Politik

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Eine politische Krise

Die Wirtschaftskrise in Asien hat sich in fast allen Schwellenländern dieser Region verbreitet. Banken brechen zusammen, Arbeitslosenraten steigen in bisher ungeahnte Höhen, selbst großen Industriekonglomeraten geht die Luft aus - es sieht nicht gut aus in Südostasien.
Warum? Vermutlich weil zu viele Spekulationsblasen auf einmal geplatzt sind. Weil zu viel Geld (vieles aus dem Ausland) fast wahllos selbst in unrentable Investitionen gesteckt wurde.
Aber hauptsächlich haben Südkorea, Thailand, Indonesien, Hongkong, Singapur und Malaysia damit zu kämpfen, daß ihre politischen und wirtschaftlichen Strukturen nicht die von Industrie-, sondern von Entwicklungsländern sind. Der Boom der letzten Jahre hat vieles verdeckt und zum Beispiel in Indonesien der herrschenden Elite glänzende Gewinne beschert.
Doch die ausländischen Investoren weigern sich zur Zeit, den nötigen Brennstoff (sprich Kapital) für weitere Investitionen zu liefern. Die südostasiatischen Schwellenländer werden wohl oder übel sehr viel mehr vom "westlichen Modell" kopieren müssen, als sie bisher in ihrem bisweilen arroganten asiatischen Sendungsbewußtsein zu akzeptieren bereit waren. Der Druck des Internationalen Währungsfonds (IWF), ohne den die meisten ihre Staatsschulden nicht fristgerecht tilgen könnten, wird in diese Richtung wirken - und so muß es auch sein, denn schließlich wird der IWF weitgehend von westlichen Steuergeldern finanziert.
Zum "westlichen" Modell gehören nicht nur eine effiziente Organisation der Wirtschaft und des Bankenwesens, funktionierende Sicherungssysteme, transparente Kapitalmärkte und Börsen etc., sondern zuallererst Demokratie, Gewaltenteilung und Rechtsstaat. Nur in einem Rechtsstaat läßt sich langfristig sicher investieren. Aber einen Rechtsstaat ohne demokratische Legitimation gibt es nicht.
Marktwirtschaft funktioniert zwar auch ohne Demokratie. Aber nicht auf Dauer. Das hat die Asienkrise gezeigt.
Bei manchen Europäern macht sich Schadenfreude und Erleichterung breit. Dazu besteht kein Anlaß. Wachstumskrisen gab es auch in Europa und den USA im 19. und 20. Jahrhundert (man denke nur an den Oktober 1929).
Die Region wird in absehbarer Zeit an alte Erfolge anknüpfen. Denn eins haben die Asiaten bisher immer gezeigt: daß sie enorm lernfähig sind.

 

Australien bald Republik?

Der englischen Königin bleibt auch nichts erspart. Nun hat die australische verfassungsgebende Versammlung entschieden, daß im nächsten Jahr die Bürger über die Verfassung abstimmen sollen. Und diese Verfassung sieht ab 2001 eine Republik samt Präsidenten als Staatsoberhaupt vor. Damit wäre Elisabeth II. ausgebootet, die immer noch (nominelles) Staatsoberhaupt Australiens (und noch einiger anderer Länder wie etwa Kanada) ist.
Tja, warum nicht? Präsidenten sind zwar im besten Falle unauffällig und im schlimmsten Falle lästig, aber doch harmlos. Sie liefern - würdige ältere Damen oder Herren, die sie sind - im allgemeinen der Boulevardpresse keine Nahrung. Niemand achtet darauf, ob ihre Kinder mißraten sind, ob diese sich scheiden lassen oder die Geschiedenen gar tödlich verunglücken. In Deutschland sind Präsidenten bisher immer "Glücksfälle" gewesen. Kein Wunder: Sie können (und dürfen) so gut wie nichts falsch machen. Republiken haben schon etwas für sich. Sie sind zwar langweilig, aber rational.
Warum aber wollen die Australier dann Republik werden? Warum genießen sie nicht die nette historische Skurrilität, von einem ausländischen Staatsoberhaupt mitrepräsentiert zu werden? Langweilige Präsident(inn)en gibt es genug. Demnächst wohl eine(n) mehr. Schade.