Leserbrief

Leserbrief zum Artikel "Die Rache der Lochkarten" aus POLITEIA 186

Herzlichen Glückwunsch! Nils Lange (und vermutlich die gesamte Redaktion) hat die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung auf seiner Seite, wenn er schreibt, daß die Menschheit in knapp 14 Monaten einen Jahrtausendwechsel erleben kann. Selbst die Kollegen vom Fernsehen glauben daran - wie man hört, hat SAT 1 die Rechte an der Übertragung des Feuerwerks am Brandenburger Tor in der Nacht vom 31.12.1999 auf den 1.1.2000 erworben.
Dumm nur, daß der Wechsel in ein neues Jahrtausend 12 Monate später stattfindet. Dumm vor allen Dingen für diejenigen, die schon viel Geld für einen ganz normalen Jahreswechsel ausgegeben haben (oder bestimmt ausgeben werden). Dabei ist die Sache ganz einfach:
Die Zeitrechnung begann am 1. Januar 1, auch wenn das damals keinem Menschen bewußt war. Das erste Jahr war am 31. Dezember 1 vergangen, das zweite Jahr am 31. Dezember 2. Und jetzt muß man nur noch zählen: 10 Jahre waren am 31. Dezember 10 vorbei, keinesfalls am 31. Dezember 9. 100 Jahre waren am 31. Dezember 100 vorbei; der 1. Jahrhundertwechsel fand in der Nacht vom 31. Dezember 100 auf den 1. Januar 101 statt.
Jetzt kommt der "Quantensprung": Der erste Jahrtausendwechsel konnte in der Nacht vom 31. Dezember 1000 auf den 1. Januar 1001 gefeiert werden. Schließlich waren erst am 31. Dezember 1000 die ersten tausend Jahre der Zeitrechnung vorbei. Und vom 1. Januar 1001 bis zum 31.12.1999 sind es gerade mal 999 Jahre. Am 1.1.2000 beginnt das letzte Jahr dieses Jahrtausends. 12 Monate später kann dann tatsächlich der Jahrtausendwechsel gefeiert werden.
Woraus man schließen kann, daß Mehrheitsmeinung nicht immer richtig sein muß. So etwas kann man auch nach Bundestagswahlen feststellen!

Helmut Fiebig
Anna-Seghers-Str. 17
40789 Monheim am Rhein

 

Zum Leserbrief von Helmut Fiebig möchte ich folgendes anmerken:
In Geschichtsbüchern heißt es beispielsweise: "Im Jahre 800 nach Christus ..." Gemeint ist dabei das Jahr 800, dies setzt die Geburt Christi 800 Jahre vorher, also im Jahre 0 voraus. Es ist somit - zumindest mathematisch gesehen - Beginn unserer Zeitrechnung. Da dies damals, wie Helmut Fiebig richtig schreibt, niemandem bewußt war, ist der Zeitrechnungsbeginn einige Jahrhunderte später auf den 1. Januar 0 zurückdatiert worden.
Also waren die ersten 10 Jahre, das 1. Jahrzehnt, am 31.12.9 vorbei, das 1. Jahrhundert am 31.12.99 usw. Die Jahrzehnte, Jahrhunderte, Jahrtausende werden somit durch die Zehner-, Hunderter-, Tausenderstellen angegeben.
All dies war jedoch nicht Gegenstand meines Artikels. Das Kernproblem ist die richtige EDV-Behandlung des Jahreswechsels von 1999 auf 2000. In EDV-Fachkreisen wird dies als Jahrtausendproblem bezeichnet. Ob man tatsächlich beim Zählen der Jahre mit 0 oder mit 1 angefangen hat, ist für Rechnerprogramme uninteressant.

(N.L.)