Politik

Sparpaket und Steuerreform

Zwei Worte nur, doch bergen sie im Moment genug politischen Zündstoff, um den Konsens in der Gesellschaft zu spalten. Mangelnde Ausgewogenheit, verschleppte Maßnahmen und politische Maulkörbe schaffen ein Klima der Unsicherheit. Werden auf dem Altar des Euro soziale Errungenschaften geopfert, oder kann aus dem wirtschaftlichen und finanziellen Desaster eine Initialzündung kommen, die uns noch einmal rettet?
Sicherlich, man sollte die Hoffnung nicht aufgeben, doch fällt es schon schwer, einen Lichtstreifen am Horizont zu sehen. Nur mit der Devise "Augen zu und durch" werden wir nicht zu einer Lösung kommen.
Der gesellschaftliche Konsens ist bedroht, diese Bedrohung wird aber weitgehend ignoriert. Da arbeiten Bundesregierung und Bundesrat munter gegeneinander und hebeln sich gegenseitig aus. Da knebelt der Fraktionszwang das Parlament, und Fraktionsvorsitzende herrschen wie mittelalterliche Fürsten. Die Kommunen sind finanziell nahezu gelähmt. Institutionen und Gruppen verteidigen ihre Pfründe und sind zu keinerlei Abstrichen bereit. Hier feiert die Ellenbogengesellschaft ihre hohen Feste, nur der Bundesbürger muß zusehen, wo er bleibt.
Die Demoskopen stellen zwar bei der Bevölkerung den Willen und die Bereitschaft zu Einschränkungen und Sparmaßnahmen fest, nur, und diese Bedingung taucht in fast allen Umfragen auf, sie muß ausgewogen sein und sollte Opfer von allen fordern.

Ausgewogenheit nötig

Und hier liegt nun die Brisanz: Sparmaßnahmen wie die gerade vom Bundestag verabschiedeten treffen eben nicht alle gleichmäßig. Schon kursieren Meldungen von weiteren Sparmaßnahmen, die, wen wundert es, wieder den Etat des Sozialministers Blüm treffen sollen.
Vom Abbau von Subventionen ist aber nicht die Rede, hier verteidigen Lobbyisten und eine Klientelpartei erfolgreich Pfründe. Wo ist hier die Volkspartei CDU, die die Interessen der Bürger vertritt? Muß eine Volkspartei eigentlich wie ein Tanzbär vorgeführt werden? Wer bremst eigentlich die selbsternannten Haushaltsexperten und führt ihnen den Scherbenhaufen ihrer "Erfolge" vor Augen?
Es steht zu befürchten, daß die Bevölkerung bzw. der Steuerzahler nicht mehr alles duldsam mit sich machen läßt. Die Schmerzgrenze ist überschritten.
Hierzu trägt auch bei, daß bei der Steuerreform - wann auch immer sie kommen wird - eine Nettoentlastung der Steuerzahler nicht stattfinden wird: Umschichtungen statt Reform. Aber anstatt sich um eine einvernehmliche Lösung zu kümmern, bekämpfen sich die Parteien bis aufs Messer oder, welch liebliche Freizeitbeschäftigung, wir bauen uns Residenzen in der neuen/alten teutonischen Hauptstadt Germania bzw. Berlin.
Schön, wenn dafür noch genügend Geld vorhanden ist. Übrigens, es steht immer noch nicht fest, was der Umzug kosten soll. Wir werden dafür wohl noch etwas sparen müssen.

"Wir sind der Steuerzahler"

Der angedrohte "heiße Herbst" wird unter diesen Voraussetzungen wohl stattfinden, doch wehe, wenn er losgelassen ... Wann ertönt der Spruch "Wir sind das Volk, wir sind der Steuerzahler" wohl auf den Straßen?
Eine nach dem Grundgesetz verstandene repräsentative Demokratie könnte solch ein Mißfallen noch auffangen, aber leider verkommt unser Grundgesetz immer mehr zur frommen Utopie. Fraktionszwang und Kungelrunden, Kabinettsdisziplin und Lobbyismus bestimmen unsere Politik, die, wenn sie denn gemacht wird, gleich in Karlsruhe geprüft werden muß.
Es ist an der Zeit, daß die Politiker aller Parteien endlich aufwachen. So kann es nicht weitergehen, so beseitigt man Politikverdrossenheit nicht. Ohne Konsens und gemeinsame Anstrengungen werden wir nichts bewirken können. Nur wenn man so weitermacht, muß man bei den nächsten Wahlen Angst vor dem Wahlergebnis haben.
Die CDU sollte als große Volkspartei vorangehen und nicht nur auf Klientelforderungen reagieren. Soziale Kürzungen sollten nicht wahllos vorgenommen werden. Nicht nur der Sparzwang sollte die Politik bestimmen. Gerade die CDU sollte sich um die sozial Schwachen kümmern. Nur mit der gegenwärtigen Politik und ihren Protagonisten gilt das Wort des Kölner Kardinals Joachim Meisner, der sich nicht erklären kann, warum die CDU das Wort "Christlich" im Parteinamen führt.

K.R.