Leverkusen

DIREKT UND UNMITTELBAR

Der Oberbürgermeister wird nun vom Volk gewählt

Die Kommunalwahl am 12. September diesen Jahres wirft bereits ihre Schatten voraus. Unschwer auszumachen an den Dreieckständern, auf denen im Stadtgebiet zumindest die beiden großen Parteien schon heute ihre Kandidaten für das Amt des künftigen Oberbürgermeisters plakatieren.
Ein erster Vorgeschmack auf die eigentliche heiße Phase des Kommunalwahlkampfes, die unmittelbar nach dem Ende der diesjährigen Sommerpause unweigerlich einsetzen wird, bevor die Wählerinnen und Wähler in den 396 Städten und Gemeinden sowie den 31 Kreisen Nordrhein-Westfalens schließlich über die Zusammensetzung ihrer Kommunalparlamente mittels Stimmabgabe für die kommenden fünf Jahre entscheiden.
So auch in Leverkusen, wo es um neue Mehrheiten im Rat der Stadt und in den drei Bezirksvertretungen geht.


Neuerungen

Jedoch wird sich die diesjährige Kommunalwahl für die stimmberechtigten Bürgerinnen und Bürger deutlich von den bislang gewohnten Wahlgängen unterscheiden.
Abgesehen davon, daß erstmals auch Jugendliche ab 16 Jahren sowie die ausländischen Mitbürger aus den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union wahlberechtigt sind, wird der Wähler in der Kabine bei den Kommunalwahlen künftig gar mit drei verschiedenen Stimmzetteln konfrontiert.
Denn neben den Kandidaten für Rat und Bezirk gilt es nun erstmals, direkt und unmittelbar für die Person des Oberbürgermeisters seine Stimme abzugeben. Dies stellt eine echte Premiere dar! Denn wer letztendlich nach einer Kommunalwahl Oberbürgermeister wurde, entschied in der Vergangenheit jeweils der neugewählte Rat zu Beginn der Legislaturperiode in seiner ersten, der sogenannten konstituierenden Sitzung.
Darin wurde ein Ratsherr beziehungsweise eine Ratsfrau (letztere Alternative bestand in der Geschichte Leverkusens bislang nur theoretisch) aus diesem Kreis heraus zum Oberbürgermeister gewählt.
Wer dies denn wurde, war von den Mehrheiten in diesem Gremium abhängig, über die zuvor die Wähler entschieden hatten. Da aber auch in den Stadt- beziehungsweise Gemeinderäten absolute Mehrheiten die Ausnahme sind, mußte sich die stärkste Fraktion, der zunächst einmal naturgemäß der Zugriff auf das Amt des Oberbürgermeisters zustand, der Unterstützung anderer, zumeist eine der kleineren Fraktionen, versichern, um die erforderliche Zustimmung für den Ratsherrn zu erlangen, den sie zuvor im Kommunalwahlkampf als Spitzenkandidat für die Position des Oberbürgermeisters besonders herausgestellt hatte.
Die Wähler hatten bis dato also nur indirekten Einfluß darauf, wer schließlich zum Oberbürgermeister gekürt wurde.


Nur indirekter Einfluß

Mitunter konnte es nämlich vorkommen, daß der ursprünglich vorgesehene Kandidat im Rat nicht mehrheitsfähig war und man sich um der erforderlichen Zustimmung. wegen auf eine andere Person verständigen mußte.
So in Leverkusen nach der letzten Kommunalwahl geschehen, wobei man sich dann allerdings aufgrund der Übergangsvorschriften von der alten auf die neue Kommunalverfassung auf die Person des bisherigen Hauptverwaltungsbeamten der Stadt, dem damaligen Oberstadtdirektor, einigte, um die notwendige Mehrheit im Rat erzielen zu können. Dieser wurde dann Kraft seines Amtes als Oberbürgermeister sechzigstes Mitglied des Rates, der bis dahin wohlweislich mit 59 Ratsleuten eine ungerade Mitgliederzahl aufwies.


