Leverkusen

Schaum-Tango

Vom Bier und der Politik und der Polizei ...

Nun haben wir sie also wieder hinter uns gebracht, die diesjährig bereits zum 11. Mal stattgefundene Bierbörse an der Opladener Schusterinsel. Vom 22. bis 25. August, sozusagen vier "volle Tage", konnte Mann und Frau sich rund tausend verschiedenen Biersorten und allen anderen Dingen rund um das Gebräu aus Hopfen und Malz hingeben.
Von den Besucherzahlen her dürfte die Opladener Bierbörse für Leverkusen die mit Abstand am besten besuchte Großveranstaltung sein. Dahinter sehen Jazztage oder sogar Spitzenbegegnungen in der Fußball-Bundesliga blaß aus. Mittlerweile handelt es sich bei dem, was sich das entlang der Wupper unter den alten Kastanien abspielt, sogar um ein geschütztes Markenzeichen.

Rheinisches Oktoberfest

Wenn auch bereits im August durchgeführt, entwickelt sich die Bierbörse in ihrer Bedeutung fast zu einem rheinischen Oktoberfest. Selbst am derzeitigen Regierungssitz Bonn gibt es davon ein Plagiat, freilich nicht mit der langjährigen Tradition und noch nicht in der annähernden Größe des Opladener Originals.
Für den spröden und hölzern wirkenden ersten Bürger der Stadt Leverkusen, der sich von seinem Selbstverständnis her wohl mehr in der Rolle eines Konzernverwalters des Unternehmens Stadt gefällt, ist ein Volksfest derartigen Ausmaßes natürlich willkommener Anlaß, seine volkstümliche Ader zu entdecken - selbst auf die Gefahr hin, daß wie im vergangenen Jahr der Faßanstich zur Eröffnung der Bierbörse im ersten Anlauf mißlingt.

Kniola - ja mei!

Aber als ob der Oberbürgermeister allein nicht schon genug war, mußte diesmal noch die Landesprominenz herhalten. Wobei man in Leverkusen mittlerweile die regelmäßigen Auftritte von Landespolitikern gewohnt ist. Selbst für die Inbetriebnahme eines Pumpwerks, wofür die Bezirksregierung nicht einmal einen Oberinspektor rausjagen würde, scheute unlängst ein Minister die Anreise aus Düsseldorf nicht.
Die Bierbörse 1997 wurde jedoch pikanterweise von keinem geringeren als dem nordrhein-westfälischen Innenminister Franz-Josef Kniola eröffnet. Mit allem Drum und Dran, Faßanstich und dem ersten Schluck des vorab als Freibier schießenden Gerstensaftes.
Man kann nur hoffen, daß den zahlreich anwesenden Besuchern der Bierbörse die Bedeutung des Augenblicks klar war. Mit Franz-Josef Kniola eröffnete nämlich kein geringerer dieses viertägige Dauertrinken als der (kraft seines Amtes) höchste Ordnungshüter unseres Bundeslandes, nicht zuletzt zuständig für die Polizeibeamten, die im gesamten Einzugsbereich der Bierbörse strengen Auges über die Einhaltung der Promillegrenze im Blut der motorisierten Besucher wachen sollten.

Was sagt bloß Antwerpes dazu?

Schließlich befindet man sich ja zudem noch in demjenigen Regierungsbezirk Nordrhein-Westfalens, dessen Regierungspräsident sich als Kölner Kurfürst die Bekämpfung des Alkohols im Straßenverkehr als oberstes und hehres Ziel an die Fahnen geheftet hat. Und ausgerechnet dessen vorgesetzter Innenminister gibt sich werbewirksam für die Propagierung des Bierkonsums her?
Ungefähr so, als wenn Bundesgesundheitsminister Seehofer paffenderweise die in Dortmund stattfindende Tabakmesse eröffnen würde. Dabei steht doch auf jeder Zigarettenschachtel namens der Gesundheitsminister der Europäischen Union, daß Rauchen der Gesundheit schadet. Aber vielleicht tanzt Franz-Josef Kniola demnächst einen Kriminal-Tango.

Ein Prosit der Fahrbereitschaft

Bleibt zu hoffen, daß die Besucher der Bierbörse, die der Aufforderung des Innenministers zum allgemeinen Bier-Konsum folgten, auch im weiträumigen Umkreis von hochnotpeinlichen Kontrollen und Befragungen seiner grünen Männchen verschont blieben. Schließlich steht dem gemeinen Volk zum Besuch der Bierbörse im allgemeinen nicht die Fahrbereitschaft des Innenministers beziehungsweise des Oberbürgermeisters zur Verfügung.

U.M.