Satire

Starschreck

oder: Der Kampf um den 15. Quadranten

Folge 2

Der Weltraum. Unendliche Weiten. Wir befinden uns in einer keineswegs fernen Zukunft. Dies sind die Abenteuer der Schwarzen Flotte, die unterwegs ist, die Herrschaft über den 15. Quadranten des Sternensystems Europa gegen die Eindringlinge der Roten Flotte zu verteidigen. Die Schwarze Flotte, bestehend aus dem Flaggschiff "Unions-Star Ship (USS) Kohlrabia", der "FJS Bavaria" und der "HDG Kapital" (einem kleinen Luxuskreuzer für Besserverdienende), stößt dabei in Untiefen vor, in die sich noch kein Politiker je verirrt hat.

 

Was bisher geschah:

Sternzeit 1997,310. Die Rote Flotte hat sich in ein schwachprofiliertes Subraumversteck zurückgezogen und beschießt die Schwarze Flotte aus dem Hinterhalt. Die Wirkung dieses Manövers wird durch die Rivalität der beiden Kapitäne der "Roten Rache" und durch überraschenden Beschuß durch das Filialschiff "Öko Warrior III" gemindert. Der faltige Joschka entdeckt etwas auf dem Navigationsbildschirm, was ihn zu Tode erschreckt ...

Die Hauptpersonen

Schwarze Flotte:
Helmut T. Kohl Kapitän der "USS Kohlrabia" und Schwarzer Imperator der Flotte
Long John Schäuble Erster Offizier der "Kohlrabia" und ewiger Kronprinz
Mister Rühe Chef der Okkupationstruppen im 15. Quadranten
Hannibal Kanther Sicherheitschef der "Kohlrabia" (er liebt es, wenn ein Plan funktioniert ...)
Counselor Rüttgers Chefingenieur und Beschwörer des magischen Kristalldisplays
Pille Blüm Schiffsarzt
Braue Waigel "Steuer"mann der "Bavaria" und Chefnavigator der Schwarzen Flotte
Eddie Stoiber Regionalgouverneur eines Sechzehntel des 15. Quadranten, Gegenspieler und bester Freund von Braue Waigel
Uhura Bötsch entbehrlicher Chef der Kommunikation der Schwarzen Flotte
Claudia Nolte zuständig für alles, wofür niemand anders zuständig ist
Robinson Kinkel Chefdiplomat der Schwarzen Flotte und Ex-Kapitän der "Kapital"
Genschmän Gelbe Eminenz im Hintergrund der "Kapital"
Lanzelot Gerhardt theoretischer Kapitän der "Kapital"

Rote Flotte:
Oskar Lafontaine hieb- und stichfester Kapitän der "Roten Rache", des Flaggschiffs der Roten Flotte; gleichberechtigt mit ihm:
Gerhard Schröder ebenfalls Kapitän der "Roten Rache"
Darth Scharping Erster der 38 weiteren gleichberechtigten Ersten Offiziere der "Roten Rache", wie etwa
Die rote Heide Veteranin der Schlacht am Mururoa-Pulsar, und
Doktor H.C. Rau Bordschamane, Chefprediger und Hüter des Braunkohlefusionsantriebes der "Roten Rache", und
Manni Stolpe Chefsekretär der "Roten Rache", und
Das Thierse Chefbiotop der "Roten Rache"
Der faltige Joschka
Jürgen Tritt-Ihn Chefs unter vielen auf der "Öko-Warrior III", Umweltschiff in der Roten Flotte, dessen Kurs basisdemokratisch festgelegt wird
Gregor I.M. Gysi Kapitän, Ingenieur, Kommunikator und Alleinunterhalter der "Roten Socke", nur inoffiziell geduldete, technisch veraltete Rettungskapsel für Konterrevolutionäre von Erichs Rotem Trabanten.
Außerdem wirken mit: Zahlreiche Nebendarsteller, Statisten, Kapitäne, Kapitäninnen und Bordcomputer verschiedener Entwicklungsstufen.