Wahlabsprachen überflüssig

Derartige Absprachen und Vereinbarungen sind künftig überflüssig. Denn der nächste Oberbürgermeister bedarf einer eindeutigen Mehrheit durch die Wähler, er muß mindestens die Hälfte aller Stimmen auf sich vereinigen. Dazu wird aller Voraussicht nach eine Stichwahl erforderlich sein, die bereits für den 26. September 1999 terminiert wurde. Allein in Leverkusen bewerben sich nach dem aktuellen Stand fünf Kandidaten um das Amt des Oberbürgermeisters, von denen wohl kaum einer gleich im ersten Wahlgang am 12. September 1999 die absolute Mehrheit erreichen kann.


Stichwahl wahrscheinlich

Also werden die beiden Kontrahenten, die bei der ersten Abstimmung die meisten Stimmen gewinnen, die Sache vierzehn Tage später unter sich ausmachen.
Die Stichwahl dürfte im übrigen nicht nur in Leverkusen stattfinden, sondern in nahezu allen nordrhein-westfälischen Kreisen, Städten und Gemeinden den Regelfall darstellen. Die Direktwahl des Oberbürgermeisters kann dabei zu einer Konstellation führen, in der ein Bewerber in dieses Amt gelangt, dessen Partei im Rat nicht die Mehrheitsfraktion stellt. In diesem Fall führt der Oberbürgermeister den Vorsitz in einem Rat, in dem er über keine eigene politische Hausmacht verfügt.
Hier hätte dann 7beim Wähler die Persönlichkeit eines Bewerbers über die Präferenz für eine bestimmte Partei obsiegt. Eine solche Situation würde dann gegebenenfalls einen nochmals höheren Anspruch an die Person des neuen Oberbürgermeisters stellen.
Ein gewichtiger Grund für die Reform der Kommunalverfassung und die damit einhergehende Direktwahl des Oberbürgermeisters war die Abschaffung der sogenannten Doppelspitze in den nordrhein-westfälischen Kommunen.
Ein Erbe, was noch von der Übernahme des Verwaltungssystems nach britischem Vorbild aus der Besatzungszeit nach dem Zweiten Weltkrieg herrührte.
Denn spätestens mit dem 12. beziehungsweise 26. September 1999 wird landauf, landab in Nordrhein-Westfalen der (Ober-)Bürgermeister/Landrat nicht mehr nur repräsentieren und den Vorsitz in Rat(Kreistag) innehaben, sondern gleichzeitig der Verantwortliche für die Leitung und Beaufsichtigung des Geschäftsvorgangs der gesamten Verwaltung sein. Er leitet und verteilt die Geschäfte, wie es in der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen, neueste Fassung, heißt.
Eigentlicher Chef vom Ganzen war bisher der Hauptverwaltungsbeamte, für dessen Handeln oder Unterlassen oftmals die Politik, der Rat und insbesondere der Oberbürgermeister den Rücken hinhalten mußte.


OB jetzt gesamtverantwortlich

Damit hat es nun ein Ende. Der vom Bürger direkt gewählte Oberbürgermeister ist diesem nun auch direkt gegenüber verantwortlich! Die Verantwortung läßt sich nicht mehr so einfach auf einen anonymen und abstrakten Apparat abschieben, wie ihn Verwaltungen gemeinhin eben so darstellen.
Daher sollte man am 12. September 1999 neben den Vertretern für Rat und Bezirk auch seinen Oberbürgermeister wählen und vor allen Dingen zwei Wochen später einen der beiden Oberbürgermeisterkandidaten, die sich der Stichwahl stellen. Es gilt, seinem favorisierten Kandidaten nach gutem demokratischen Brauch sein Vertrauen mit seiner Stimme auszusprechen, denn dieses Vertrauen muß ein Oberbürgermeister letztendlich auch rechtfertigen.