Politik

Bundesrat in Berlin

Die foermliche Beschlussfassung steht zwar noch aus - momentan sieht es jedoch danach aus, dass auch der Bundesrat zusammen mit Bundestag und Bundesregierung noch vor der Jahrtausendwende nach Berlin umziehen wird. Damit geht fuer das Rheinland als Region eine weitere wichtige Institution unseres Staates verloren. Es geht dabei in erster Linie gar nicht um den Verlust von Arbeitsplaetzen, wie es in der heutigen Zeit allgemein ueblich geworden ist. Die Stellen, die mit dem Bundesrat umziehen wuerden, fielen bei der Gesamtzahl der bereits feststehenden Arbeitsplatzumsiedlungen kaum ins Gewicht. Nein, es geht in der Bundesstadt, wie sie seit der Vereinigung 1990 so liebevoll genannt wird, darum, ob sie ihrem Namen noch Rechnung tragen kann oder ob sie tatsaechlich zu einer Kolonie von Beamten des gehobenen und höheren Dienstes wird. der Bundesrat waere das einzige Organ, das Bonn einen Touch von Macht und Entscheidungsgewalt weiterhin sichern wuerde.

Bayern für Berlin

Momentan scheint aber der bayrische Ministerpräsident Stoiber Oberwasser zu haben, der das Symbol des Foederalismus, die Laendervertretung, in den ehemals preussischen Hauptstadtmoloch Berlin umsiedeln lassen will. Sein Hauptargument dafuer ist die Beibehaltung und Betonung der Machtstellung des Bundesrates im Verhaeltnis zum Bundestag. Daneben fuehrt er aber auch die schnellere Reaktionsbereitschaft und die Vereinfachung der Zusammenarbeit mit z.B. den Ministerien an. Im Allgemeinen ist es sicherlich die effizienteste Loesung, alle Organe eines Staates an einem Ort zu ballen. Ob dies in Deutschland nun Bonn oder Berlin ist, scheint egal. Da sich unsere Volksvertreter aber 1991 zugunsten einer raeumlichen Trennung und einer kostenintensiven Verlagerung von Teilen des Staatsapparates entschieden haben, muss das Beste daraus gemacht werden und sich zu dieser Arbeitsteilung auch bekannt werden. Und vor diesem Hintergrund ist das Argument der Arbeitsvereinfachung kritisch zu betrachten.


Kommunikation machbar

Denn gerade in den 90er Jahren zeigt sich beinahe taeglich, wie rasant der Kommunikationsmarkt sich entwickelt und die Preise fuer ISDN- und andere hochentwickelten Datenuebertragungstechniken sinken. Daher koennten fuer die Kosten eines eventuellen repraesentaativen Neubaus mittelfristig sehr viele Videokonferenzen stattfinden. Dazu stehen in Bonn bald viele leere Gebaude fuer den Bundesrat zur freien Auswahl bereit. Und gerade weil die Wahl des Standortes technisch zunehmend an Bedeutung verliert, steigt der Symbolwert des Standortes. Waren es 1991 nicht gerade viele bayrische Bundestagsabgeordnete, die sich fuer den verbleib aller Bundesorgane am Rhein aussprachen? Neben dem Kostenargument, das heute noch viel bedeutender ist als 1991, war gerade der Erhalt der starken foederalen Struktur der Bonner Republik einer der ausschlaggebenden Gesichtspunkte.


Fehleinschaetzung

Fuer Stoiber und 12 weiter Ministerpraesidenten scheint aber die Machterhaltung entschieden wichtiger zu sein, als die psychologischen und wirtschaftlichen Folgen ihrer Politik. Denn nicht, wenn der Bundesrat bleibt, wie Edmund Stoiber orakelte, sondern gerade dann, wenn er weggeht, wird Bonn zu einer Stadt von Oberregierungsraeten, auch wenn der Bayer nichts gegen Oberregierungsraete hat. Also bleibt Bonnern und Rheinlaendern nichts anderes uebrig, als weiterhin wacker, aber erfolglos fuer den Verbleib des Bundesrates in Bonn zu kaempfen. Und jeder kann sich denken, wie die Abstimmung am 27. September im Bundesrat zu Bonn ausgehen wird.