Satire

Starschreck

oder: Der Kampf um den 15. Quadranten

Folge 3 und Schluß

Der Weltraum. Unendliche Weiten. Wir befinden uns in einer keineswegs fernen Zukunft. Dies sind die Abenteuer der Schwarzen Flotte, die unterwegs ist, die Herrschaft über den 15. Quadranten des Sternensystems Europa gegen die Eindringlinge der Roten Flotte zu verteidigen. Die Schwarze Flotte, bestehend aus dem Flaggschiff "Unions-Star Ship (USS) Kohlrabia", der "FJS Bavaria" und der "HDG Kapital" (einem kleinen Luxuskreuzer für Besserverdienende), stößt dabei in Untiefen vor, in die sich noch kein Politiker je verirrt hat.

 

Was bisher geschah:

Sternzeit 1998,014. Ein Andockversuch der "Roten Socke" löst auf der "Öko Warrior III" heftige Diskussionen aus. Während sich in der Schwarzen Flotte ein Schußwechsel zwischen der "USS Kohlrabia" und der "FJS Bavaria" abzeichnet, werden alle Schlachtschiffe durch Streubeschuß des Herzogs, Populationsrepräsentant des 15. Quadranten, getroffen. Dies löst auf der "Roten Rache" eine Führungskrise aus, die durch das plötzliche Auftauchen von Lafontaines Bodyguards noch verschärft wird ...

Die Hauptpersonen

Schwarze Flotte:
Helmut T. Kohl Kapitän der "USS Kohlrabia" und Schwarzer Imperator der Flotte
Long John Schäuble Erster Offizier der "Kohlrabia" und ewiger Kronprinz
Mister Rühe Chef der Okkupationstruppen im 15. Quadranten
Hannibal Kanther Sicherheitschef der "Kohlrabia" (er liebt es, wenn ein Plan funktioniert ...)
Counselor Rüttgers Chefingenieur und Beschwörer des magischen Kristalldisplays
Pille Blüm Schiffsarzt
Braue Waigel "Steuer"mann der "Bavaria" und Chefnavigator der Schwarzen Flotte
Eddie Stoiber Regionalgouverneur eines Sechzehntel des 15. Quadranten, Gegenspieler und bester Freund von Braue Waigel
Uhura Bötsch entbehrlicher Chef der Kommunikation der Schwarzen Flotte
Claudia Nolte zuständig für alles, wofür niemand anders zuständig ist
Robinson Kinkel Chefdiplomat der Schwarzen Flotte und Ex-Kapitän der "Kapital"
Genschmän Gelbe Eminenz im Hintergrund der "Kapital"
Lanzelot Gerhardt theoretischer Kapitän der "Kapital"

Rote Flotte:
Oskar Lafontaine hieb- und stichfester Kapitän der "Roten Rache", des Flaggschiffs der Roten Flotte; gleichberechtigt mit ihm:
Gerhard Schröder ebenfalls Kapitän der "Roten Rache"
Darth Scharping Erster der 38 weiteren gleichberechtigten Ersten Offiziere der "Roten Rache", wie etwa
Die rote Heide Veteranin der Schlacht am Mururoa-Pulsar, und
Doktor H.C. Rau Bordschamane, Chefprediger und Hüter des Braunkohlefusionsantriebes der "Roten Rache", und
Manni Stolpe Chefsekretär der "Roten Rache", und
Das Thierse Chefbiotop der "Roten Rache"
Der faltige Joschka
Jürgen Tritt-Ihn Chefs unter vielen auf der "Öko-Warrior III", Umweltschiff in der Roten Flotte, dessen Kurs basisdemokratisch festgelegt wird
Gregor I.M. Gysi Kapitän, Ingenieur, Kommunikator und Alleinunterhalter der "Roten Socke", nur inoffiziell geduldete, technisch veraltete Rettungskapsel für Konterrevolutionäre von Erichs Rotem Trabanten.
Außerdem wirken mit: Zahlreiche Nebendarsteller, Statisten, Kapitäne, Kapitäninnen und Bordcomputer verschiedener Entwicklungsstufen.

