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Kabel- und andere Netze

Das gibt es nur in Deutschland: Nicht nur die "verkabelten" Kunden müssen Gebühren an den Netzbetreiber, die Deutsche Telekom, zahlen, sondern ebenso die Programmanbieter. Doch selbst Zahlungswilligkeit hilft vielen nicht: Sie werden gar nicht erst hineingelassen, erstens, weil die Landesmedienanstalten darüber entscheiden, was für die Bürger gut ist; zweitens, weil die Telekom die Kabelkapazität künstlich verknappt; und drittens, weil die öffentlich-rechtlichen Sender mit ihrem inzwischen gigantischen Senderangebot die Netze verstopfen.
Obwohl die Telekom beide Seiten, Sender und Bürger, schröpft, reicht ihr das nicht: das Kabelnetz arbeitet defizitär. Jetzt hat sie einen Vorschlag lanciert, der an Erpressung grenzt: Ausbau des Kabelnetzes um einige Kanäle, dafür mehr Einfluß bei der Vermarktung der digitalen Programme.
Allein 15 bereits eingerichtete Kanäle hält die Telekom für digitales Fernsehen frei. In den Ausbau der konventionellen analogen Technik will sie nur noch das Nötigste investieren. Beim digitalen Fernsehen jedoch, das viele verschiedene Kanäle, Interaktion und "pay-per-view" verspricht, will sie in jedem Fall dabeisein - vielleicht sogar als Programmanbieter.
Bei allem muß man im Hinterkopf behalten, daß das Kabel weitere faszinierende Perspektiven bietet. In den USA gibt es bereits Feldversuche, Internet-Zugänge statt über die Telefonleitung über das Kabel zu ermöglichen. Übertragungsgeschwindigkeiten von etwa 10 Mbit/s sind möglich - verglichen mit heute maximal 64kbit/s bei einem ISDN-Anschluß der Telekom. Internet und Fernsehen werden in Zukunft wohl verschmelzen. Kein Wunder, daß die Telekom Versuche der europäischen Wettbewerbsbehörden, ihr deutsches Netzmonopol zu knacken, heftig bekämpft.
Bei diesem Gezerre von Telekom, Medienanstalten und Programmanbietern bleibt einer natürlich auf der Strecke: Der angeblich mündige Bürger. Doch wenn die Telekom in nächster Zeit die Kabelgebühren erhöht, werden manche zum einzigen Mittel greifen, das bleibt: Den Kabelanschluß kündigen und auf Satellitenempfang umsteigen.

 

Ost-Euphorie ade?

Nach einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" ist der Trend zur Verlagerung von Produktionsbereichen von Deutschland nach Osteuropa gestoppt. Nicht nur das: Auch verlagern manche Unternehmen, typischerweise Mittelständler, die Produktion nach Deutschland zurück.
Diese verblüffende Erkenntnis hat viele Gründe. Nachdem besonders in den Reformstaaten Polen, Tschechien und Ungarn die Löhne steigen und damit der Kostenvorteil sinkt, werden andere Produktionsfaktoren immer wichtiger: Gut ausgebildete Arbeitnehmer, Verständigung, die Infrastruktur und Transportkosten. Auch die Einkaufspreise haben sich in Osteuropa zum Teil drastisch erhöht.
Der Trend betrifft in erster Linie Firmen, die aus Kostengründen die Produktion auslagerten, und die Waren reimportierten. Wer im Osten produziert, um dort auch zu verkaufen, bleibt in aller Regel.
Deutsches Kapital hat, so wird eine Studie zitiert, in den drei erwähnten Reformstaaten 300.000 Arbeitsplätze geschaffen. Die meisten von ihnen dienen der Erschließung des jeweiligen Marktes und haben angeblich nur wenige Arbeitsplätze in Deutschland gekostet.
Aber zum Aufatmen besteht kein Grund.Die abebbende Ost-Euphorie zeigt: Niedrige Löhne allein machen ein Unternehmen nicht automatisch produktiv. Deutschlands Konkurrenten sitzen (noch) nicht unbedingt in Osteuropa, sondern in der EU, in Amerika und in Asien, wo es Länder mit niedrigeren Löhnen, Lohnnebenkosten und Steuern, aber ähnlich guten Bedingungen wie hier gibt. Doch das ist zu packen, frei nach Roman Herzog: Was Menschen verbockt haben, können sie auch wieder in Ordnung bringen.

G.D.