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5 Sekunden nach dem Urknall

Internet: Einzige Konstante ist die Veränderung

Nirgendwo geht es zur Zeit heißer her als auf dem Internet-Markt. Unternehmen, die vom Umsatz her in Deutschland und anderswo als nicht einmal große Mittelständler eingeordnet würden, werden in den USA an der Börse zu Preisen gehandelt, die schwindelig machen.

30 Milliarden Dollar für Yahoo

Besonders kraß ist das Beispiel Yahoo. Jeder, der schon mal gesurft hat, kennt diesen wohl vielseitigsten Internet-Dienstleister, wobei der berühmte Katalog (Yahoo ist keine Suchmaschine!) nur einen Teil der Aktivitäten ausmacht. Zum Zeitpunkt des Entstehens dieses Artikels wurde diese Aktie mit dem 1365fachen (!!!) des erwarteten Gewinns bewertet, und zwar mit sage und schreibe 30 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Das ist mehr als der Börsenwert des Giganten Bayer.
Aber, wenden hier alle Internet-Gurus ein, solche Vergleiche darf man eben nicht ziehen. In den nächsten Jahren werden die Umsätze und Gewinne der Internet-Firmen und -Dienstleister explosionsartig steigen. Wir befinden uns, sagt der Chef des Internet-Suchdienstes Excite, gerade mal 5 Sekunden nach dem Urknall. Das Internet ist kaum geboren und wird in den nächsten Jahren unendlich viel mehr leisten können als heute. Entsprechend werden natürlich auch die Firmen mehr umsetzen und verdienen - sehr viel mehr.

Es zählt der Verkehr

Darauf setzen die Börsianer. Und daher werden schon heute die erfolgsträchtigsten Internet-Marken zu schwindelerregenden Preisen gehandelt - die sich im nachhinein als vielleicht sogar ganz billig entpuppen könnten. Denn heute werden die Weichen gestellt, wer in Zukunft "Big Player" und wer "Looser" ist.
Ein weiterer Trend ist eine große Konzentrationswelle. Dabei wird versucht, möglichst viel "Verkehr" einzukaufen. Als der (noch?) unbestrittene Internet-Marktführer AOL Ende letzten Jahres Netscape für 4 Milliarden Dollar übernahm, war es weniger der Zugriff auf die innovative Software, die das Unternehmen so attraktiv erscheinen ließ, sondern vielmehr Netscapes vielbesuchte Sites. Nur wo Verkehr herrscht, kann Werbung plaziert, können vielfältige andere Dienstleistungen angeboten werden - vom Buchkauf über Auktionen und Onlinebanking bis zum Wertpapierhandel.

Konzentration

Und so ging es weiter - Schlag auf Schlag. Disney beteiligte sich an Infoseek. Yahoo übernimmt Geocities. Der Computerhersteller Compaq, dem seit der Übernahme von DEC auch der Suchdienst AltaVista gehört, will diesen fit machen und an die Börse bringen, spätere Heirat nicht ausgeschlossen.
Der Suchdienst Excite wird vom Kabelinternetdienst @Home zum Preis von 6,7 Milliarden Dollar übernommen. Hinter @Home steht wiederum das Kabelfernsehunternehmen TCI und dahinter wiederum der Telefongigant AT&T.
Dabei müssen sich die Giganten von heute sputen. Denn die Internetfirmen haben durch ihre hoch gehandelten Aktien eine hervorragende "Währung" zur Hand, um schnell zu expandieren. Die Großen von heute könne schnell die Kleinen von morgen sein.
Selbst die Deutsche Telekom baut ihren Onlinedienst T-Online zügig aus mit dem Ziel, als Internet-Portal so viel Verkehr wie möglich anzuziehen. Man kann inzwischen sogar schon seine E-Mails über das WWW abrufen. Und am Horizont winkt ADSL, das Viagra für alte Kupferdrähte, das Datenübertragungen bis zu 100mal schneller macht (siehe POLITEIA 184). Auf seine alten Tage wird der pinke Riese noch mal richtig innovativ. Schon allein das zeigt, wie umwälzend das Internet schon heute wirkt.