Politik

Die falschen Banken?

Der bemerkenswerte Versuch der Krupp-Hoesch AG, den größeren und profitableren Thyssen-Konzern zu übernehmen, und dies gegen den Widerstand des Thyssen-Vorstandes, ist bekanntlich gescheitert. Ob das nun an den Protesten der Arbeitnehmer und der Politik oder eher an der späten Einsicht lag, daß die ganze Sache Krupp doch überforderte (als Ergebnis sind aber immerhin die Stahlbereiche beider Unternehmen fusioniert worden), ist schwer zu sagen.
Vielen erschien es kaum faßbar, daß Krupp als Schwächerer den eindeutig Stärkeren übernehmen wollte. Doch zumindest theoretisch ist das kein Problem. Man braucht nur eine Bank oder zwei (hier die Deutsche und die Dresdner), die einem einen ausreichenden Kreditrahmen (hier 15 Milliarden DM) überlassen, mit dessen Hilfe man die freien Aktionäre auskaufen kann.
Bei der ebenfalls unfreundlichen, aber erfolgreichen Übernahme von Hoesch ging Krupp 1991 anders vor. Man kaufte an der Börse klammheimlich Hoesch-Aktien auf. Wichtigster Unterschied jedoch: Als Komplizen hatte man sich die drittgrößte deutsche Bank, die öffentlich-rechtliche WestLB, gesichert, die ebenfalls Hoesch-Aktien bunkerte und ihren Anteil später an Krupp weitergab.
Damals waren die Proteste der Hoesch-Arbeiter wirkungslos. Kein Wunder: Die WestLB gehört maßgeblich dem Land Nordrhein-Westfalen, in ihren Aufsichtsgremien wimmelt es von Landespolitikern. Diese waren höchstwahrscheinlich früh informiert und eingebunden. Die Proteste hatten nur die groteske Folge, daß anstelle der relativ unproduktiven Hoesch-Stahlwerke in Dortmund ein Jahr später das moderne Krupp-Werk in Duisburg-Rheinhausen geschlossen wurde - vermutlich eine Konzession an die Landespolitik.
Krupps Versuch, Thyssen ohne Rückendeckung der staatlichen WestLB zu übernehmen, war vielleicht der entscheidende Fehler. Man dringt nicht ungestraft in das Revier anderer Banken beziehungsweise der Landesregierung ein, in deren Dunstkreis die WestLB ja operiert.
Zwar ist der Ausgang des Wirtschaftskrimis zu begrüßen, aber ein bißchen schade ist, daß eine große Bankenschlacht nicht stattfand: Denn Thyssen hatte sich für den Abwehrkampf bereits die Hilfe der Commerzbank und der weltweit renommierten Investmentbanken Morgan Stanley und Credit Suisse First Boston gesichert. Das wäre spannend geworden.




