Politik

Wer kennt Ahaus?

Inkonsequente Anti-Castor-Bewegung

Nehmen wir an, es gäbe in Deutschland noch Menschen, die keine Vorkenntnisse in Bezug auf das Zwischen- und Endlagerproblem von radioaktiven Abfällen aus deutschen Kernkraftwerken hätten. Sie hätten unweigerlich aus der umfangreichen Berichterstattung um die jüngsten Castor-Transporte nach Gorleben den Eindruck gewinnen müssen, daß es sich dabei um eine hochbrisante Substanz handeln müsse, deren Transport die Existenz der Menschheit bedrohe. Anders könnte man die Menschenmassen nicht verstehen, die sich rund um den Ort im Wendland einfanden, um das Eintreffen der sechs Transportbehälter mit radioaktivem Müll auf dem Gelände des Zwischenlagers zu be- bzw. verhindern.

Viel Lärm um "nichts"

Oder vielleicht doch? Angenommen, dies alles wäre tatsächlich so gefährlich, wie von manchen Politikern und Medien, Bürgerinitiativen und Greenpeace dargestellt wird. Dann sollte doch jeder vernünftige Mensch schleunigst das Weite suchen, um möglichst weit weg von dem Teufelszeug zu sein, falls denn wirklich etwas passieren sollte. Die Landschaft rund um Gorleben müßte ausgestorben sein. Dem ist aber nicht so. Vielmehr bringen die Castor-Gegner Kind und Kegel zu den Demonstrationen und Blockaden längs des Transportwegs mit.Umso verwunderlicher, wo man doch in jedem Strahlenschutzkurs lernt, daß Kinder, deren Körperzellen sich ja noch viel öfter teilen müssen, für Strahlenschäden besonders anfällig sind. Mehr noch, wäre die Menschheit tatsächlich von den paar Behältern in Gorleben so bedroht, was müßte dann erst für ein Aufstand in und um Ahaus sein!

Kein Lärm um "viel"

Ahaus? Das ist ein kleines westfälisches Städtchen nahe der deutsch-niederländischen Grenze. Dort befindet sich das zweite deutsche Zwischenlager. Und dort lagern seit April 1995 insgesamt 305 (dreihundertfünf) Castor-Behälter mit 64 Tonnen (64.000 kg) Kernbrennstoff aus dem stillgelegten Thorium-Brut-Reaktor Hamm-Uentrop. Nein, der Leser leidet nicht an Gedächtnisverlust, von Demonstrationen gegen die 57 Castor-Transporte, die nach Ahaus seit 1992 erfolgt waren, war in den Medien kaum etwas zu erfahren. Gerade mal 20 (zwanzig) Leute protestierten beim ersten Transport am Bahnhof.
Sind die Massenproteste in Gorleben dennoch zu verstehen? Ja, wenn man davon ausgeht, daß sich die Demonstrationen nicht gegen die Transporte im Speziellen, sondern gegen die Kernenergie und auch den Staat im Allgemeinen gehen. Gorleben ist nach der Aufgabe der Wiederaufarbeitungsanlage im bayerischen Wackersdorf zum Symbol der Anti-Kernkraft-Bewegung geworden. Weil sie es demokratischen Mitteln nicht schafft, ein Abschalten der Kernkraftwerke, die ein Drittel des Stroms in Deutschland erzeugen, zu erreichen, versucht sie es nun über die Blockade von Transporten nach Gorleben. Daß dabei mit dem Werfen von Wurfankern auf Oberleitungen der Bahn auch die Gesundheit und das Leben von Menschen aufs Spiel gesetzt wird, scheint niemandem Probleme zu bereiten.

PR-Spezialist Greenpeace

Einmal mehr stellt sich auch die Frage nach der Rolle von Greenpeace. Die Umweltschutzorganisation hält sich nämlich in Bezug auf Ahaus völlig bedeckt. Wenn die örtliche Bürgerinitiative, die es in Ahaus gegen das Zwischenlager gibt, bei Greenpeace Aktionen vorschlägt, blitzt sie schlicht und einfach ab. Anscheinend ist das westfälische Zwischenlager nicht bekannt genug, als daß Greenpeace sich damit abgeben wollte. Die Taktik der Organisation ist mehr auf Show ausgerichtet, mit der man sich bei der Öffentlichkeit in Erinnerung ruft, um dann Spendengelder einheimsen zu können.
Wenn Glaubwürdigkeit gefragt wäre, müßte man ja auch in Ahaus gegen die "gefährlichen" Castor-Behälter demonstrieren. Aber dies ist nicht der Fall. Und anders als mit dieser Taktik ist auch die Aktion der "Umweltengel" auf dem Kölner Dom nicht zu verstehen, wo man werbewirksam ein Transparent gegen die Gentechnik plazierte. Oder gibt es gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Kölner Dom, Kardinal Meisner oder der katholischen Kirche und Genmanipulation?

M.W.