Leverkusen

Pflegeversicherung auf dem Prüfstand

Eine Diskussionsveranstaltung der CDA Leverkusen über die "Pflegerversicherung im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und Menschlichkeit" beleuchtete kraß viele Schwierigkeiten dieser neuen Sozialversicherung.
Zwar war es Zufall, aber der Zeitpunkt hätte wohl kaum besser gewählt werden können, als sich am Abend des 5. November 1996 über 100 interessierte Zuhörer im Saal des Caritas-Wohnstifts "Haus Upladin" in Leverkusen-Opladen zu einer Diskussionsveranstaltung über die Pflegeversicherung einfanden.
Denn am folgenden Tag fiel in Bonn die Entscheidung, mit den Überschüssen aus der Pflegeversicherung einstweilen die Löcher in der Kasse der Rentenversicherung zu stopfen.
Reinhard Hauschild, Leiter der Unterabteilung Pflegesicherung beim Bundesministerium für Arbeit und und Sozialordnung, stellte dies seinem Eingangsstatement auch gleich voran, um jedoch sofort wieder zu versichern, daß es dabei nur um die Stundung von Beiträgen gehe, die die Rentenversicherung für Rentner an die Pflegeversicherung zahlen muß. Außerdem gelte die Stundung höchstens für ein Jahr. Damit war der Einstieg für eine spannende und über weite Strecken sehr lebhafte Diskussion gemacht.

Wasser im Wein

Neben dem Ministerialdirigenten hatte der Kreisverband Leverkusen der CDA, des Arbeitnehmerflügels der Union, in Kooperation mit der örtlichen Frauen-Union für das Podium noch Dr. Albert Evertz, Fachreferent beim Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e.V. sowie vom Caritasverband Leverkusen Friedel Herweg und seitens der Arbeiterwohlfahrt Wilfried Lahne gewinnen können. Unter der Moderation des stellvertretenden Landesvorsitzenden der CDA, Karl-Albert Eßer, ging es dann so richtig zur Sache.
Denn nicht nur die an sich systemwidrige Verwendung der Überschüsse aus der Pflege- zugunsten der Rentenkasse sorgte für Zündstoff und spürbaren Unmut im Plenum. So sah es Dr. Evertz durchaus als seine Aufgabe an, wie er es formulierte, zu den Ausführungen des Vertreters aus dem Ministerium "Wasser in den Wein zu schütten".

Nachfragemonopol oder Angebotskartell?

Friedel Herweg und Wilfried Lahne konnten aus ihrer leitenden Funktion als geschäftsführend tätige Praktiker vor Ort die grundsätzlichen Anmerkungen Dr. Evertz' aus der eigenen täglichen Arbeit untermauern.
Während Friedel Herweg im Bereich der ambulanten Pflege die vorgegebenen Sätze für die einzelnen Verrichtungen als Nachfragemonopol geißelte, warf Reinhard Hauschild den Wohlfahrtsverbänden gar die Bildung von Angebotskartellen vor. Schließlich kreiste die Diskussion immer mehr um die Kosten.
Wo kein Geld sei, könne auch keine Pflege bezahlt werden, resümierte Reinhard Hauschild. Immerhin waren sich wenigstens darin alle vier Referenten einig.
Bei allen durch die Pflegeversicherung erzielten Fortschritten und trotz aller unbestrittenen Verbesserungen täuschte im Verlauf der Diskussion der Eindruck nicht, daß es sich dabei letztendlich nur um eine Teilkaskoversicherung handele. Spätestens als aus dem Kreis der Zuhörer die ersten Wortmeldungen erfolgten, wurde deutlich, daß die Praxis der Umsetzung noch erhebliche Mängel und Unzulänglichkeiten aufweist.

Kritik an der Einstufung

Ein gravierender Punkt dabei war die Art und Weise des Verfahrens, wie mitunter durch den Allgemeinen Medizinischen Dienst die Einstufungen Pflegebdürftiger in die verschiedenen Pflegestufen vonstatten geht. Mangelnde Transparenz der gesetzlichen Regelungen führt bei den Betroffenen und deren Angehörigen dazu, daß weiterer Unmut über die gängigen Verfahren aufkommt. Im Bereich der beamtenrechtlichen Beihilfe bestehen beispielsweise bis heute noch keine verbindlichen Ausführungsbestimmungen hinsichtlich der Zahlung von Pflegegeld, so daß hier bislang kaum rechtlich einwandfreie Bescheide erteilt werden können.

Verringerung der Qualität?

Für die Zukunft der Pflegeversicherung dürfte gelten, was derzeit allgemein für unser sozialstaatliches System und sein Niveau gilt und von Dr. Albert Evertz folgendermaßen kommentiert wurde: "Wir haben heute Mühe, die Pflegestandards zu halten. Ich befürchte eine Verringerung der Qualität der Pflege."