Politik

Ausländerkriminalität

Sind Ausländer krimineller als Deutsche?

Diese Frage stellt sich alle Jahre wieder, wenn die polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) veröffentlicht wird, in der alle Straftaten, die im jeweils letzten Jahr bekanntgeworden sind, aufgeführt werden. Regelmäßig wird in diesem Zusammenhang über die sogenannte Ausländerkriminalität gesprochen und in allen politischen Richtungen diskutiert. Gern wird aus der einen Ecke geschimpft, daß Ausländer krimineller sind als Deutsche, während die anderen dies bestreiten, bzw. ins Gegenteil verkehren. Und wer hat nun recht?
Auf den ersten Blick ist diese Frage klar zu beantworten. Nach der PKS wurden beispielsweise für 1994 im Bundesgebiet 612.988 tatverdächtige Ausländer bei 2,037 Millionen Tatverdächtigen gezählt. Das entspricht einem Anteil von 30,1%. Bei einem Ausländeranteil an der Bevölkerung von ca. 9% eine beträchtliche Zahl. Aber ist dies schon der Wahrheit letzter Schluß?
Um dies beantworten zu können, muß man sich diese PKS einmal genauer unter die Lupe nehmen:
Der Vergleich zwischen dem Anteil deutscher und nichtdeutscher Tatverdächtiger ist aus mehreren Gründen sehr schwierig. Zuerst muß man einmal den Anteil derjenigen Straftaten abziehen, die ausländerspezifisch sind, beispielsweise alles, was irgendwie mit Verstoß gegen Aufenthaltserlaubnissen zu tun hat. Dadurch sinkt der Anteil von Ausländerstraftaten um 5 auf ca. 25 %. Hierbei ist der Anteil von deutschenspezifischen Taten, wie z.B. Verstöße gegen das Wehrstrafrecht, vernachlässigbar gering.
Aber auch jetzt ist diese Zahl immer noch nicht ohne weiteres vergleichbar, weil die PKS nicht zwischen nichtdeutscher Wohnbevölkerung, Touristen, Stationierungssoldaten und illegal in Deutschland Lebenden unterscheidet. Darüberhinaus leben Ausländer in Deutschland überwiegend in Ballungszentren mit über 100.000 Einwohnern, in denen auch die deutsche Vergleichsbevölkerung höher belastet ist, als auf dem "platten Land".
Dann sollte man auch noch wissen, daß nicht jede Altersschicht gleich hoch kriminell ist. Zwischen 13 und 25 Jahren liegt das kriminell aktivste Alter, das heißt, ab einem gewissen Alter kehren die meisten wieder auf den Pfad der Tugend zurück und werden nicht mehr so auffällig wie vorher. Ausländer haben aber durchschnittlich mehr Kinder als Deutsche, so daß sie in dieser Altersgruppe sehr viel stärker vertreten sind als die deutsche Vergleichsbevölkerung.
Daran sieht man, daß ein Vergleich zwischen Ausländern und Deutschen zumindest problematisch ist. Problematisch ist aber auch der Begriff "Ausländer". Ausländer sind keine homogene Gruppe, und es lassen sich ungefähr zehn Hauptgruppen unterscheiden:
  • langjährige Gastarbeiter (seit 1955 angeworben);
  • "deutsche" Ausländer, das sind die Nachkommen der Gastarbeiter, die sprachlich in Deutschland weitgehend integriert sind;
  • "ausländische" Deutsche (Aussiedler aus Osteuropa) - eingebürgerte Ausländer; - Ausländer aus EU-Staaten mit vollen Freizügigkeitsrechten;
  • Asylbewerber und Flüchtlinge aus politischen und wirtschaftlichen Gründen;
  • "Touristen" (Einbrecherbanden) aus Osteuropa;
  • politisch motivierte Gewalttäter, die ihre Heimatkonflikte auf deutschem Boden austragen (z.B. PKK);
  • "Täter" aus der organisierten Kriminalität;
  • Mischgruppen aus Nichtdeutschen, die sich illegal in Deutschland aufhalten.
Man sieht also recht schnell, daß jeder, der von "dem" kriminellen Ausländer spricht, kein sehr differenziertes Bild abgibt, da die PKS hier nicht unterscheidet.

(wird fortgesetzt)

(Quelle: "Kriminologie" von Hans-Dieter Schwind "Zur Kriminalität von Gastarbeitern und ihren Nachkommen.")

MiWi