 

An Bord der Roten Rache. Die beiden Bodyguards greifen mit ekelerregendem Grinsen in ihre Jackentaschen ...

Oskar Lafontaine: Gerhard. Ich bin's langsam leid. Deine Zeit als Kapitän läuft ab.

Gerhard Schröder: Womit willst du denn diesmal meinen Rücktritt erpressen? Ein Nachmittag mit Gregor I.M. Gysi? Eine virtuelle Autofahrt mit Lady Di in Paris?

Oskar Lafontaine: Viel schlimmer ...

Der eine Bodyguard zieht "Das Kapital" von Marx, der andere ein antikes Handy aus der Tasche.

Der Bodyguard: Ihre Exfrau, Sir.

Gerhard Schröder (runzelt die Stirn, beginnt in Gedanken fieberhaft zu rechnen): Welche denn?

Das Handy (beginnt markerschütternd zu plärren): Vegatarische Ernährung ... Unterhalt ... auf dem Sofa schlafen ... deine nächste wird immer jünger ...

Gerhard Schröder (stößt unartikulierte Laute aus, bricht zusammen und wird von Sanitätsrobotern auf die Krankenstation geschafft) ....

Oskar Lafontaine: Ich wußte, daß ihn das schafft. (Zum Bodyguard) Mach' das Band aus. (zu Manni Stolpe) Danke, daß du mir das damals aufgezeichnet hast.

Manni Stolpe: Keine Ursache.

Das Fiskalgespenst Matthäus-Maier (spukt mit einem Teilplan von Braue Waigels letzten Schwarzen Etat-Löchern auf die Brücke): Gerhard, das wird dich interessier- Huch! Wo ist er hin?

Oskar Lafontaine: Auf der Krankenstation. (süffisant) Er wollte endlich mal bei der Geburt seiner zukünftigen Lebensabschnittspartnerin dabeisein. (an die übrigen) Seid ihr mit der demokratischen Entscheidung einverstanden, daß nach Gerhards Rücktritt das Ein-KapitänPrinzip herrscht?

Manni Stolpe: Genau: Eine Besatzung, ein Schiff, ein ...

Das Hologramm von Herbert Wehner vergießt eine salzhaltige klare Substanz und stößt gleichzeitig schluchzende Laute aus, während die Rote Rache sich unter einheitlicher Führung nach links begibt ...

SOS ... SOS ... SOS ... SOS ... SOS ...
[die Punkte sind wichtig!]
Allgemeiner Notruf - Allgemeiner Notruf - Hier ist die HDG Kapital - Sind auf einen schlechtausgefüllten Antrag aufgelaufen - linker Flügel weggebrochen - verlieren schnell an finanzieller Substanz - wir sinken mit der Westerwelle voran ...
SOS ... SOS ... SOS ... SOS ... SOS ...
[die Pünktchen waren wichtig ...]

An Bord der Kohlrabia.

Long John Schäuble: Faszinierend! Sie galt als unsinkbar.

Claudia Nolte: Sir, ich höre Schüsse von altmodischen Projektschleudern von der Bavaria!

Helmut T. Kohl: Schüsse?

An Bord der "FJS Bavaria". Wieder knallt ein Sektkorken gegen die Decke, und wieder werden die Gläser randvoll gefüllt. Selbst der Namenspatron des Schiffes strahlt in seiner Nische für Kultzwecke.

Uhura Bötsch: Sollen wir Rettungsmaßnahmen einleiten, Sir?

Eddie Stoiber: Das soll ja wohl ein Witz sein! Je kläglicher sie untergehen, desto besser. Es soll eine Demütigung sein, ein Massaker. Überlebende sind nicht erwünscht.

An Bord der "Roten Socke", der Rettungskapsel von Erichs Rotem Trabanten. Im Innenraum allerlei verstaubte Reliquien eines untergegangenen Imperiums, das nie zurückschlägt: Winkelemente, Daguerreotypien eines saarländischen Dachdeckergesellen, 23 Kisten mit exakt 14121 verschiedenen Orden des öffentlichen Lebens und anderer Ballast der Republik.

