Politik

Auschwitz 1998

Auschwitz, dieses fürchterliche Synonym für die industrielle Vernichtung von Menschenleben ist uns allen ins Gedächtnis gebrannt. Die menschenverachtende Ideologie der Nationalsozialisten rottete beinahe das ganze jüdische Volk aus; ein Vorgang, so einmalig in der Geschichte der Menschheit, daß sich zivilisierte Menschen noch heute fragen: Wie konnte so etwas geschehen, wie konnte so etwas zugelassen werden?
Heute, im Jahre 1998, glaubt man aus der Geschichte gelernt zu haben. Aber spätestens mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 27.10.1998 muß man seine Meinung ändern.
Der Freistaat Bayern hatte in einem Ausführungsgesetz zur neuen Abtreibungsregelung festgelegt, daß die Haupteinnahmen einer Arztpraxis nicht aus Abtreibungen stammen darf. Hiergegen hatten die beiden bayerischen Ärzte Friedrich Stapf und Andreas Freudemann geklagt und prompt recht bekommen.
Nun können Kinder am Fließband vernichtet werden, einer industriellen Tötung steht nichts mehr im Wege, sie geschieht förmlich mit höchstrichterlicher Billigung und Genehmigung. Mögen diese beiden Henker also weiter ihres Amtes walten, denn schnöde Profitgier zu befriedigen ist scheinbar ihr Hauptinteresse; mit den hohen ethischen Ansprüchen der sonstigen Ärzteschaft hat die Berufsauffassung dieser beiden Ärzte nichts mehr zu tun.
Aber es ist auch bezeichnend für unseren Staat und unsere Gesellschaft, daß es auch inzwischen, im Namen des Volkes, zu solchen Urteilen kommen kann. Es hat zwar bei dem Urteil ein Minderheitenvotum gegeben, doch rechtskräftig ist dieses Urteil allemal. Die Judikative hat sich also nun der Legislative angeschlossen. Das stand leider zu erwarten, doch damit wird das Urteil nicht richtiger, wie das Abtreibungsgesetz hierdurch nicht moralisch und ethisch unbedenklicher wird.
Nach dem zweiten Weltkrieg, die Schreckensherrschaft der Nazis hinter sich gelassen, sagte man "Nie wieder, wehret den Anfängen". Heute haben wir den Grundstein zu diesen Anfängen in den Gräbern der abgetriebenen Kinder gelegt.

K.R.