An Bord der "Öko Warrior III". Der faltige Joschka starrt entsetzt auf den großen Navigationsbildschirm. Eine runde, verrostete und mit verblichenen Hammer-und-Zirkel-Symbolen bedeckte Kapsel nähert sich rasant der "Öko Warrior III", verfehlt die Koalitionsluke und versucht mit der kommunistischen Plattform am linken Ausleger anzudocken.

Der faltige Joschka (tobt): Wer hat denn diese informellen Mitarbeiter eingeladen?

Jürgen Tritt-Ihn: Faschist! Das war ich. Wir haben nur dann eine Chance, die Schwarze Flotte zu schlagen, wenn wir auf alle Mitarbeiter zurückgreifen -

Der faltige Joschka: Da versucht man äonenlang den linksradikalen Muff und das Birkenstock-Image loszuwerden, und dann kommst du und paktierst offen mit diesen degenerierten Typen, die schon im 20. Jahrhundert kein Individuum mehr für voll genommen hat!

Währenddessen zappt Quotenkapitän Özdemir - angewidert von der erneut losbrechenden basisdemokratischen Diskussion - im intergalaktischen Kommunikationsnetz und erwischt im Kommerziellen Intergalaktischen Regierungstreuen Christlich-Humanistischen (K.I.R.C.H.) TV die Lieblingssendung des Schwarzen Imperators, den "Mutantenstadl", in dem Vertreter der "USS Kohlrabia" in ihrem Tagungssektor "Leipzig" reihenweise vor dem Schwarzen Imperator in die Knie gehen.

Quotenkapitän Özdemir: Widerlich, was Uhura Bötsch uns da zumutet ...

Zur gleichen Zeit, 2000 Lichtjahre entfernt. An Bord der "FJS Bavaria". Auf der völlig weiß-blau gehaltetenen, rautenförmigen Brücke verstaubt in einer Nische für Kultzwecke die Bronzeplastik des Namenspatrons des Schiffes.

Uhura Bötsch (zu Braue Waigel): Melde den erfolgreichen Abschluß der intergalaktischen Verbreitung von K.I.R.C.H.s Fünf-Minuten-Haß-Sendung, Sir.

Braue Waigel (lehnt sich selbstzufrieden zurück): Sehr gut.

Eddie Stoiber (drängend): Braue, das kann doch nicht alles sein! Dein finanzielles Minenfeld mit schwarzen Etat-Löchern ist zwar schön und gut, aber dummerweise hast du mal wieder keinen Plan davon, so daß wir selbst öfter hineinfliegen als unsere Feindkräfte.

Braue Waigel: Ich gebe mir alle erdenkliche Mühe, diese Löcher zu produzieren. Aber es sind zu viele Pfuscher am Werk, die dasselbe tun. Schau dir nur Pille Blüm von der "Kohlrabia" an.

Eddie Stoiber (ungeduldig): Wir müssen unsere Ziele im Auge behalten: Erstens die Rote Flotte energisch bekämpfen. Und zweitens wird es Zeit, die Eindämmungsfelder der Westerwelle der "HDG Kapital" unter 5% zu drücken. Dann fliegt der Laden in die Luft.

Uhura Bötsch: Selbstzerstörung?

Eddie Stoiber: Ja ... automatischer Möllemann.

Braue Waigel: Und was sollen wir tun?

Eddie Stoiber: Gauweiler für die Rote Flotte und die "Kapital" fertigmachen und leichte Protzner-Disruptoren für die "USS Kohlrabia".

Uhura Bötsch: Aber ... unser Flaggschiff!

Eddie Stoiber: Wir lassen eine Formation aus "Roter Rache" und "USS Kohlrabia" unter den gleichberechtigten schwarz-roten Imperatoren Long John Schäuble und Gerhard Schröder nicht zu. Das sollen die ruhig merken.

Die "FJS Bavaria" wird kampfbereit gemacht.

Uhura Bötsch (leise): Das kann doch nicht der Schwarzheit letzter Schuß sein ...

Brücke der "USS Kohlrabia". Auf der Konsole des Chefsessels liegt plötzlich ein Briefumschlag.