Gregor I.M. Gysi (monologisierend):
Habe nun, ach! Juristerei
und Rinderzucht und Bespitzelei
und leider auch Demokratie
durchaus studiert, mit heißem Bemühn.
Da steh' ich nun, ich cooler Tor,
und bin so klug als wie zuvor.
Heiße Demagoge, heiße Doktor gar
und führe schon an die zehn Jahr
herauf, herab und quer und krumm
meine Wähler an der Nase herum.
Und sehe, daß wir nicht andocken können!
Das will mir schier das Herz verbrennen.
Zwar bin ich gescheiter als alle die Laffen
Rau, Fischer und Schröder, die Kohl nicht schaffen.
Mich plagen keine Skrupel noch Zweifel
fürchte mich weder vor Braue noch Teufel-

Wird von einem erneuten Notruf der "HDG Kapital" unterbrochen:

SOS ... SOS ... SOS ... SOS ... SOS ...
[drei Pünktchen aus reiner Gewohnheit]
Macht schnell, um unserer Pöstchen willen! Möllemann droht - die Westerwelle pfeift aus dem letzten Loch - Brauchen dringend eine Leih-Rettungsshuttle-Kampagne -
SOS .. SOS .. SOS .. SOS .. SOS ..
[der dritte Punkt entfällt mangels Nachfrage]

Gregor I.M. Gysi (läßt ein kleines gelbes Heft seiner Hand entschweben): Verdammt! (Er wendet sich an eingebildete Zuhörer.) Ist Euch klar, Genossen, was das heißt? (winkt ab) Nein, natürlich nicht. Niemandem ist das klar. (redet sich in Rage) Ich bin nur von Idioten umgeben, die in Erinnerungen an Erichs Roten Trabanten schwelgen. Alle sagen: Strategie und Taktik? Gregor, mach mal. Genossen, das Ende der "HDG Kapital" wäre für uns verheerend, weil dann die "Rote Rache" und die "Öko Warrior III" möglicherweise mit der Schwarzen Flotte allein fertigwerden könnten. Und wo bleiben wir dann? Nein! (beschwörend) Macht mir die Schwarze Flotte stark! Natürlich nicht zu stark. Nur so, daß Fischer und Lafontaine uns zum Sieg brauchen. (hebt belehrend den Zeigefinger) Denn, Genossen, es ist zwar schön und gut, im Quadranten-Tag mehr zu verdienen als selbst Erich früher auf seinem Roten Trabanten. (verträumt) Und im Pizza-Quadranten des Sternensystems Europa gibt es einen wunderbaren Landstrich, der "Toskana" heißt ... (reißt sich zusammen) Aber, Genossen, nur die Macht über den 15. Quadranten kann uns jenen Genuß wiederbringen, den wir nach dem Ende von Erichs Rotem Trabanten verloren haben -

Schiffslautsprecher: Hier spricht der automatische Ansagedienst der QuadPol [Quadrantenpolizei]. Wir danken Ihnen für die Offenlegung Ihrer Umsturzpläne. Aufgrund der automatischen akustischen Observation gemäß §§ 83, 97, 101, 1024b GPO [Galaktische Prozeßordnung] in Verbindung mit §§ 1, 2, 17 LSBzWbG [Leutheusser-Schnarrenberger-zum-Weinen-bringen-Gesetz] werden Sie bis zum Beginn Ihrer Verhandlung in ein Gauck-Kontinuum transferiert. Alles, was Sie zu Ihrer Verteidigung zu sagen haben, sagen Sie bitte nach dem Piepton. Ende der Übertragung. (langer Piepton)

Gregor I.M. Gysi: Hey, Moment mal! Lauschen, das war mein Job! Ihr könnt doch nicht einfach - (Wird von der Brücke gebeamt und ward nicht mehr gesehen.)

