Politik

Indien

50 Jahre unabhängig

Am 15. August 1997 jährt sich inzwischen zum fünfzigsten Mal die Unabhängigkeit der "größten Demokratie der Welt". Der Weg zur Unabhängigkeit vom britischen Empire war blutig und mühsam.

Kronkolonie

Im Jahre 1600 verlieh die damalige britische Königin Elisabeth I. der Royal India Company eine Charta, und englische Kaufleute brachten den indischen Subkontinent immer mehr in Abhängigkeit zu Großbritannien. Erst 1877, nach einem Aufstand indischer Truppen dieser Handelsgesellschaft, machte die britische Regierung Indien zur Kronkolonie.
Seitdem wurden alle Bestrebungen zur Eigenständigkeit durch die britische Kolonialverwaltung strikt abgelehnt und niedergeschlagen. Die mitunter recht blutigen Unabhängigkeitsbestrebungen wurden erst durch den Einfluß von Mahatma Gandhi, einem Rechtsanwalt, der den Weg des gewaltlosen Widerstandes gegen die Briten propagierte, langsam aber sicher zum Erfolg geführt.
In Zusammenarbeit mit dem einflußreichen Jawaharlal (Pandit) Nehru, dem späteren Staatspräsidenten von Indien, dessen Familie ebenfalls maßgeblichen Einfluß in weiten Teilen Indiens hatte, wurde nach langwierigen Verhandlungen die Unabhängigkeit erreicht. In Großbritannien, wo schon lange Zeit vorher auch von Briten immer wieder die Unabhängigkeit Indiens gefordert worden war, machte der Wechsel der Regierung von Churchill auf die Labour Party unter Attlee diesen Schritt möglich.

Unabhängigkeit kein Segen

Doch die Unabhängigkeit ließ den Subkontinent nicht zur Ruhe kommen. Schwerste Auseinandersetzung zwischen Hindus und Moslems ließen ein geeintes Indien nicht zu, und die Kronkolonie wurde aufgeteilt: Auf der einen Seite Indien, auf der anderen Seite Pakistan, welches sich aus den zwei Teilstücken Westpakistan (dem heutigen Pakistan) und Ostpakistan (dem heutigen Bangladesch) bildete. (Bis 1971 bildete Pakistan einen Staat, der aus zwei fast gleich großen Teilen bestand, die 2500 Kilometer entfernt lagen.)
Doch die Folge waren Greueltaten und zigtausende Toter auf beiden Seiten. Millionen Menschen mußten aus ihrer alten Heimat flüchten, wenn man das Pech hatte, als Hindu in Pakistan oder Moslem in Indien geboren worden zu sein. Der einzige, der vielleicht mäßigenden Einfluß gehabt hätte, Mahatma Gandhi, der sich auch für ein Zusammenleben mit den Moslems stark machte, wurde im Januar 1948 von einem fanatischen Hindu erschossen.
Die Folgen dieser Entwicklung dauern noch heute an. Indische Truppen marschierten 1971 in Ost-Pakistan ein, welches danach unabhängig wurde. Zwischen Indien und Pakistan bestand von Anfang an ein feindseliges Verhältnis, was in einem versteckten atomaren Wettlauf der Nachbarn gipfelte. Auch zu seinem nördlichen Nachbarn China hat Indien bis heute kein normales Verhältnis, was seinerzeit auch in einem Krieg (1962) gipfelte, den Indien verlor.
Politisch wurde Indien seit der Unabhängigkeit von der allmächtigen Kongreßpartei unter der Führung der Familie Nehru regiert. Nach Pandit Nehru übernahm seine Tochter Indira Gandhi (nicht verwandt mit Mahatma) das politische Ruder - nach deren Ermordung ihr Sohn Radjif Gandhi, der ebenfalls einem Anschlag zum Opfer fiel.

Kasten

Gesellschaftlich und wirtschaftlich befindet das Schwellenland Indien sich im Umbruch. Das jahrhundertealte Kastensystem droht, dank explodiertem Wachstum der unteren Kasten, zu kippen. Offiziell war dieses zwar schon lange abgeschafft, aber in der Bevölkerung wurde es weiter geachtet. Zeichen für diesen Umbruch ist der neue Staatspräsident - ein "Unberührbarer".
Trotz allem Wirtschaftswachstum drohen Indien ähnliche Probleme wie der Volksrepublik China. Die Bevölkerung erreicht bald die Schallgrenze von einer Milliarde, und es dürfte immer schwieriger werden, dieses Volk zu regieren oder wenigstens satt zu bekommen, von einem menschenwürdigen Standard auch für die Ärmsten zu schweigen.

50 Jahre Unabhängigkeit - 50 Jahre Umbruch.

MiWi