Lifestyle

Alltag mal anders

Als Austauschschüler in Grand View, Idaho

Schule mal anders - das wünscht sich sicher jeder Schüler. Dasselbe habe ich mir auch gedacht, als ich mich entschied, an einem Amerika-Schüleraustausch teilzunehmen. Ein Jahr ohne die Lehrer in der Heimat, die einen ja sowieso nur zum Wahnsinn treiben mit Klausuren, Hausaufgaben und anderen "Unnötigkeiten".
Mein Austausch ging nach Grand View, Idaho am Snake River im Nordwesten der Vereinigten Staaten.
Heeeeeeeee?
Man muß nicht unbedingt wissen, wo Grand View liegt, da es mit seinen 350 Einwohnern ein besseres Kuhdorf ist. Die Schule, die ich dort mit 250 anderen Schülern aus zwei Dörfern und dem Umland besuche, ist die Rimrock Jr./Sr. High School. Und Rimrock ist in der Tat "different". Nicht nur daß es eine kleine Schule ist, zumindest im Vergleich zu deutschen Schulen, sie bietet auch einen etwas anderen Schulalltag.


12 Schuljahre

In den USA hat man 12 Schuljahre im Gegensatz zu den deutschen 13. Jedes Schuljahr ist in vier Quartale und zwei Semester eingeteilt. Am Ende jedes Quartals gibt es "Reportcards", vergleichbar mit den Zeugnissen. Während des Quartals werden Tests und Hausaufgaben zur Notengebung herangezogen, und am Ende des ersten Semesters steht ein Semesterfinal, das den Stoff des gesamten letzten Semesters beinhaltet. Am Ende des Jahres kommt dann der "Finaltest" für das gesamte vergangene Jahr.
Die Jahrgangsstufeneinteilungen erfolgen folgendermaßen: Jahrgangsstufe 1 bis 6 ist Elementary School, die folgenden Stufen 7 und 8 sind Junior High, und 9 bis 12 sind Senior High. Schüler der Stufe 9 sind die Freshmen, Stufe 10 Sophmores, Stufe 11 Juniors und Schüler der 12. Klasse sind die Seniors. Je höher die Klassenstufe, desto mehr Privilegien stehen einem zu. Das äußert sich, nur als Beispiel, bei der Lunchausgabe. Seniors verlassen die Klassenraume für den Lunch vier Minuten vor allen andern. Danach ist die Reihenfolge Juniors, Sophmores und dann Freshmen.


Jahrgangsübergreifender Unterricht

Der größte Unterschied im Schulsystem ist aber aller Wahrscheinlichkeit nach die Aufteilung der Klassen. Jeder Schüler muß acht Klassen belegen, und jede Unterrichtsstunde ist 90 Minuten lang. Jeden Tag hat man vier der acht Stunden und am nächsten Tag die restlichen vier Stunden. Somit hat man jeden zweiten Tag die gleichen Stunden. Schule beginnt um 8:40, es folgt die erste "Period" von 90 Minuten. Danach hat man 5 Minuten, um zur nächsten Klasse zu kommen, die dann wieder 90minütig ist. Wieder 5 Minuten, dann 35 Minuten Unterricht bis zum Lunch von 12:25 bis 12:50 Uhr. Lunch kostet übrigens 1.35$, soviel wie 2.30DM.
Es folgen die restlichen 55 Minuten der dritten Stunde, eine 5-Minuten-Pause und die letzte Stunde. Schule ist aus um 3:25 Uhr. Danach geht's zum Sport oder nach Hause.


Jedem sein eigener Stundenplan

Anders als in Deutschland, wo man nur mit Leuten aus der gleichen Stufe zusammensitzt, hat man gemischte Klassen in den USA. Es ist möglich, daß man in einer Klasse sowohl mit Leuten aus niedrigeren als auch aus höheren Klassenstufen zusammensitzt. Das kommt dadurch zustande, daß sich jeder Schüler seinen eigenen Stundenplan zusammenstellen kann, wobei einem der Guidence Counselor hilft. Man hat zwar Pflichtfächer, wie Mathematik, Geschichte und Englisch, darüber hinaus jedoch besteht Freiheit über die Wahl der Fächer. Bedingt durch dieses System besteht kein einheitlicher Stundenplan für die einzelnen Klassenstufen.


25$ für den Lappen

Die Auswahl der Fächer ist trotz der kleinen Schule relativ groß, so daß jeder etwas dem eigenen Interesse nach finden kann. Amerikanische Schulen sind mehr berufsorientiert, was sich sowohl in der Unterrichtsweise als auch am Fächerangebote widerspiegelt. Man kann zum Beispiel den Führerschein machen, wozu man in Idaho nur 15 Jahre alt sein muß. Er kostet 25$, was natürlich ein traumhafter Preis ist, wenn man überlegt, was der Lappen in Deutschland kostet.
Andere Klassen wie Ag, Wood Shop, FFA, FHA etc. bringen einen guten Einblick ins Berufsleben. In den verschiedenen Ag classes lernt man, mit Maschinen umzugehen und dieselben zu reparieren. Es werden außerdem spezialisierte Klassen wie Small Gasengine Repairs angeboten. In Wood Shop lernt man Holzbearbeitung, FFA heißt Future Farmers of America und bringt einem die Grundsätze des Farmens bei. FHA sind die Future Housekeepers of America und lehrt den Schülern Housekeeping im Erwachsenenleben, was übrigens auch ein Fach ist - Adult Living. Für den musikinteressierten Schüler gibt es zwei Bandklassen.


Schule der Mittelpunkt

Die Lehrer sind alle recht hilfsbereit zu den "Students" und helfen sowohl im Unterricht als auch nach Schulschluß bei größeren Problemen.
Die Möglichkeit, nach der Schule Sport zu treiben, und weitere Schulaktivitäten wie Homecoming, verschiedene Tänze und der Abschlußball machen Schule in Amerika zum Zentrum des Teenagerlebens.
Davon abgesehen, daß die amerikanischen Schulen im internationalen Vergleich nicht als die besten dastehen, ist das System der Klassenaufteilung gut, denn es gewährleistet eine breitere Meinungsvielfalt durch die unterschiedlichen Klassenstufen und das Lernen der jüngeren von den älteren Schülern.


Nur keine Angst

Und für all diejenigen, die über einen Austausch nachdenken: keine Angst, Schule in Amerika ist im allgemeinen einfach, so daß ein Durchschnittsschüler in der Heimat zu einem "4.0 Student" (Schüler mit einem Durchschnitt von 1) in den USA werden kann, ohne besonders viel zu tun. Sprachprobleme werden schnell beseitigt, denn wenn man nicht drum herum kommt, Englisch zu sprechen, lernt man unglaublich schnell. Informationen über Austauschprogramme gibt es im Amerikahaus in Köln oder nach meiner Rückkehr bei mir.
Also: Go ahead, and give it a shot.

G.T.