Politik

Nachlesen zur Landtagswahl in Sachsen-Anhalt

Verständnis statt Zwietracht

Wer ist Hauser? Bis vor kurzem hätte der einigermaßen informierte Fernsehzuschauer gesagt: "Das ist doch das Pendant zu Kienzle im ZDF-Magazin Frontal." Heute dagegen würde die Antwort wohl anders ausfallen: "Das ist doch der neue Regierungssprecher, der gesagt hat, daß die Ostdeutschen falsch wählen würden."
Für seine Äußerungen über das Wahlverhalten hat Otto Hauser einiges an Prügel einstecken müssen. Dennoch ist nicht nur ihm das Ergebnis der jüngsten Landtagswahl in Sachsen-Anhalt mit Stimmenanteilen für die Parteien am rechten (DVU) und linken Rand des politischen Spektrums (PDS) im zweistelligen Prozentbereich sauer aufgestoßen. Wissen die "Ossies" nicht, wie man verantwortungsvoll mit seiner Stimme umgeht? Ist gar die Demokratie in Gefahr?
Regierungssprecher Hauser glaubt, eine Anti-Ost-Haltung bei der Bevölkerung der alten Bundesländer ausgemacht zu haben. Da fördere man jahrelang den Aufbau Ost, und dann so etwas! Ob diese Stimmung wirklich in nennenswertem Maße bei den Alt-Bundesbürgern vorhanden ist, ist fraglich. Und selbst wenn, ein Regierungssprecher sollte nicht derartige Stammtischparolen fördern, sondern vielmehr das gegenseitige Verständnis.
Das Verständnis der "Wessies" für die "Ossies", daß diese nach den Enttäuschungen der letzten Jahre wenig Vertrauen zu den Politikern haben und sich womöglich über's Denkzettel-Verteilen mehr Einfluß erhoffen. Viele sehen beim Urnengang kaum einen Unterschied zum Wahlgang aus DDR-Zeiten ("falten gehen"). Man sollte auch so fair sein zuzugestehen, daß trotz des großen PDS- und DVU-Stimmenanteils die Mehrheit für demokratische Parteien gestimmt hat.
Das Verständnis des Ostens für den Westen, daß auch die Marktwirtschaft kein Wundermittel für alles ist. Freiheit und Selbstbestimmung heißt auch, daß man sich eigenverantwortlich um viele Dinge kümmern muß und der Staat immer nur dann eingreifen sollte, wenn es gar nicht mehr anders geht.
Im übrigen sind auch im Westen Landtagswahlen immer gerne Denkzettel-Wahlen gewesen. Auch die Grünen sind schließlich als Protestpartei groß geworden.

 

Höppners Logik

Der Mann ist etwas ganz besonderes. Schon in der letzten Legislaturperiode ließ sich Reinhard Höppner von der PDS als Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt dulden. Interessant waren auch heuer die Kapriolen, die er bei den Anstrengungen zu einer neuerlichen Regierungsbildung schlug.
Der Mann, dem der persönlich Haß zu seinem politischen Gegner, dem CDU-Fraktionschef Christoph Bergner, förmlich vom Gesicht abzulesen ist, hat schon ein sonderbares Verständnis vom Geben und Nehmen in der Politik. Höhepunkt seiner wirren Vorstellungen zur Regierungsbildung war die Idee, er würde es dulden, wenn die CDU ihn als Landesvater dulden würde. Eine Gegenleistung bekämen die Christdemokraten dafür nicht. Schließlich sei deren Politik ja durch den Wähler klar abgelehnt worden.
Daß Höppners Erleuchtung auf wenig Gegenliebe stieß, verwundert nicht. Es kam, wie es kommen mußte (und wie Höppner es wohl sowieso wollte): Der Mann einer evangelischen Pfarrerin wurde mit den Stimmen der PDS gewählt. Natürlich völlig selbstlos seitens der umbenannten DDR-Staatspartei ...
Wer's glaubt wird selig! Auch wenn es den zunächst angestrebten Duldungsvertrag dann doch nicht gegeben hat - die PDS profitiert mächtig von Höppners Machenschaften. Sie will sich auf diese Art als koalitionswürdige Partei einführen. Und das mit Erfolg. Nach der Höppner-Wiederwahl regten sich schon die ersten Stimmen in der umbenannten SED, bei nächster Gelegenheit, etwa in Mecklenburg-Vorpommern, eine richtige Koalition mit der SPD einzugehen.
Protest dagegen war kaum noch auszumachen. Warum auch, wenn es im Nordosten der Republik ans Regierung-Bilden geht, ist der Bundestagswahlkampf ja vorbei!

M.W.