Politik

Nichts dazugelernt?

Was taugt das "Verbrecher-Gen"

Wie es zu Verbrechen bzw. zu Straftaten kommt, ist eine Frage, die so alt ist wie die Menschheit selbst. Hauptsächlich behaupten die einen, man würde durch die Gesellschaft zum Verbrecher, während die anderen meinen, daß man zum Verbrecher geboren würde.
Für Aufsehen sorgte jüngst ein Forschungsinstitut aus den USA, das das "Verbrechergen" in der DNA des Menschen gefunden haben und damit letztere These nun endlich mit Beweisen untermauern will. Grundlage für diese Aussage ist die biologische Kriminalitätstheorie nach dem Italiener Lombroso (1835-1909), nach der der Mensch schon zum Verbrecher geboren ist. Dabei ging Lombroso auch so weit, daß er gewisse äußerliche Merkmale, z.B. Gesichtsform und Körperbau, mit den begangenen Straftaten in Verbindung brachte.
Heute hat diese freilich platte Sichtweise der Kriminologie zwar an Bedeutung verloren, aber dennoch wird auch heute noch versucht, die These, man sei zum Verbrecher geboren, auf andere Weise zu beweisen.

Mord wegen XYY-Chromosom?

Im Juli 1966 ermordete der 24jährige Richard Speck im Chicagoer Schwesternheim acht Schwesternschülerinnen auf bestialische Weise. Bei ihm fanden Humangenetiker später eine sogenannte Trisomie des Geschlechtschromosoms. Sein Genotyp war XYY statt dem normalen XY, also ein Y-Chromosom zuviel. Als sein Anwalt daraufhin auf Schuldunfähigkeit plädierte, untersuchten schottische Wissenschaftler die genetische Zusammensetzung der Strafgefangenen in einer Sicherungsanstalt für gemeingefährliche Verbrecher. Unter 197 Insassen fanden sich immerhin 8 Männer, die ebenfalls diese Trisomie aufwiesen. Schon erlebte Lombrosos These eine unverhoffte Auferstehung.
Zahlreiche Untersuchungen in dieser Richtung konnten aber nicht stichhaltig nachweisen, daß dieses zusätzliche Chromosom kriminalitätsfördernd wirkt.
Doch inzwischen haben amerikanische Wissenschaftler eine neue Runde eingeleitet, indem jetzt ein Gen auf einem Chromosom kriminalitätsfördernd wirkt. Auch hier blieb die Wissenschaft einen stichhaltigen Beweis schuldig.

Rassismusgefahr

Generell sollte man vorsichtig sein, Verhaltensweisen von Menschen genetisch zu erklären, weil damit in der jüngeren Geschichte schon zu oft versucht wurde, für rassistische Vorurteile biologische Beweise anzuführen. So versuchten die Nationalsozialisten im Dritten Reich, Juden und anderen angeblichen Untermenschen gezielt biologische "Schwächen" nachzuweisen. Noch heute suchen amerikanische Rassisten nach Beweisen, die ihre These, Asiaten und Schwarze seien dümmer als Weiße, beweisen.
Aus derselben Ecke dürfte auch das neueste Ergebnis zum Thema biologisch/anthropologische Kriminalitätstheorie aus den USA stammen. Hier wird versucht, das Phänomen auf einfache Weise zu erklären. Denkt man in dieser Richtung weiter, muß man zum Schluß kommen, daß derjenige, der ein solches Verbrechergen in seinem Erbgut trägt, keine Chance hat, sich zu ändern. Damit würde auch der ganze Strafvollzug nicht die erwünschte Wirkung zeigen, nämlich eine Besserung des Strafgefangenen. Und was macht man mit Verbrechern, bei denen eine Besserung von Anfang an biologisch ausgeschlossen ist?

MiWi