Mutige Richter und Staatsanwälte

Ein Prozeß, der nicht hätte stattfinden müssen, brachte erstmalig in Europa klare Beweise für iranischen Staatsterrorismus und benannte für jeden, der lesen kann, den iranischen Staatspräsidenten Rafsanjani und den geistlich Führer Ajatollah Chamenei als Auftraggeber eines vierfachen Mordes.
Der Mykonos-Prozeß, von dem hier natürlich die Rede ist, hat erstaunlicherweise viel zur Wahrheitsfindung beigetragen. Dabei hat nicht nur der Iran auf jede erdenkliche Art und Weise versucht, Bundesanwälte und Gericht unter Druck zu setzen; auch die Bundesregierung war versucht, den Prozeß abzublasen. Denn das konnte sie, da Interessen der Bundesrepublik auf dem Spiel standen. Doch in einem grotesken Schwarze-Peter-Spiel waren weder die Bundesanwaltschaft noch das Justizministerium bereit, diesen (für beide gangbaren) höchst fragwürdigen Weg einzuschlagen - mehr aus Angst vor der öffentlichen Reaktion als aus Einsicht, wie man vermuten muß.
Dafür versuchten die Bundesregierung und die Geheimdienste, mit fragwürdigen bürokratischen Tricks das Verfahren zu behindern: Akten wurden nicht herausgerückt, Zeugen die Aussage verboten oder nur eingeschränkt erlaubt. Hintergrund: Die Bundesregierung wollte ihre guten Beziehungen zum Iran, die ihr nicht nur wirtschaftliche, sondern auch erhebliche politische Vorteile bringen, nicht aufgeben. Mit Hilfe dieser Beziehungen waren manche Geiselbefreiungen und andere menschliche Erleichterungen erreicht worden.
Trotz dieses doppelten Drucks aus Teheran und Bonn ließen sich die Richter und besonders die beiden Bundesanwälte, die zeitweilig nicht einmal in ihrer eigenen Behörde ausreichend Unterstützung fanden, nicht aus der Bahn der Wahrheitsfindung werfen. Das Urteil bestraft die Auftragskiller mit lebenslänglich (ohne Perspektive einer vorzeitigen Haftentlassung nach 15 Jahren) und benennt die Verantwortlichen in Teheran. Vielleicht aber noch wichtiger: Der Rechtsstaat und die Justiz haben bei den Bürgern an Vertrauen gewonnen - dank den mutigen Richtern und Staatsanwälten.




Immer dieselben ollen Kamellen

Darf's ein bißchen weniger sein? Nun sieht IG Metall-Chef Klaus Zwickel in der 32-Stunden-Woche das Heil zur Überwindung der Arbeitslosigkeit. Bemerkenswert ist zwar, das er keinen vollen, sondern einen "differenzierten" Lohnausgleich vorschlägt. Das soll jedoch so aussehen, daß besonders die Bezieher kleinerer Einkommen davon profitieren, mit der fatalen Folge, daß die Einstiegshürden für die vielen arbeitslosen un- oder angelernten Arbeitnehmer noch höher werden.
Auch andere Schwächen des Zwickel-Plans liegen klar zutage: Da die Arbeitnehmer dennoch auf einen Teil ihres Einkommens verzichten müßten, ist der Ruf nach staatlichen Lohnzuschüssen nicht mehr weit. Hinzu kommt, daß die Vorstellung, eine vorhandene Menge Arbeit auf möglichst viele Köpfe ohne Mehrkosten aufzuteilen, zwar genial erscheint und auch die Solidarität der Arbeitsplatzbesitzer beanspruchen würde, aber in der Praxis die personenbezogenen, nicht zeitabhängigen Kosten weiter erhöhte.
Große Konzerne - und Gewerkschaften und Politiker scheinen beim Stichwort Unternehmen immer nur an große Konzerne zu denken - können das vielleicht leisten, auch wenn VW mit seiner 28-Stunden-Woche immer noch zu kämpfen hat. Doch kleine Betriebe, die fast immer in den vergangenen Jahrzehnten die Jobs geschaffen haben, wären einfach überfordert. Und daß nur an vier Tagen arbeitende Menschen, die mit weniger Geld im Monat auskommen müssen, ohne große Skrupel in der immer länger werdenden Freizeit schwarz arbeiten, ist sicher und wird weitere Jobs kosten.
Gewerkschaftsfunktionäre schaffen keine Arbeitsplätze, sie können höchstens zu ihrer Erhaltung beitragen - und dazu, daß die Schaffung neuer nicht übertrieben teuer wird. Zwickels Stellvertreter Riester scheint das begriffen zu haben, wenn er über flexiblere Tarifverträge nachdenkt. Sollte Zwickels Vorschlag nämlich durchgesetzt werden, könnte dies das Aus für den Flächentarifvertrag bedeuten, einfach weil die Unternehmen in Deutschland scharenweise die Arbeitgeberverbände verlassen und Haustarife mit dem eigenen Betriebsrat aushandeln würden. Dann wäre auch die Macht der größten Einzelgewerkschaft der Welt empfindlich geschwächt.
Es liegt an der Politik und den Gewerkschaften, durch Senkung der Lohnnebenkosten und flexiblere Lohnpolitik die Bedingungen für den Faktor Arbeit in Deutschland zu verbessern. Andere westeuropäische Staaten haben das auch geschafft. Warum nicht wir? Aber Zwickels Weg führt in die Sackgasse.




