Politik

Wer will "Padania" ?

Spaltungstendenzen in Italien

Eine Ampulle Wasser und ein Stück Erdscholle - dies beförderte der Chef der italienischen Lega Nord, Umberto Bossi, von der Quelle des Po am Monte Viso den Lauf des Flusses hinab bis nach Venedig. Wenn es um Symbole geht, ist der Führer dieser separatistischen Partei in Italien gut dabei. Eine Menschenkette sollte entlang des norditalienischen Flusses gebildet werden und schließlich sollte in Venedig die Unabhängigkeitserklärung für die "Republik Padania" verlesen werden. (Padania ist die italienische Bezeichnung für die Po-Ebene.)

Wahlerfolge

Wenn auch die Ausrufung von "Padania" an einem Wochenende im September eher lächerlich war, die Lega Nord liebäugelt tatsächlich mit dem Gedanken der Abspaltung des reichen Norden Italiens vom armen Süden. Und ernst zu nehmen ist diese Partei allemal, da sie bei Wahlen in Norditalien an die 20 Prozent, in manchen Regionen gar 40 Prozent der Stimmen einheimst. Ihre populistischen Parolen behaupten, daß der unterentwickelte Süden Italiens mit dem Geld, das im Norden des Landes verdient werde, über Wasser gehalten werde. Ein Abspaltung werde daher die fleißigen Norditaliener von den Kostgängern aus dem Süden befreien.
Aber obwohl Bossi viele Wählerstimmen erhält, von der Sezession sind die Norditaliener weit entfernt. Zu einer Gegenveranstaltung der rechtsgerichteten Alleanza Nazionale, vor kurzem noch Koalitionspartner der Separatisten in Rom, kamen ebensoviele Leute nach Mailand wie zu Bossis gesamten "Padania"-Wochenende zusammen. Eine Umfrage der Zeitung "La Republica" ergab zudem, daß unter der Mailänder Bevölkerung nur 3,6 Prozent für die Unabhängigkeit sind. 66 Prozent sprachen sich dagegen für ein föderalistisches Italien aus.

Unzufriedenheit

Wer etwas genauer hinsieht, erkennt denn auch, daß Bossis Parolen nicht aufgehen. Da gibt es beispielsweise den Nudelfabrikanten Barilla aus Parma: Ein Drittel seiner Spaghetti-Produktion setzt er im Mezzogiorno, im Süden, ab. Was aber sind die Wähler Bossis, wenn sie keine Separatisten sind? Es sind wohl vor allem Protestsänger, denen die schleppenden Reformen des kranken italienischen Staats einfach zu langsam gehen.
Außer der Kundgebung der "Postfaschisten" von der Alleanza Nazionale gab es übrigens auch Gegendemonstrationen von den anderen politischen Bewegungen. Originellste Idee: Anhänger des Regierungsbündnisses "Olivenbaum" standen bei Bossis "historischer" Flußfahrt auf einigen Brücken des Po. Sie spuckten mit Olivenkernen.

M.W.