Politik

Warum soll das nichts gewesen sein?

Besteuerung von Spekulationsgewinnen

Nicht nur die POLITEIA setzte sich in ihrer letzten Ausgabe unter der Überschrift "Das war wohl nichts, Heiner" mit der Forderung der beiden Bundestagsabgeordneten Heiner Geißler (CDU) und Rudolf Dreßler (SPD) auseinander, an den Börsen erzielte Spekulationsgewinne künftig einer stärkeren Besteuerung zu unterwerfen. Die seriöse und renommierte "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) witterte gar eine erneute Verschwörung von Geißler, Dreßler und selbstredend Norbert Blüm, die allesamt durch ihr Festhalten an der beitragsfinanzierten Rente und der vom Konsens getragenen Rentenpolitik zunächst die Altersversorgung der kommenden Generation gefährdeten und nun gerade denjenigen, der durch die Anlage seiner Ersparnisse in Aktien private Vorsorge träfe, auch noch um die Früchte seiner Anstrengungen bringen wollten.

Hatz auf Spekulanten?

Es wurde gar eine Hatz auf Spekulanten gemutmaßt, frei nach dem Motto "Haltet den Dieb". Dabei fällt es wieder einmal auf, daß gerade die FAZ schon längst alle Sozialpolitiker beider großen Volksparteien in einen gemeinsamen Topf wirft. Nun mag durchweg als gesicherte Erkenntnis gelten, daß di Rente alles andere als sicher sei. Ebensowenig gilt jedoch die Aktie in der Bundesrepublik als ein Anlageobjekt breiter Volksmassen. Daran konnte auch der aufwendige Börsengang der Deutschen Telekom nicht viel ändern. Nur eine geringe Zahl von Bundesbürgern bzw. Haushalten verfügt über Aktienvermögen. Das mag man bedauern. Es ändert jedoch nichts an der Tatsache, daß der deutsche Michel weiterhin Lebensversicherungen, Bausparverträge und nicht zuletzt das klassische Sparbuch als Geldanlage bevorzugt. Demgegenüber werden an der Börse anhaltend Gewinne erzielt, von denen der kleine Sparer angesichts eines historischen Zinstiefs nur träumen kann. Analog dazu haben der Deutsche Aktienindex DAX und die Arbeitslosenquote eines gemeinsam: Beide steigen in bislang unbekannte Höhen. Ungeachtet möglicher kausaler Zusammenhänge gehören mittlerweile Bilanzpressekonferenzen zur Tagesordnung, auf denen Stellenabbau verkündet wird, während die Aktienkurse in ungeahnte Höhen schießen. Eine gewisse Verruchtheit haftet diesem zuweilen schon an.

Das Sparbuch wird benachteiligt

Für Spekulationsgewinne, die auf Kurssteigerungen von Aktien beruhen, besteht eine Steuerfreiheit, es sei denn, die Gewinne werden innerhalb eines halben Jahres durch den Anleger realisiert. Hingegen unterliegt das gute alte Sparbuch der Zinsabschlagsteuer. Die anhaltende Steuerdiskussion in diesem Lande treibt nach dem Scheitern der großen Steuerreform mitunter die tollsten Blüten. So gilt die gelobte und gepriesene Ökosteuer inzwischen nicht nur als Allheilmittel für die Umwelt, sondern vor allen Dingen als probates Mittel zur Senkung der Lohnnebenkosten und Sanierung der Rentenkassen. Ohnehin hat sich die gesamte Debatte mittlerweile so ausgeweitet, daß neben den Steuern eben auch die Rente und alle übrigen Sozialkosten einbezogen werden.

Steuergerechtigkeit

Dennoch, aus Gründen der Steuergerechtigkeit und einer gleichmäßigen Besteuerung müßten eben auch Spekulationsgewinne aus Aktien mehr in die Besteuerung einbezogen werden. Zumal die Anlage in Aktien erst ab einer bestimmten Vermögenshöhe her lukrativ und sinnvoll sein kann. Einer durchschnittlichen Familie, die womöglich noch für Wohneigentum Zins- und Tilgungsleistungen erbringen muß, fehlt für die Aktienanlage ohnehin der finanzielle Spielraum. Es sei denn, man gerät etwa durch eine Erbschaft oder andere Umstände an entsprechendes Grundkapital. Richtiges Gels nehmen an der Börse dann doch diejenigen mit, die schon über entsprechendes Kapital verfügen.

Verluste berücksichtigen

Nun kann es aber natürlich an der Börse auch zu Verlusten kommen. Es kann dann natürlich nicht angehen, daß der Staat über die Besteuerung von Gewinnen aus der Spekulation Nutzen zieht, während der Anleger auf den Verlusten alleine sitzen bleibt. Eine Besteuerung der Spekulationsgewinne sollte dann schon konsequenterweise einen möglichen Verlustabzug ermöglichen. Nichts anderes praktizieren ja auch Unternehmen, die heute ihre Steuerlast aus den Verlustvorträgen vergangener Jahre drücken. Übrigens eine der Ursachen für die Steuermindereinnahmen des Fiskus in der jüngsten Zeit. Nicht zuletzt drücken ja auch viele Spitzenverdiener mit Verlustzuweisungen aus Steuersparmodellen ihre Steuerlast nahezu gen Null.

Besser als Verbrauchsteuern

Eine Spekulationssteuer wäre auch keine Neuauflage der erst unlängst abgeschafften Vermögensteuer, welche ja die Sozialdemokraten im Falle einer Regierungsübernahme wieder einführen wollen. Denn die Besteuerung von Spekulationserträgen beträfe nicht die Vermögenssubstanz, ebenso wie die Zinsabschlagssteuer das eigentliche Guthaben auf dem Konto nicht antastet. Für personengebundene Freibeträge, die gerade die Belange der Kleinanleger berücksichtigen, ist im Rahmen der hergebrachten Steuersystematik gleichfalls Raum. Es mag nun nicht die Zeit sein, über die Einführung neuer Steuern zu befinden. Eine solche Ertragssteuer zur Erzielung staatlicher Einnahmen wäre jedoch nur gerecht und würde den Investitionsstandort Deutschland nicht gleich in Frage stellen. Anders als der Flurschaden, den drastisch erhöhte Verbrauchsteuern zwecks nachhaltiger Sanierung der Rentenkassen oder gar zur Finanzierung einer staatlichen, steuerfinanzierten Grundrente anrichten würden.

U.M.