Kohl (entdeckt den Absender): Typisch Uhura! Er ist ganz vernarrt in diese altmodischen Kommunikationsformen ... (liest den Brief) Oha! Eine Warnung!

Claudia Nolte: Eine Warnung? Wovor?

Kohl (laut): "An den Schwarzen Imperator Helmut T. Kohl." - Das bin ich!

Long John Schäuble: Ja, Sir. Wie geht's weiter, Sir?

Kohl: "Hüten Sie sich vor Eddie Stoiber, er will euch mit Protzners unter Feuer nehmen, um euch auf seinen Kurs zu zwingen." Kanther!

Hannibal Kanther (via Intercom): Ja, Sir?

Kohl: Was haben wir der "Bavaria" entgegenzusetzen?

Hannibal Kanther: Wir können die Bohl-Schilde auf volle Abwehrkraft bringen. Die "Bavaria" ist gegen Störfeuer ziemlich unempfindlich - es sei denn, Braue hat sich mal wieder verflogen.

Kohl: Und die Munition? Mister Rühe!

Mister Rühe: Dürftig, Sir. Die Biedenköpfe sind unzuverlässig und nur lokal wirksam, Hintze-Torpedos zu durchschlagsschwach, die Dreggers völlig veraltet, und die Wulffs sind zwar modern, haben aber Kinderkrankheiten. Unsere jüngste Entwicklung, die Escher-Granaten auf Quark-Basis, vernichten bisher nur die, die sie abschießen.

Hannibal Kanther: Da gäbe es doch noch die Geißler-Minen!

Mister Rühe: Die sind zwar immer noch unheimlich wirksam, aber nur im internen Gebrauch.

Kohl: Na bestens! Mehr wollen wir ja nicht. Geißler-Minen fertigmachen! Aber schont die "HDG Kapital" - ihre Eindämmungsfelder müssen über 5% bleiben ...

An Bord der "HDG Kapital". Der Luxuskreuzer ist arg heruntergekommen. In der Bordwand sind drei punktförmige Einschußlöcher. Auf der Brücke herrscht die Atmosphäre verflossenen Reichtums und langsamen Abstiegs. Bordingenieur und Zahlmeister Solms sitzt auf einem abgewetzten Plüschsessel neben Kapitän Lanzelot Gerhardt. Andere Sessel sind leer. Im Hintergrund spukt Genschmän herum.

Solms (mit Blick auf das Navigationssystem): Braue Waigel hat mal wieder Orientierungsprobleme.

Lanzelot Gerhardt: Ja und? Das ist nichts neues. Er wird's schon packen.

Genschmän: Aber das muß man doch ausnutzen!

Lanzelot Gerhardt: Warum? Nur im Team sind wir stark!

Genschmän (wieder einmal entsetzt über die Scharpinghaftigkeit des Kapitäns): Du lernst es nie! Wir können uns nur dann schützen, wenn wir die "Kohlrabia" und die "Bavaria" gegeneinander ausspielen. Beide sind groß und stabil, die halten einiges aus. Nur wenn sie sich gegenseitig beschießen, bleiben wir unbehelligt.

Lanzelot Gerhardt: Aber wie?

Solms: Wir könnten in Braue Waigels progressives Steuersystem einen niedrigtarifigen Zero-Substanz-Virus einpflanzen.

Genschmän: Und dann kommt es darauf an, was wir daraus machen! Die "Bavaria" wird versuchen, uns zu stellen. Wir müssen in letzter Sekunde blitzschnell umfallen - schließlich sind wir ein Schiff der A-Klasse -, dann den Feuerschutz der "Kohlrabia" suchen, die beiden großen Schiffe das Gefecht austragen lassen, ein paar Schreckschüsse auf die Rote Flotte und die "Bavaria" abfeuern - und den Applaus der Population des 15. Quadranten ernten.

Lanzelot Gerhardt: Wie war das noch mal genau? Schreib's mir doch bitte auf!

In diesem Moment materialisiert Robinson Kinkel auf der Brücke.

