Politik

Taktlosigkeiten

Das sei etwas für Diplomaten, soll Gerhard Schröder gesagt haben, als man ihn fragte, warum er bei seinem Antrittsbesuch in Polen keinen Kranz am Mahnmal des unbekannten Soldaten niedergelegt habe.
Jenes Mahnmal, an dem Willy Brandt Anfang der siebziger Jahre sogar niederkniete, um spontan seine Demut angesichts mehrerer Millionen von Deutschen getöteter Polen im und während des zweiten Weltkrieges auszudrücken.
Schröder sagt auch, daß die Deutschen wieder ein ganz normales Volk werden müßten. (Man könnte hinzufügen: Einen ganz gewöhnlichen Kanzler haben wir ja schon.)
Der Bundeskanzler dachte auch nicht daran, am 9. November zusammen mit den Franzosen und anderen Europäern dem Ende des ersten Weltkrieges in Paris zu gedenken.
Nun könnte man zumindest für letzteres Verständnis haben. Immerhin hat Deutschland diesen Krieg verloren. Doch war der erste Weltkrieg für Frankreich der verlustreichste Krieg überhaupt, weit verlustreicher als der zweite (der ja dort 1940 nach sechs Wochen vorbei war und erst nach dem 6.6.1944 weiterging). Der erste Weltkrieg war ein großes, viele Millionen Menschenleben fressendes Abschlachten.
Gerade der 9. November wäre der richtige Anlaß gewesen, gemeinsam mit Frankreich der Tragödie von 1914-18 zu gedenken und andererseits in die Zukunft eines neuen, zusammenarbeitenden Europas zu schauen.
Eines ist sicher: Hätte ein CDU-Kanzler sich in all diesen Punkten ähnlich verhalten, hätte man ihn längst von seiten der linken Intellektuellen als Nationalisten geschmäht, der braunes Gedankengut wieder hoffähig macht.
Das ist bei Schröder natürlich nicht der Fall. Ihm fehlt einfach entweder das Geschichtsbewußtsein, oder er ist zu unsicher auf internationalem Parkett. Oder beides. Wahrscheinlich.