Es geht doch

In diesen Tagen überraschte der Volkswagen-Konzern das Land mit exzellenten Geschäftszahlen für das Jahr 1996. Der Jahresüberschuß konnte um das Doppelte, der Gewinn pro Aktie sogar um das Zweieinhalbfache gesteigert werden. Zwar ist VW bei einem Umsatz von 100 Milliarden DM und einem Jahresüberschuß von 678 Millionen DM immer noch nicht so profitabel wie manch anderer Konkurrent; bedenkt man jedoch, daß 1993 noch ein Verlust von fast 2 Milliarden DM gemacht wurde, ist die Erholung bemerkenswert, auch angesichts der krisenanfälligen Tochtergesellschaften Skoda und Seat. Zudem hat VW den Jahresüberschuß mit bilanzpolitischen Maßnahmen optisch niedrig gehalten.
Obwohl die Firma dank eines Haustarifvertrags noch höher bezahlt als die deutsche Konkurrenz (wenn auch derzeit nur 28 Stunden), ist es dem Management unter Ferdinand Piech und Jose Ignacio Lopez (der inzwischen wegen angeblicher Industriespionage bei seinem früheren Arbeitgeber General Motors/Opel gehen mußte) offenbar gelungen, die Kosten erheblich zu senken. VW produziert immer mehr Autotypen mit immer weniger unterschiedlichen Teilen ("Plattformstrategie") und immer mehr Autos mit immer weniger Mitarbeitern. Schon ist wieder von einem "Personalüberhang" von 2800 Mitarbeitern die Rede.
Aber jedenfalls sind dank des kompetenten Managements (das war in früheren Jahren bei VW die Ausnahme) nicht weitere Arbeitsplätze oder gar der ganze Konzern in Gefahr. Es hat sich ausgezahlt, daß der Aufsichtsrat an dem lange in der Kritik stehenden Piech festhielt und auch Lopez seine offenbar segensreiche Tätigkeit ziemlich lange bei VW ausüben durfte.

G.D.






Polizei erfährt Budgetierung

Die öffentlichen Kassen sind leer. Das ist nichts neues. Neu ist aber, daß sich jede Polizeibehörde nun selbst finanziell verwaltet und jeder Inspektionsleiter zum Manager aufsteigt (Budgetierung). Mit dem vom Innenministerium gestellten Geldbetrag muß jede Polizeibehörde ihren Bedarf an Treibstoff, Computern, Strom, Wasser, Fahrzeugen, Innenausstattung, Schreibmaterialien, Reparaturen usw. selbst decken. Reicht das Geld nicht, hat man Pech gehabt: Mehr gibt es nicht.
So sind jetzt landesweit die zu fahrenden Kilometer pro Streifenfahrt begrenzt. Verbraucht man mehr, muß anderswo eingespart werden. Sinn und Zweck soll es sein, auch die Polizeibehörden zu mehr Sparsamkeit zu erziehen. Überschüsse darf die Behörde selbst behalten und für eigene Belange ausgeben, z.B. Verbesserung der Sozialräume.
Fragt sich nur, ob nicht irgendwann im Innenministerium auf die Idee kommt, den Behörden die zugeteilten Gelder um die Summe zu kürzen, die man im letzten Jahr gespart hat, da die Behörde - wie auch immer - gezeigt hat, daß sie mit weniger auskommen kann. Sollte dies der Fall sein, geht bald bestimmt wieder das berüchtigte "Geldrausschmeißen" am Ende des jeweiligen Budgetierungsjahres los, damit man offiziell auch alles verbraucht hat.

MiWi