Leverkusen

Das Jahr danach

Calvin Oldham ist neuer Trainer der Bayer-Basketballer

"Wir brauchen nach neun Jahren einfach einmal neue Impulse", so mußte Otto Reintjes, Manager der Bayer 04-Basketballer, gegen Ende der letzten Bundesligasaison vor versammeltem Publikum die Entscheidung der Abteilungsführung rechtfertigen, den Vertrag von Cheftrainer Dirk Bauermann nicht mehr zu verlängern. Ein Großteil des Leverkusener Basketballpublikums war über diesen Entschluß nicht sonderlich glücklich.
Schließlich war es Dirk Bauermann gewesen, unter dessen Ägide die "Riesen vom Rhein" die Deutsche Meisterschaft quasi abonniert hatten, viermal das Double einfuhren und auch auf der Europaliga-Bühne ständig präsent gewesen waren. Doch den glanzvollen Jahren waren nach dem "Bosman-Urteil" Jahre gefolgt, die für das erfolgsverwöhnte Leverkusener Publikum eine schlagartige Ernüchterung bedeutet hatten. Zuletzt konnte die Relegation nur mit Ach und Krach vermieden werden.

Konzept weiterführen

Eine der Einstellungsbedingungen für einen Bauermann-Nachfolger war gewesen, daß dieser das Konzept des Neuaufbaus mit jungen Spielern weiterführen würde.
Tatsächlich schaffte man es, den Wunschkandidaten des Vorstands an den Rhein zu holen: Calvin Oldham. Der in Cleveland/Ohio gebürtige 2,05 m-Hüne gehört sozusagen zum Bundesliga-Urgestein. Bevor er seine Tätigkeit als Trainer von Baskets Bayreuth aufnahm, war er als Spieler in Bayreuth, Berlin und Ulm tätig.
Doch nicht nur auf dem Trainerposten tat sich zur neuen Saison etwas. Die beiden Amerikaner Milton Wagner und Rahsaan Smith, die jeweils nur einen Einjahresvertrag bekommen hatten, verließen das Team. Ebenso mußte Alexander Kühl seinen Platz räumen. Lange hingehalten wurde die Planung für die neue Saison durch Denis Wucherer. Erst im August war sein Wechsel zum italienischen Erstligisten Stefanel Mailand unter Dach und Fach.
Bei der Neubesetzung der freien Positionen in der Mannschaft ging Trainer und Manager mit Bedacht vor. Zum einen sollen nun mit Marin Petric und Sasa Zivanovic zwei weitere Spieler aus der eigenen Jugend an die Bundesliga herangeführt werden.
Zum anderen wurden mit Paul Deppisch und Walter Bond zwei auslands- bzw. NBA-erfahrene Spieler ins Team geholt. Le Shell Wilson (23), der die zweite Ausländerposition besetzt, soll außerdem als Center die Spielstärke unter den Körben verbessern.

Erste Einblicke

Mittlerweile sind einige Spiele in der neuen Saison absolviert. Tatsächlich läßt sich sagen, daß Chefcoach Oldham im Vergleich zu Ex-Trainer Bauermann einige neue Impulse im Team gesetzt hat. Die jungen Spieler kommen öfter zum Zuge, und längst nicht nur, wenn das Spiel sowieso entschieden ist.
So etwa der 18jährige Matthias Weber beim Bundesligaspiel gegen die Hagen Hunters. Er nutzte seine Chance und konnte in sieben Minuten Spielzeit gleich neun Punkte erzielen. Auch Axel Pleuger (20) und Sasa Zivanovic (17) konnten erste Bundesligapunkte erzielen.
Besonders gutgetan hat der Trainerwechsel aber Maurizio ("Mo") Pratesi. Von Reintjes vor einem Jahr als potentieller Erbe von Denis Wucherer auf der Aufbau-Position nach Leverkusen geholt, plagte sich der gebürtige Finne mehr schlecht als recht durch die vergangene Saison.
Sicherlich mußte er, solange Denis noch im Bayer-Trikot spielte, gezwungenermaßen ins zweite Glied. Doch konnte der aufmerksame Zuschauer schon beobachten, wie nach jeder mißlungenen Aktion Mo's Blick verängstigt Richtung Trainer ging. Warum auch immer, das Verhältnis zwischen Spieler und Trainer schien ziemlich gestört.
Unter Calvin Oldham kann sich der 23jährige Pratesi dagegen jetzt voll entfalten. Höhepunkt war bisher das Spiel gegen Würzburg: Mit spektakulären Dunks und Dreiern (insgesamt 25 Punkte) trug er maßgeblich zum 90:78-Erfolg der Bayer-Riesen bei. Seine Leistung überzeugte derart, daß der sonst bei Pressekonferenzen eher zurückhaltende Manager Reintjes eigens zum Mikrofon griff, um Maurizio Pratesi zu loben.

Auch dieses Jahr europäisch vertreten

Sicherlich wäre es falsch und derzeit sowieso verfrüht, den neuen Trainer einzig und allein daran zu messen, was er im Vergleich zu seinem Vorgänger besser macht. Trotzdem ist eines sicher: Die Zweifel einiger Fans, daß es sich nach der Bauermann-Ära nicht mehr lohnen würde, in Leverkusen zum Basketball zu gehen, sind völlig unberechtigt.
Der vor einem Jahr eingeschlagene Weg mit einem jungen und begeisterungsfähigen Team wird konsequent weiter begangen und zeitigt bereits erste Erfolge: Die Qualifikation für den Korac-Cup wurde erfolgreich absolviert. Nun dürfen die "jungen Wilden" ihre Kräfte mit europäischen Spitzenklubs wie FC Barcelona und Racing Paris messen.

Aktuelles zu den Bayer 04-Basketballern ist im Internet zu finden unter http://www.leverkusen.com/bayer04.

M.W.