voraussetzungen, um solche Großprojekte in Angriff nehmen zu können.

Sommer: Und warum fehlen sie uns? Entwicklung!

T-Entwicklung: Nun ja, wir haben gerade ein Problem mit unseren Kunden.

Sommer: Mit w e m?

T-Entwicklung: Kunden. Die, die unsere Gehälter bezahlen.

Sommer: Ach so! Customers! Ja, ich verstehe. Ein notwendiges Übel. Aber wo liegt das Problem? Machen sie etwa Schwierigkeiten?

T-Entwicklung (zögernd): Es wäre vielleicht am besten, wenn ich euch das Problem vor Ort in unseren Forschungslabors zeige, wo wir diese seltsamen Wesen unter fast natürlichen Bedingungen halten.

Der Vorstand begibt sich in die streng geheimen Forschungslabors im Tiefkeller des Telekom-Hauptquartiers. Ein zerknautscht aussehender Wissenschaftler führt gerade einem gutaussehden, Smoking-tragenden Herrn mit Seitenscheitel und britischem Akzent ein Taschenmesser mit 96 Klingen, einem Handy und einer Laserpistole vor, mit der er eine 2 cm dicke Stahlplatte durchbohrt.

Q: ... und Martini mixen kann das Ding auch.

Sommer: Gerührt, nicht geschüttelt.

Der Mann (überrascht): Woher wissen Sie das?

Sommer: Ich weiß nicht ... eine Eingebung.

Q: ... und passen Sie diesmal besser drauf auf! Lassen Sie es nicht wieder irgendwo rumliegen! Beim letzten Mal ... Sie wissen schon ... seit Belgrad haben die Chinesen was gegen uns. Und keine übertriebenen Weibergeschichten! Grüßen Sie Monica von mir. (verabschiedet den Mann) Was kann ich für Sie tun, meine Herren?

Sommer: Angeblich haben wir Probleme in der Entwicklungsabteilung mit diesen ... Custom- ... Kunden. Was ist da dran?

Q: Ich zeig's Ihnen. (Führt die Gruppe in den Zellenblock des Labors. Von einem endlosen Gang gehen Hunderte von Einzelzellen ab, in denen sich jeweils ein Mensch befindet.)

Q: Hier haben wir eine Auswahl unserer typischen Kunden. An ihnen testen wir alle verrückten Ideen, die Ihnen da oben so einfallen. (Öffnet die erstbeste Tür) Wie Sie wissen, besteht unsere jetzige Strategie darin, den Kunden zu verwirren, indem wir ihn mit neuen Begriffen überhäufen, die ihn vollkommen überfordern. Dieser Kunde glaubt, man könne das System auf eine rationale Basis zurückführen.

Kunde 1 (vor sich hinmurmelnd, Schweißperlen auf der Stirn, starrer Blick auf den Bildschirm seines Bildtelefons): Also wenn ich noch 13 Minuten warte, komme ich mit einer Bypass-Connection über den südlichen Atlantikraum über das Tarifgebiet 12M unter Einbeziehung eines uncodierten Stimulans-Impulses direkt zu einer Verbindung mit meinem amerikanischen Provider, der wiederum die Verbindung mit Köln-Kalk herstellt, zu 0,7 Cent weniger als ...

Sommer (ungeduldig): Ja und? Das ist doch Alltag!

Q: Ja, aber er beginnt langsam durchzublicken.

T-Marketing: Dann machen wir's eben ein bißchen komplizierter- (ein irres Gelächter ertönt aus der Nachbarzelle)

Q: Oh, dies ist ein tragischer Fall. Er wollte seine Telefonrechnung verstehen. Dafür allerdings hat er sich erstaunlich gut gehalten. (Ein Zinksarg wird an der Gruppe vorbeigetragen) Der da war kurz davor, mit seinem kompletten Anschluß zu einem privaten Konkurrenten zu wechseln.

Sommer: Und wie haben Sie das verhindert?

Q: Wie im richtigen Leben - wir schrieben eine Rechnung über die Ablösekosten.

Sommer (triumphierend zu den anderen Ts): Sehen Sie, meine Herren? Der rückständige Kunde dieses Planeten, kaum der Höhle entwachsen, aus der er vor 40.000 Jahren hervorgekrochen kam, ist doch nur ein Hemmschuh auf unserem Weg zu einer interstellaren Informationsgemeinschaft. Wir müssen das galaktische Dorf schaffen!

Q (interessiert): Ob Sie's glauben oder nicht, auch hier sind wir durchaus nicht vollkommen unwissend. Auch hier haben wir einige Studien begonnen, deren Ergebnisse jedoch eher ernüchternd ausgefallen sind.

T-Zukunft: Aha?

Q: (stößt die letzte Zellentür auf)

Ein ca. 1,20 m hohes Wesen mit riesigem Kopf und dürrem Hals hämmert verzweifelt auf eine Telefongabel.

Wesen: Nach Hause .... nach Hause telefonieren!!!

Nach diesem enttaüschenden Ausflug in die Zukunft beschloß der Telekom-Vorstand, vorerst kleinere Brötchen zu backen und lediglich ein weltweites Kommunikationsmonopol mit einem Umsatz von 2 Billionen Euro und Sitz in Bonn zu schaffen.

MiWi / G.D.