0,214 Sternzeiten später. Die Flotten mit ihren Schiffen haben sich zum großen Showdown versammelt. Vor dieser historischen Schlacht, an der noch viele Generationen zu knabbern haben werden, werfen wir noch einmal einen Blick auf die edlen Streiter, die sich in voller Schönheit zum Kampf um unser Wohlergehen gerüstet haben. Mit Ausnahme der "Roten Socke", die führerlos durch den Weltraum irrlichtert ...
Die "Öko Warrior III" schaffte es allerdings nicht bis zur Schlacht. Zwar brachte der faltige Joschka die KapitänInnen wieder auf Kurs, doch wurden ihm und seinem Schiff durch eine basisdemokratische Entscheidung das Licht ausgepustet: wegen der umweltfeindlichen Kernfusion wurde die Sonne abgschafft. Über die Konsequenzen machte sich die Solarsegler-Besatzung wie üblich keine Gedanken ...
Ein herber Verlust für die "Rote Rache", die ohnehin in Schwierigkeiten steckte, weil Gerhard Schröder samt Lebensabschnittspartnerin von der Krankenstation entkommen konnte. Bei dem anschließenden Richtungsstreit vergißt man leider, auf die Steuerung zu achten, wodurch sich das Schiff unbemerkt auf Kollisionskurs mit der "USS Kohlrabia" begibt.
Dort sitzt der Schwarze Imperator Helmut T. Kohl siegessicher auf seinem überdimensionierten Chefsessel. Und sitzt und sitzt und sitzt, bis der Stuhl aufgrund struktureller Integritätsschäden nachgibt und durch das Brückendeck bricht. Helmut T. Kohl findet sich zu seiner großen Verlegenheit in der Arrestzeile seines alten Weggefährten Heiner wieder. Während die Schiffssirene Rita frohlockt, versuchen Long John Schäuble und Mr. Rühe und alle anderen der Brückenbesatzung das Loch zu stopfen, damit er auch nicht wieder herauskomme und die Stabilitätskriterien erfüllt werden. Daher kümmert sich keiner um das wild blinkende rote Sozi-Kollisions-Warnlicht ...
Anstelle der erwarteten Schlacht stoßen die "USS Kohlrabia" und die "Rote Rache" zusammen. Aus den Resten beider Schiffe formen die Überlebenden Long John Schäuble und Gerhard Schröder ein neues unsinkbares Schiff, die "GK (Großkoalitionäre) Titanic", die die Aufgabe hat, das durch alle Schiffe angerichtete Chaos abzubauen. Dank der Außerdienststellung der Schiffssirene Rita und der beiden Kapitäne, die ähnlich harmonisch zusammenarbeiten wie Lafontaine und Schröder auf der "Roten Rache", scheitert dieser Versuch erst nach dem Ende dieser Satire.

* Epilog *

Sie wollen etwas über die "HDG Kapital" hören? Melden Sie sich beim intergalaktischen Konkursverwalter. Vielleicht haben Sie dabei auch einen verurteilten ehemaligen Finanztycoon am Rohr (wie man umgangssprachlich vor 300 Sternzeiten sagte), der dort im Freigang seine Reststrafe ableistet.

Das Schicksal der "FJS Bavaria" ist besonders tragisch. Nach einem Schwenk um 218 Grad auf Anweisung von P.A.P.S.T. (Prinzipientreuer Altersschwacher Psalmenfester Startbahnküssender Theologe) entkommt die Bavaria zwar dem Großen Crash, verliert sich aber in einem Superschwarzen Loch und irrt seitdem im Sternbild "Kreuz des Südens" umher.

*** Epilog im Himmel ***

Und Dr. H.C. Rau? Der nach der Kollision und Wegfall seiner irdischen Ziele verschiedene Bordschamane schwebt engelgleich in höheren Sphären und geht dort allen Cherubimen und himmlischen Heerscharen mit seinen Bibelzitaten auf die Nerven.

(Anmerkung der Autoren: Wir machen darauf aufmerksam, daß wir in einigen Sternzeiten, wenn die Star-Schreck-Trilogie längst Kultstatus erreicht haben und wir durch exorbitante Tantiemen-Einnahmen gegen Beleidigungsklagen besser gewappnet sein werden, einen "director's cut" auflegen werden, der alle heute noch zu geschmacklosen oder zu teuren Wahrheiten schonungslos zeigt.)

G.D. / K.R. / MiWi