Politik

Rot+Grün = 4 Jahre Chaos

Was hält die Wunschkoalitionäre zusammen außer der gemeinsame Gegner Kohl?

Die Plakate sagen es schon seit langem: "Ich bin bereit." Wozu Gerhard Schröder bereit ist, das steht zwar nicht auf dem Plakat, aber das weiß ja sowieso jeder: Er will Helmut Kohl als Bundeskanzler ablösen. Wovon das linke Lager schon seit Jahren träumt, das soll der Niedersachse jetzt wahr machen. Klar ist auch, wer der Koalitionspartner bei der Verwirklichung des linken Traums sein soll: Bündnis 90/Die Grünen.

Verteidigung und Kernenergie...

Fraglich ist jedoch, wie lange eine derartige Wunschkoalition halten könnte. Im Laufe des Sommers wurden ja schon einige Sollbruchstellen sichtbar, die man von grüner Seite her bemüht war, schnell zu kitten.
Schon seit ihrem letzten Parteitag geht ein Riß nicht nur durch die Koalition in spe, sondern auch durch die grüne Partei selbst, was die Rolle der Bundeswehr betrifft. Auflösung der Armee und Austritt aus der NATO waren die Themen, die trotz einer Zustimmung des Parteitags später aus dem Programm gestrichen wurden. Die Krone setzte dem ganzen Theater aber der Auftritt von Parteichef Trittin bei einer Gegenveranstaltung zum öffentlichen Gelöbnis in Berlin auf. Nachdem er die Bundeswehr mit Hitlers Wehrmacht verglichen hatte, forderte der außenpolitische Sprecher seiner Partei, Gerd Poppe, öffentlich den Rücktritt Trittins.
Ein anderer wahrscheinlicher Streitpunkt wird der Ausstieg aus der Kernenergie sein. Während Schröder des letzte Atomkraftwerk in 30 Jahren vom Netz genommen sehen will, stellten die Grünen noch Anfang Juli eine Acht-Jahres-Frist als unabdingbare Voraussetzung für eine Koalition auf.

...Tempolimit und Transrapid...

Eine weitere Reibungsstelle wird die Frage eines generellen Tempolimits auf Autobahnen sein. Hier sprach sich die bündnisgrüne Bundestagsabgeordnete Gila Altmann im Namen ihrer Partei für Tempo 100 aus. Nicht nur die jetzige Koalition, sonder auch SPD-Politiker zeigten eine breite Ablehnungsfront: "Abstruser Unsinn" (Hans Eichel, hessischer Ministerpräsident, SPD) "Grüne zeigen Lust am Untergang" (Gerhard Schröder, SPD). Noch nicht lange her sind auch die grünen Forderungen nach fünf Mark pro Liter Benzin und einer Begrenzung von Flugreisen.
Und neben den großen Streitfragen gibt es auch noch die kleinen Nadelstiche: Gerhard Schröder setzt sich für eine Forcierung des Transrapid-Baus ein; in Norddeutschland müssen die Grünen die Kröte der Ostsee-Autobahn schlucken, die von Landesregierungen unter SPD-Führung bzw. mit SPD-Beteiligung durchgesetzt wurde.

...Fortschritt oder Stillstand

Viele Bürger sind des Stillstands und der Blockade in der Politik überdrüssig. Doch es ist zu befürchten, daß mit Rot/Grün aus der derzeitigen Blockade durch den politischen Gegner im Bundesrat dann eine Selbstblockade der Partner in der Koalition werden würde. Die Bürger Nordrhein-Westfalens könnten ein rot-grünes Klagelied über Braunkohle-Tagebaue und Flughafen-Erweiterungen singen...

M.W.