Robinson Kinkel (freudestrahlend): Freunde, ich hab' gute Nachrichten! Die Jungs im McBurger- und im Mandela-Sternensystem wollen uns tatsächlich einen ständigen Sitz im Rat der UNiversen -

Genschmän (erleichtert): Na großartig! Wie hast du das geschafft?

Robinson Kinkel: Tja, ein kleiner Scheck hier, ein bißchen Entwicklungshilfe da ... Aber du hast mich nicht ausreden lassen: Sie wollen uns einen Sitz im Rat der UNiversen keineswegs zubilligen, aber - immerhin einen Stehplatz!

Genschmän (gefährlich leise): Und - haben wir dann etwas zu sagen?

Robinson Kinkel: Nein, aber -

Genschmän (schockiert): Das kann doch nicht wahr sein! Die Population wird sich kaputtlachen! Alle Schiffe der Schwarzen und Roten Flotte werden mit Wonne ihre Streitereien untereinander vergessen und uns mit Münteferings, Hintzes, Gauweilers und Ditfurths eindecken! Und unsere Westerwelle können wir vergessen! (beruhigt sich) Aber noch ist ja kein Schaden entstanden. (denkt laut nach - eine Rede entsteht) Wir stehen - anderen bei; wir sitzen nicht und ruhen uns auf unseren Lorbeeren aus, sondern stehen und sind dadurch allzeit bereit, der Populationsgemeinschaft solidarisch beizuspringen -

Ein heftiger Ruck geht durch das Schiff.

Solms: Brücke an Maschinenraum! Was ist los?

Computerstimme: Streubeschuß aller in der Nähe des 15. Quadranten fliegenden Schiffe ...

Brücke der "Roten Rache".

Computerstimme: ... durch den Populationsrepräsentanten des 15. Quadranten!

Darth Scharping: Der Herzog!

Computerstimme: Grund ist schlechte Ausbildung der Jung-Population auf dem 15. Quadranten. Beschußenergie betrug zwei Gigaroman.

Das Thierse: Doppelt so viel wie beim letzten Mal.

Schröder: Brücke an Demoskopie! Wie ...

Computerstimme: Die Population ist zu 59,4% entzückt, zu 38,2% voll einverstanden mit dem Herzog. Ablehnung kaum meßbar.

Schröder: Da gibt's nur eins: Zustimmung heucheln und die Schwarze Flotte auch für diese Misere verantwortlich machen -

Die rote Heide: Nichts da! Das könnte auch eine Falle der Schwarzen Flotte sein. Schließlich stammt der Herzog von ihr. (angewidert) Und was er fordert, das ist das reaktionäre Bildungsprogramm, das es auch schon vor 300 Sternzeiten gab! Solidarität, Gemeinschaftssinn, Zärtlichkeit -

Manni Stolpe: - und LER -

Darth Scharping: - und Haare färben -

Die rote Heide: -, das muß auf den Ausbildungszentren des 15. Quadranten gelernt und erlebt werden -

Schröder: Ach was! Ich habe wenigstens den bildungspolitischen Wahnsinn mit der Rechtschreibreform gestoppt, wozu ihr alle zu feige wart! Oder hattet ihr Angst vor den Typen vom Alpen-Quadranten 14?

Lafontaine drückt auf einen versteckten Peilsender in seiner Jackentasche.

Dr. H.C. Rau: Wenn ich erst neuer Populationsrepräsentant bin - (wird durch das plötzliche Hineinbeamen zweier sonnenbebrillter, goldkettchenbehängter Bodyguards mit Tätowierungen auf den Handrücken [vgl. Politeia 172] unterbrochen)

Lafontaine (grinst): Hallo Jungs. Waltet eures Amtes.

Beide packen in freudiger Erwartung in ihre Innentaschen ...

Was werden die Bodyguards ziehen? Kann Darth Scharping die Lage entschärfen? Wird es Genschmän schaffen, alle Optionen offenzuhalten? Wird Eddie Stoiber wirklich schießen, oder blufft er nur? Und - wird die "Rote Socke" sich an die Rote Flotte ankoppeln können? Antworten im nächsten Heft!

G.D. / K.R. / MiWi